Der Hartmannsweilerkopf im Ersten Weltkrieg - ein Exkursionsvorschlag für die Unterrichtspraxis im Fach Geschichte, Klasse 9/10

Hintergrundinformationen

1. Bedeutung

Aura und Vorstellung:

Walter Benjamin hat die Empfindung der „Aura“ als eine einmalige geistig-emotionale Regung beschrieben, die nur an solchen Objekten auftritt, von denen die Autorität geschichtlicher „Zeugenschaft“ ausgeht. Einmalig ist das auratische Erleben, da es das Erscheinen des „unnahbar Fernen“ im Medium des „Nahen“ meint, d.h.: es wird etwas wahrnehmbar, das derzeit nicht konkret-anschaulich im Sinne von real ist, das aber einmal konkret-anschaulich im Sinne von real war und dessen einstige Realität durch das konkrete Objekt, das aus dieser Realität in die Gegenwart hineinragt, verbürgt und dem Bewusstsein gewissermaßen vermittelt wird.
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht, ist solches Empfinden bereits eine didaktische Qualität, indem es erstens das Wirklichkeitsbewusstsein (PANDEL) anspricht und zweitens Vorstellungsbildung in Gang setzt, was zu den grundlegenden Operationen historischen Denkens überhaupt zählt und im GU verstärkt gefördert werden sollte (OSSWALT).

Exemplarität: Der Einblick in das Schlachtgeschehen am Hartmannsweilerkopf bezieht sich eng auf das Typische der Kampfhandlungen an der Westfront, die ja heute zum Symbol für den Ersten Weltkrieg insgesamt geworden ist, so dass an diesem Beispiel ein gleichsam „globaler“ Zugriff auf das Kriegserlebnis im modernen Krieg erfolgen kann.

Lernfeld Krieg: Heute soll die Beschäftigung mit dem Kriegserlebnis so etwas wie Abscheu und Abneigung gegenüber Krieg hervor bringen, Schlachtfelder werden als Mahnung für Frieden und Völkerverständigung wahrgenommen. Der Exkursionsvorschlag übersteigt daher die unmittelbare Grenzen des Ersten Weltkrieges und greift in Etappen bis in die 90er Jahre aus, wodurch die Geschichte der deutsch-französischen Freundschaft begründet werden kann.

Personifizierung: Die konsequente Nutzung authentischer schriftlicher Quellen bringt der Schülerin und dem Schüler die Vergangenheit als etwas tatsächlich Erlebtes nahe. Dadurch wird die für empathisches aber auch rationales Verstehen notwendige Identifikation mit dem „Anderen“ ermöglicht.


2. Geschichte

08.-11.1914
Kämpfe südlich des Vogesengebietes; Schlacht um Mühlhausen.

21.12.1914
Erstes Feuergefecht; deutsche und französische Patrouillen treffen aufeinander.

Französischer Beobachter (Sappenkopf) auf dem Gipfel

B 2 Französischer Beobachter (Sappenkopf) auf dem Gipfel © Wider

25.12.1914
Franzosen besetzen Silberloch und Kuppe (28 Mann Feldwache).

28.12.1914
Errichtung einer deutschen Feldwache am Aussichtsfelsen (40 Mann).

30.12.1914
Erstes Todesopfer; deutsche Patrouille beschossen.

04.01.1915
Beginn des Angriffes auf die „unsichtbare“ Gipfelfestung der Franzosen; hohe Verluste auf deutscher Seite.

19.01.1915
Deutscher Sperrriegel; Gipfelfestung eingeschlossen; französische Entsatzversuche vom Silberloch her scheitern. Gipfelfestung hält Frontalangriffen stand; hohe deutsche Verluste.

Dora-Sappe in der deutschen Linie

B 3 Kaum 10 Meter von den französischen Linien: Dora-Sappe in der deutschen Linie © Wider

21.01.1915
Einsatz eines Minenwerfers; 20 Schuss fallen vom Aussichtsfelsen her in die Festung; Der Rest der Besatzung (130 Mann) wird zur Übergabe aufgefordert und kapituliert. Verluste auf beiden Seiten etwa 1000 Mann.

Februar 1915
Der Berg gewinnt an Bedeutung; beide Seiten bauen ihre Lage aus.

23.03.1915
Deutsche Stellungen am Süd- und Osthang werden durch französische Artillerie und in Nahkämpfen zunehmend aufgerieben. Franzosen arbeiten sich in Nahkämpfen bis 150m an den Gipfel heran.

26.03.1915
Die Franzosen erobern den Gipfel und stoßen über den Aussichtsfelsen vor. Die Front bildet ein Hufeisen. Begradigungsversuche am unteren Rehfelsen scheitern allerdings.

19.04.1915
Deutscher Gegenangriff scheitert.

25.04.1915
Nach ausreichender Artillerievorbereitung stürmen die Deutschen in einer Zangenbewegung von Nord und Süd her den Berg; die französische Besatzung (760 Mann) wird eingeschlossen und kapituliert; die deutsche Linie liegt nun auf der Kuppe. Wegen ungünstiger Exposition legen sich die Deutschen hinter den Gipfel, der fortan Niemandsland bleibt.

21.12.1915
Durch 300 Geschütze aller Kaliber eingeleitet erfolgt die Eroberung des Berges durch die Franzosen; Die Festen Rohrburg und Großherzog werden genommen; Die Linie liegt nun wieder im Hufeisen vor dem Oberen Rehfelsen. Deutsche Verluste: 800 Mann.

Granattrichter in der Nähe der Eierstellung

B 4 Granattrichter in der Nähe der Eierstellung © Wider

22.12.1915
Nach heftiger Artillerievorbereitung drängen die Deutschen wieder herauf und besetzen die alten Stellungen. Die Kuppe wird nicht mehr besetzt; eine Hinterhangstellung wird errichtet. Französische Verluste: 600 Mann.

Bis 31.12.1915
Heftige Kämpfe um den Unteren Rehfelsen, der in deutscher Hand bleibt.

08.01.1916
Rückeroberung des Hirzsteines durch die Deutschen. Damit sind die Frontlinien dieselben wie vor dem 21.12.

1916/1917
Befestigung des HK auf beiden Seiten.

November 1917
Letzte größere deutsche Angriffshandlung. Deutsche Truppen stoßen über den
Gipfel bis zum Posten Moyret vor und nehmen 27 Gefangene.

04.11.1918
Der letzte Gefallene auf dem HK.

Einer von ca. 30.000 Toten des Schlachtfeldes auf dem HK

B 5 Einer von ca. 30.000 Toten des Schlachtfeldes auf dem HK © Wider

11.11.1918
Waffenstillstand; die Deutschen ziehen ab.

15.11.1918
Die Nachhut der Deutschen verlässt den Berg.

Grab Oskar Meyer

B 6 Grab Oskar Meyer, Kriegsgräberstätte in Ville-devant-Chaumont bei Verdun © Wider

 

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