Richard Freudenberg - Unternehmer und liberaler Politiker

Hintergrundinformationen

1.2 Geschichte

Richard Freudenberg wurde am 9. Februar 1892 in Weinheim geboren, besuchte seit 1901 das Weinheimer Realgymnasium und schloss dieses 1911 mit dem Abitur ab. Vom Wintersemester 1911/12 an studierte er zuerst in Bonn, ab WS 1912/13 an der Technischen Hochschule in Berlin Botanik. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges brach er sein Studium ab und trat in das elterliche Unternehmen ein, die Lederfabrik Carl Freudenberg in Weinheim.

Nach Ende des Krieges wandte er sich neben verstärkter Arbeit im Betrieb der Politik zu: 1919 begann er seine kommunalpolitische Arbeit in Weinheim, von Oktober 1919 bis Oktober 1925 war er für die Deutsche Demokratische Partei (DDP) Mitglied im Badischen Landtag in Karlsruhe. In Karlsruhe lernte er seine spätere Frau Sibille Sternberg kennen.

Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1923 beendete Richard Freudenberg mit dem Ende der II. Landtagsperiode 1925 die Tätigkeit im Badischen Landtag und übernahm mit seinen Brüdern Hans und Otto und seinem Vetter Walter als persönlich haftender Gesellschafter die Führung des Familienunternehmens. Bis zur Auflösung der Partei im Jahre 1933 war Richard Freudenberg Geschäftsführender Vorsitzender der DDP. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten Anfang der Dreißigerjahre dehnte die Firma Freudenberg -und besonders auf Grund der Eigeninitiative Richard Freudenbergs - ihre Produktionspalette von der Lederproduktion auf die Produktion von Kunstdärmen, Kunstleder, synthetischem Kautschuk und die Herstellung von Faservliesstoffen aus, um die Arbeiter nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen zu müssen.

Richard Freudenberg beim Begutachten von Leder
Richard Freudenberg beim Begutachten von Leder
© Firmenarchiv Freudenberg

In der Zeit des Nationalsozialismus musste der demokratisch eingestellte Richard Freudenberg für sich und die Firma vielfache Benachteiligung und Verleumdung wegen "demokratischer Rechthaberei" in Kauf nehmen, er musste jedoch während der Naziherrschaft nie den Gemeinderat verlassen, weil er in Weinheim eine anerkannte Persönlichkeit war, die man nicht aus dem öffentlichen Leben entfernen wollte.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges setzte sich Freudenberg für eine kampflose Übergabe der Stadt Weinheim an die Amerikaner ein, indem er einen letzten militärischen Widerstand des Militärkommandos in und um Weinheim durch Absprachen mit dem Kommandanten verhinderte. Am 03. April 1945 bestimmte die amerikanische Militärregierung Richard Freudenberg zum kommissarischen Bürgermeister von Weinheim und am 10.Mai 1945 übernahm er die Leitung des Mannheimer Landratsamts. Zweimal wurde er 1945 von der amerikanischen Militärpolizei aufgrund von Denunziationen verhaftet, einmal aufgrund der Denunziation eines Weinheimer Bürgers, das andere Mal wegen des Vorwurfes der Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat der Deutschen Bank während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Am 31. Oktober 1945 wurde er durch die amerikanische Militärregierung von den Aufgaben eines persönlich haftenden Gesellschafters der Firma Freudenberg entbunden. Beide Male wurde er aus der Internierung wieder entlassen, das erste Mal wegen unhaltbarer Vorwürfe, das zweite Mal, nachdem ihn die Weinheimer Spruchkammer vorerst in die Gruppe III der Minderbelasteten des Nationalsozialismus eingereiht hatte, Mitte Februar 1947 als "Entlasteter" von den Vergehen des Nationalsozialismus.

Richard Freudenberg bei der Produktion von Simmerringen
Richard Freudenberg bei der Produktion von Simmerringen
© Firmenarchiv Freudenberg

Nach Ende des Entnazifizierungsverfahrens und der erneuten Übernahme der Führungsaufgaben im elterlichen Unternehmen gründete Richard Freudenberg in Weinheim die Parteilose Wählervereinigung (PWV), später Freie Wählergemeinschaft (FWG), für die er 1947 in den Weinheimer Stadtrat einzog. Nach 1945 war Freudenberg jahrelang als Präsident der Industrie- und Handelskammer Mannheim im Vorstand des Industrie- und Handelstages (DIHT) tätig. Zur Bundestagswahl am 14. August 1949 ließ sich Freudenberg als Parteiloser für den Wahlkreis Mannheim-Land aufstellen und wurde von der FDP/DVP unterstützt.

Richard Freudenberg im Wahlkampf 1949
Richard Freudenberg im Wahlkampf 1949
© Firmenarchiv Freudenberg

Freudenberg wurde mit 43,69 % der Stimmen als Direktkandidat gewählt. Während seiner Tätigkeit im Bundestag trat Richard Freudenberg bedingungslos für den Südweststaat ein. Seiner Initiative war es zu verdanken, dass bei der Gründung des Südweststaates nach vier Bezirken abgestimmt wurde, also nach den Ländern Baden, Württemberg-Hohenzollern und den Bezirken Nordbaden und Nordwürttemberg. So wurde die "Majorisierung" Nordbadens durch Südbaden verhindert. Bei der Wahl zum zweiten Bundestag am 6. September 1953 scheiterte Freudenberg mit 20,8 % der Stimmen am Kandidaten der CDU, der auf einen Stimmenanteil von 38,13 % kam. Im November 1953 wurde Freudenberg in den Kreistag des Landkreises Mannheim-Land gewählt, seit 1962 war er Ehrenmitglied im Landesverband der FWG. 1971 schied Richard Freudenberg aus Altersgründen aus dem Stadtrat und 1973 aus dem Kreistag aus. Er starb am 21. November 1975 in Reutte/Tirol und wurde in Weinheim beigesetzt.

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -

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