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Aufgeklärter Absolutismus

Zum kontrovers verwendeten Begriff des "aufgeklärten Absolutismus"

Friedrich II. begründete seine Herrschaft nach Vernunftprinzipien der Aufklärung. Er regiere nicht durch "Gottes Gnade", sondern durch den "Zufall der Geburt". In der Tradition seiner Vorgänger gewährte er religiöse Toleranz, statt wie Frankreich seit Ludwig XIV. auf ein Staatskirchentum zu setzen. Die Religion betrachtete er durch die Vernunftbrille des Aufklärers und verkündete, jeder könne in Preußen nach seiner (eigenen) Façon selig werden. Statt sich selbst nach französischem Motto als Person gewordenen Staat zu betrachten (L´Etat, c`est moi), sah er sich als "Ersten Diener seines Staates" an. Er schuf die Grundlagen des Rechtsstaates, indem er die Gleichbehandlung seiner Untertanen vor dem Gesetz förderte und Ständegerichte mit unterschiedlichem Recht eindämmte. Die Ständeordnung als solche hob er aber nicht auf. Die Schulbildung förderte er. Schon sein Vater, der Soldatenkönig, hatte die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Es ging darum, Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben zu vermitteln, Religion, Gehorsam und Moral zu lehren. Unter den Lehrern waren nicht selten Kriegsversehrte, die auf diese Weise eine Arbeit erhielten.

Neuere Forschung

Dieser Begriff des "aufgeklärten Absolutismus" hat in den letzten Jahren immer wieder zu Kontroversen in der Forschung geführt. Friedrich II. wurde vorgeworfen, dass die Herrschaftspraxis weit von dem abwich, was von ihm selbst als Herrschaftsverständnis in eigenen Schriften formuliert worden war (z.B. in seinem 1740 veröffentlichten Antimacchiavell oder in seinen 1777 veröffentlichen Reflexionen Regierungsformen und Herrscherpflichten). Viele seiner Reformmaßnahmen, die auf aufklärerischen Ideen fußten, waren vor allem im Sinne der eigenen Machtsicherung. Weiterhin wird ihm vorgeworfen, dass viele seiner Ideen von seinen Vorgängern initiiert wurden, er also keine neue Politik eingeschlagen habe, sondern nur fortgesetzt habe, was andere begonnen hatten. Peuplierungspolitik haben einige nordwesteuropäische Staaten betrieben - in einem regelrechten Wettstreit um die Ansiedlung calvinistischer und jüdischer Flüchtlinge aus dem katholischen Süden Europas. Vor allem aber hat Friedrich die Privilegien des Adels kaum angetastet.

Anhänger des roi philosophe führen zu seinen Gunsten aber vor allem die Reformen im Justizwesen an: der Strafvollzug wurde unter Friedrich II. humaner gestaltet, die Folter schließlich von ihm abgeschafft. Tatsächlich hat er versucht, aufklärerische Ideen in die Tat umzusetzen, und hat vor allem im Kontakt mit vielen Denkern der Aufklärung an der allgemeinen philosophischen Diskussion teilgenommen und sich nach aufklärerischen Maßstäben selbst hinterfragt.

Ob sich jedoch beide Haltungen, die des Absolutisten und die des Aufklärers, in Friedrich abwechselten, ergänzten oder gar grundsätzlich sogar ausschlössen, darüber gibt es eine anhaltende und nicht entschiedene Kontroverse in der Forschung. Friedrich kann vorgeworfen werden, die Ideen der Aufklärung nur für seine Zwecke benutzt zu haben und damit ein großartiges Täuschungsmanöver zur eigenen Herrschaftssicherung durchgeführt zu haben; damit habe er das System des Absolutismus eher stabilisiert, als es aufzulösen. Nicht zuletzt deshalb wurden auch neue Bezeichnungen für die Epoche ins Spiel gebracht wie "Reformabsolutismus" oder "Rationalisierung der Herrschaft".


Aufgaben

1. Erkläre, inwiefern der Begriff "aufgeklärter Absolutismus" kontrovers diskutiert wird.

2. Nimm selbst Stellung zu dem Begriff.

3. Erörtere die Frage, ob sich Aufklärung und Absolutismus gegenseitig ausschließen.


Zur Vertiefung dieser Forschungsdebatte vgl. Dagmar Freist: Absolutismus. Darmstadt 2008.


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