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King Cotton – ein globalgeschichtlich veränderter Blick auf die Industrialisierung?

Heute gehören Baumwollwaren zu den Waren, die praktisch überall erhältlich sind. Zugleich waren sie in Europa bis zum 19. Jahrhundert unbedeutend – man verwendete Flachs, Leinen und andere Stoffe. In England gab Baumwolle die Initialzündung für eine umfassende industrielle Revolution, die parallel zu dem Prozess stattfand, den Globalhistoriker „great divergence“ nennen – die Auseinanderentwicklung der Erdteile, wobei sich der sog. Westen sehr viel schneller entwickelte als der Rest der Welt.

Baumwolle als Ware

Dieses Modul untersucht, wie einige Europäer die Macht von Kapital und Staat vereinten, um gewaltsam einen globalen Produktionskomplex zu schaffen, wenn man so will: die Geschichte des Kapitalismus in Aktion. Dieser Kapitalismus schuf unsere globalisierte Welt und lässt sich selbst auch nur global verstehen. Die Entwicklung ging einher mit der gewaltsamen Enteignung von Land und Arbeitern in Afrika, Asien und den Amerikas, basierte anfangs auf Sklaverei und gründete sich häufig auf den Einsatz von Gewalt und körperlichem Zwang. Dieser „Kriegskapitalismus“ (Sven Beckert) brachte den Industriekapitalismus erst hervor. Die Ware (engl. commodity) Baumwolle war von Anfang an der Schauplatz eines permanenten Konfliktes zwischen Sklaven und Plantagenbesitzern, Kaufleuten und Politikern, Bauern und Händlern, Arbeitern und Fabrikbesitzern.

Übersetzung: Oh! Wenn ihr beiden euch lieber streitet als was verkauft, geh ich zum Laden gegenüber.

Aus: Punch 16.11. 1861

Die Fabrik selbst ist eine Erfindung der Baumwollindustrie und verknüpfte die Sklavenplantagen in den Amerikas mit der Weiterverarbeitung in Europa. Baumwolle war zugleich Quelle für riesige Gewinne, war praktisch in jedem Erdteil die Wiege der Industrialisierung und kann so als Schlüssel zum Verständnis der modernen Welt dienen. In globalgeschichtlicher Hinsicht kann mithilfe der Baumwolle zeigen, dass die Geschichte des Kapitalismus kann nicht aus der Perspektive nur eines Ortes verstanden werden. Bisweilen drängt sich der Eindruck auf, dass „King Cotton“ sich zielsicher die Schauplätze sucht, bei denen der maximale Gewinn bei minimalem Aufwand erwirtschaften lässt – Kapitalismus in seiner Reinform.

Sklaven bei der Baumwollernte (farbige Lithographie, Fort Sumter Museum, Charleston)


Unterrichtsdesign:

1. Assoziationen zu Baumwolle: Industrialisierung – England – Baumwolle

  • Impuls: Bilder zur Baumwolle
  • Leitfrage: In welchem Zusammenhang stehen Baumwolle, Industrialisierung und Globalisierung?

 

2. Erarbeitung: Baumwolle und Kapitalismus in 4 Stationen

3. Austausch: King Cotton und Great Divergence

  • Erstellt auf der Basis der bisherigen Arbeit ein Wirkungsgefüge: In welchem Zusammenhang stehen Baumwolle, Industrialisierung und Globalisierung?
  • Mögliche Umsetzung

4. Austausch/Integration: Baumwolle als dynamische Ware

  • Wodurch kommt es zu einem ständigen Wechsel zwischen den Anbaugebieten?
  • Was bewirkt der Anbau von Baumwolle für die jeweilige Region?
  • Woran liegt es, dass die Regionen wechseln?
  • Wie entwickelt sich die Region nach dem Weggang der Baumwolle?

 5. Reflexion: King Cotton als Kapitalismuskritik?

  • Ist die "Great Divergence" das Ergebnis einer Entwicklung, bei der Europa die anderen übervorteilt hat?

 6. Aktualisierung: Wovon wird unsere Arbeitswelt beeinflusst?

  • Gibt es eine der Baumwolle vergleichbare Ware, die den Takt vorgibt?
  • Welche Entwicklungen bestimmen heute den Wohlstand? (Globalisierung, Digitalisierung)
  • Wie weit sollte man sich diesen Entwicklungen unterordnen, ausliefern?

Das Modul ist sehr stark der Arbeit von Sven Beckert und seinem Buch "King Cotton" verpflichtet:

Sven Beckert: King Cotton. Eine Geschichte des globalen Kapitalismus, München: C.H.Beck  22014.

 

 


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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