Friedrich Hölderlin in Lauffen
Methodenvorschlag
Lernorterkundung
Wohnhaus der Familie Hölderlin, vermutetes Geburtshaus
© Ulrich Maier
Die Lauffener Hölderlin-Stätten liegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt um das Parkgelände des Klosterhofs. Das Wohnhaus der Familie Hölderlin in der Nordheimer Straße 5 wurde vom Großvater des Dichters 1743 erworben und 1750 umgebaut. Es befindet sich heute in Privatbesitz. Eine Tafel weist auf Hölderlin hin. Ob Hölderlin in diesem Haus oder im Amtshaus des Klosterhofs geboren wurde, konnte bis heute nicht festgestellt werden. Das Amtshaus des Klosterhofes existiert nicht mehr.
Tafel am Wohnhaus der Familie Hölderlin
© Ulrich Maier
In dem noch stehenden Gebäude des Klosterhofes ist das Museum der Stadt Lauffen untergebracht. Eine Abteilung, im Jahre 2008 vollständig umgestaltet, befasst sich mit Hölderlin. Bereits vor dem Museum weist eine große Hölderlinsilhouette darauf hin.
Durch den Park des Klosterhofs gelangt man nach wenigen Schritten zum Hölderlin-Denkmal aus dem Jahr 1873. Es zeigt eine Büste des Dichters und eine Steintafel mit vier Versen, die sich auf die Heimatregion Hölderlins beziehen:
"Seliges Land, kein Hügel in dir wächst ohne den Weinstock,
Nieder ins schwellende Gras regnet im Herbste das Obst.
Fröhlich baden im Strome den Fuß die glühenden Berge,
Kränze von Zweigen und Moos kühlen ihr sonniges Haupt."
Aus: Der Wanderer, erste Fassung
"Hölderlin im Kreisverkehr", ein Kunstwerk von Peter Lenk
© Ulrich Maier
Wenige Schritte weiter tritt man aus dem Park und sieht vor sich die Skulptur "Hölderlin im Kreisverkehr", die sich inmitten eines Verkehrsknotenpunktes befindet. Sie wurde 2003 von Peter Lenk geschaffen und gestaltet Hölderlins Biographie ( AB 4 )
Eine Erkundung des Lernorts "Hölderlin in Lauffen" sollte alle vier Stationen umfassen. Die Schülerinnen und Schüler sollten über Hölderlins Leben bereits informiert sein ( D 1 ) Dies kann auch vor Ort oder auf der Fahrt im Bus geschehen. Die dominierende Skulptur lädt zur Erkundung ein. Hier können die Schülerinnen und Schüler Bezüge zur Biographie erkennen und schrittweise die Konzeption und Aussage des Werks nachvollziehen.
Auf dem Weg zum Museum ließe sich dann dieses moderne Kunstwerk mit dem Denkmal aus dem Jahre 1873 vergleichen (Wirkung, Lage, Aussage). Eine erste Erkundung des Areals kann auch eigenständig mit einem Arbeitsblatt erfolgen ( AB 3 ).
Die Hölderlin-Ausstellung eignet sich besonders für entdeckendes Lernen: "Zeitschubladen" können geöffnet, Bücher eingesehen, das Hörbuch in der Mitte des Raumes erkundet, ein Bildschirmführer mit Touchscreen individuell betrachtet werden. Die Arbeitsblätter "Museumserkundung" ( AB 1 ) und "Bildschirmführer" ( AB 2 ) können die Erkenntnisse strukturieren und für eine Nachbesprechung festhalten.
Literarischer Radweg "Per Pedal zur Poesie"
Sehr empfehlenswert als Radexkursion ist der Literarische Radweg "Per Pedal zur Poesie", der von Lauffen (Hölderlin) über Brackenheim (Theodor Heuss), Cleebronn (Juliane von Krüdener), Bönnigheim (Sophie La Roche) wieder zurück nach Lauffen führt. Er ist ca. 35 km lang.
"Beginnend und endend im Geburtsort eines der sprach- und wirkungsmächtigsten deutschen Dichter, Friedrich Hölderlin, werden auch viele unbekannte und unerwartete Spuren der Literaturgeschichte lesbar, so jene, die schreibende Frauen wie Sophie La Roche hier hinterließen."
(Faltblatt :Per Pedal zur Poesie, Literaturland Baden-Württemberg)
Behandlung des Themas in der Schule
Unterschrift Hölderlins
© LMZ-BW
Vorbereitung der Exkursion zu den Hölderlin-Stätten in Lauffen:
Informiert euch im Internet über:
- den Dichter Friedrich Hölderlin
- Hölderlin in Lauffen
- den Künstler Peter Lenk. Vergleicht dazu das Lauffener Hölderlin-Denkmal mit dem Überlinger "Bodenseereiter" und der "magischen Säule" im Meersburger Hafen.
(In allen drei Denkmälern steht ein Dichter aus der Region im Mittelpunkt, jeweils mit leicht parodistischen Bezügen zu Leben und Werk)
Ein besonderes "Hörbuch": Zu den aufgeschlagenen Gedichtseiten ertönt eine Lesung des Gedichts.
© Ulrich Maier
Nachbereitung in der Schule:
Hälfte des Lebens
An Hölderlins Gedicht "Hälfte des Lebens" kann exemplarisch seine dichterische Auffassung und sein Lebensschicksal erarbeitet werden. Das Gedicht entstand wohl 1798, die endgültige Fassung etwas später (1799-1803), also quasi in der "Hälfte seines Lebens". Ein Vergleich mit Hölderlins Biografie ( D 1 ) vermittelt weitere Bezüge. 1798 endet seine Hauslehrertätigkeit bei Gontard in Frankfurt mit einem Eklat: Er wird wegen seiner Liebesbeziehung zur Ehefrau des Bankiers hinausgeworfen. Diese unglückliche Liebe verändert sein Leben radikal. Als er 1802 vom Tod Susette Gontards erfährt, treten erste psychische Krankheitssymptome auf, 1806 muss er stationär behandelt werden, seit 1807 lebt er bis zu seinem Tode 1843 in Pflege. Dieses Jahr 1806/1807 bildet exakt die Mitte seines Lebens.
In der frühen Hölderlin-Rezeption ( AB 5b ) wurde das Gedicht bereits als Zeichen seiner Krankheit bewertet, wohingegen spätere Rezensenten vorsichtiger waren. Gemeinhin gilt das Gedicht als eines der gelungensten des Dichters. Es ist in fast allen Gedichtsammlungen und vielen Lesebüchern zu finden.
Eine Behandlung des Gedichts im Unterricht könnte mit einer Rekonstruktion beginnen ( AB 5a ). Die vertauschten Verse sollen in ihre richtige Reihenfolge gebracht, anschließend mit dem Originaltext verglichen werden. Dadurch findet bereits eine intensive Auseinandersetzung mit der Fügung des Gedichtes statt. Eine eingehende werkimmanente Interpretation schließt diese Phase ab.
Anschließend könnten die Schülerinnen und Schüler aus der Kurzbiographie ( D 1 ) und der Rezeption ( AB 5b ) erarbeiten, in welcher Phase seines Lebens das Gedicht entstanden ist, wie das Gedicht bewertet wurde und dabei die oben ausgeführten Bezüge selbst entdecken. Besonders aufschlussreich wäre im anschließenden Unterrichtsgespräch ein Vergleich der Briefstelle von Hölderlin mit dem Text von Luise Kaschnitz einerseits und den Texten von Wilhelm Dilthey und Wilhelm Lange andererseits. Während Kaschnitz die Tiefgründigkeit der lyrischen Bilder betont, sprechen Dilthey und Lange von unverständlichen Gedanken eines Kranken.
Ein Vergleich mit den Gedichten, die Hölderlin während seiner Pflegezeit geschrieben hat ( T 1 ), könnte diesen Aspekt "Genie und Wahnsinn" abrunden.
Von "Hälfte des Lebens" gibt es zahlreiche Übersetzungen in viele Sprachen. Schüler könnten an diesem Beispiel die Risiken und Chancen von Gedicht- bzw. Literaturübersetzungen kennen lernen. Übersetzungen sind eigentlich immer Interpretationen und verändern das ursprüngliche Werk ( AB 5c ).
Anschließend können weitere Gedichte von Hölderlin besprochen werden ( AB 6 "Der Neckar", AB 7 "An die Parzen"). Eine Möglichkeit wäre, Hölderlins Naturbilder und Assoziationen zur antiken Mythologie in den Vordergrund zu rücken.
Zur Vertiefung könnte man auch Ausschnitte aus Peter Härtlings Hölderlin-Roman lesen. Aus dem Romananfang ( AB 8 ) wird deutlich, wie der Biograph versucht, sich dem Dichter zu nähern.
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -