Auseinandersetzung mit Wörtern

Kinder unterscheiden zunächst nicht zwischen Wörtern und dem, was sie bezeichnen. Erst nach und nach entwickeln sie in der Auseinandersetzung mit Wörtern „lexikalische Bewusstheit“.

Sollen Kinder sagen, welches Wort länger ist (zum Beispiel „Zug“ oder „Schraubenzieher“), so nennen jüngere Kinder zumeist das Wort, das einen längeren Gegenstand bezeichnet, in diesem Beispiel also „Schraubenzieher“ (Merkel 2010). Jüngere Kinder vielleicht auch der Ansicht, dass „Zeitung“ ein langes Wort sei, „weil da viele Buchstaben drin sind“, und das Wort „Supermarkt“ länger sei als „Puppe“, „weil da so viele Sachen drin sind“ (Berthoud-Papandropoulou 1980, zit. in Peltzer-Karpf et al. 2011, S. 32).

Auch können Kinder zunächst nicht die Zahl der Wörter in einem Satz bestimmen. Häufig zählen sie nur Inhaltswörter, also Wörter, die über eine eigene Bedeutung verfügen. Sie bezeichnen „Bett“ als Wort, „weil man drin schlafen kann“, „das“ gilt jedoch nicht als Wort, „weil man es nicht sehen kann“ (ebd.).

Eine intensive Auseinandersetzung mit Wörtern findet während des Lesen- und Schreibenlernens in der Grundschule statt. Doch auch im Kita-Alter haben Kinder Freude daran, sich mit Wörtern auseinanderzusetzen. So können beispielsweise Möbel und andere Gegenstände mit Wortkarten versehen werden. Derartige Wortkarten machen Kindern deutlich, dass es zwischen der Bedeutung eines Wortes und der Wortlänge keinen Zusammenhang gibt. Auch lässt es sie erfahren, dass die Länge des Geschriebenen (also der Buchstabenkette) in vielen Fällen mit der Länge des Gesagten (also der Lautkette) korrespondiert (Dehn 2012).

In „Wortsammelstellen“ können mit Kindern Wörter gesammelt werden, die den Kindern besonders wichtig sind oder die sie aus irgendeinem Grund besonders faszinieren (Näger 2013a). Hierfür eignen sich auch Spaziergänge in der Umgebung, bei denen Wörter auf Tafeln und Schildern entdeckt, vorgelesen und fotografiert werden (Kita Frankfurt 2011). Die gesammelten Wörter können immer wieder einmal vorgelesen und zum Beispiel als Anlass für Gespräche über den Wortstatus, die Wortlänge oder den Klang eines Wortes genutzt werden. Auch ein kreativer Umgang mit Sprache wie zum Beispiel das Umbenennen von Gegenständen, das Erfinden neuer Wörter oder ganzer Geheimsprachen fördert die lexikalische Bewusstheit – ebenso wie „Teekesselchen“-Spiele, die in mehrsprachigen Gruppen auch mit gleich klingenden Wörtern aus unterschiedlichen Sprachen durchgeführt werden können.

Mehrsprachig aufwachsende Kinder sind bereits früh mit der Tatsache konfrontiert, dass der gleiche Gegenstand mit verschiedenen Wörtern bezeichnet werden kann und ähnlich klingende Wörter ganz Unterschiedliches bedeuten können. Sie entwickeln daher tendenziell früher eine lexikalische Bewusstheit. Diesen Vorteil können sie aber nur dann nutzen, wenn sie entsprechende Unterstützung erfahren. (Krafft 2013). Vorschläge hierfür finden Sie hier.