Die "Lechleiter-Gruppe" und der Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur in Mannheim

Methodenvorschlag

Lernorterkundung

Der Besuch eines der beiden Mahnmale könnte zum einen – allerdings allein in der SEK I – am Anfang der Auseinandersetzung mit dem Widerstand in Mannheim stehen und einen Impuls für die weitere Beschäftigung mit dem Thema geben. An die genaue Beschreibung der Mahnmale und/oder deren Abzeichnen könnten sich die Fragen nach den handelnden Personen, deren Lebensläufe, deren Aktionen und deren Hinrichtungen anschließen (Aber ein ähnliches Vorgehen wäre ebenso gut mit den Abbildungen der Mahnmale denkbar).
Ergebnisreicher wäre ein noch andere Aspekte des „Dritten Reichs“ einschließender Stadtrundgang bzw. einschließende Stadtrallye, die zu weiteren markanten und mit der nationalsozialistischen Vergangenheit verbundenen Orten führten: etwa an den Hauptbahnhof (hier verweist das Gursschild auf die Deportation der badischen Juden), die Lauer‘schen Gärten (Gedenktafel für die unmittelbar vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen standrechtlich hingerichteten Mannheimer Bürger), der Glaskubus in den Planken (mit den Namen der bisher bekannten Mannheimer Holocaustopfer) etc. (siehe AB 1 )

Gurs-Wegweiser Mannheim Hauptbahnhof

B 10 Gurs-Wegweiser Mannheim Hauptbahnhof © wikicommons

Der Besuch des Stadtarchivs ist eher für die SEK II zu empfehlen; ihm sollte eine einführende Doppelstunde vorausgehen, in der die Schülerinnen und Schüler das gesamte Spektrum der (Mannheimer) Widerstandsgruppen und unterschiedliche Formen des Widerstands kennenlernen. Der Archivbesuch könnte sich so sinnvoller Weise auf eine Widerstandsgruppe (am lohnendsten die Lechleiter-Gruppe) beschränken und das von den Schülern zu bearbeitende Material zuvor mit dem/r betreuenden Archivar/in ausgewählt werden.


Behandlung des Themas in der Schule

Vorschlag 1: Sekundarstufe I (Eine Doppelstunde)

Einstieg: Präsentation des Mannheimer Lechtleiter-Denkmals
Schülerinnen und Schüler beschreiben das Gesehene so genau wie möglich; zunächst ohne Kenntnis der Inschrift; Sammeln der Vorschläge an der Tafel.
Die Inschrift wird mitgeteilt (Folie o.ä.).
Zusammenfassende Präzisierung der Bildanalyse

Arbeitsphase 1: Schülerinnen und Schüler machen sich mit den Kurzbiographien vertraut (Einzelarbeit); jeder von ihnen stellt einen der Widerstandskämpfer mit eigenen Worten kurz vor.
Auswertung 1: Die Namen der Personen werden an der Tafel festgehalten.

Arbeitsphase 2: Schülerinnen und Schüler analysieren das Gerichtsurteil ( AB 6 , eventuell gekürzt) in Partnerarbeit;
Auswertung 2: Die auf dem Arbeitsblatt festgehaltenen Antworten werden erörtert und (zur Korrektur der Ergebnisse) auf der Tafel/einer Folie festgehalten.

Diskussion: Bewertung des Gerichtsurteils und Aktualisierung: Ist so ein Urteil heute noch denkbar? In der Bundesrepublik? In anderen Ländern (vgl. Sowjetunion, Ukraine usw. )?


Puffer oder Hausaufgabe: Vergleich der Mannheimer und des Heidelberger Denkmals ( AB 2 )

Zum Abschluss der gesamten Einheit „Nationalsozialismus“: Stadtrallye ( AB 1 )


Vorschlag 2: Sekundarstufe II (2-stündiger Kurs, 2 Doppelstunden)

1.Doppelstunde
Einstieg: Folie/Foto der „Bekanntmachung“ vom 15. September 1942
Analyse von Bild (Farbe) und Text; Erörterung der Gründe für die öffentliche Bekanntmachung in dieser Form.

Arbeitsphase 1: Schülerinnen und Schüler analysieren die Kurzbiographien der Widerstandskämpfer und arbeiten Gemeinsamkeiten (Alter, Beruf, Parteizugehörigkeit, gemeinsame Erfahrungen etc.) heraus.
Auswertung 1: Die Gemeinsamkeiten werden an der Tafel festgehalten (eventuell „charakteristischer“ Lebenslauf eines Angehörigen der Lechleiter-Gruppe).

Arbeitsphase 2: Analyse des politischen Programms und der Ziele der Gruppe; Bearbeiten der Dokumente 1 und 3 anhand von AB 4 in Partnerarbeit
Auswertung 2: Vorstellen und Diskussion der Antworten; zur Korrektur stichwortartiges Festhalten der Einzelergebnisse an der Tafel/auf einer Folie
Diskussion: Kann man die Aktivitäten der Kommunisten überhaupt als „Widerstand“ bezeichnen, da sie zwar die Vernichtung des Dritten Reichs anstrebten, aber weder eine parlamentarische Demokratie noch eine freie Marktwirtschaft – oder zugespitzt formuliert die braune Diktatur durch die rote ersetzen wollten?

Hausaufgabe: Analysieren Sie vor dem Hintergrund dieser Diskussion die beiden Mahnmale in Mannheim und Heidelberg (Überlegen Sie dabei, wie „politisch“ diese Mahnmale sind?)

2. Doppelstunde
Einstieg: Diskussion des „politischen“ Charakters der beiden Mahnmale; welche Rückschlüsse lässt das jeweilige Einweihungsdatum zu etc.

Lehrervortrag: Rezeption des deutschen Widerstands nach 1945; langjährige Diffamierung der Widerstandskämpfer als Verbrecher und Vaterlandsverräter; langjährige Verweigerung von Rentenzahlungen für die Hinterbliebenen usw.; Überleitung zu Arbeitsphase 1

Arbeitsphase 1: Analyse des Spektrums des Mannheimer Widerstands anhand des darstellenden Textes in Gruppenarbeit (Einteilung nach Parteien oder weltanschaulichne Gruppen); hierzu könnte ein Raster vorgegeben werden mit Angaben zu den Aktivitäten und Mitteln, den Motiven und Zielen sowie den zeitlichen Phasen des Widerstands.
Auswertung 1: Diskussion der Antworten und Festhalten der Ergebnisse an der Tafel/auf einer Folie

Arbeitsphase 2: Schülerinnen und Schüler analysieren das Gerichtsurteil ( AB 6 ) in Partnerarbeit.
Auswertung 2: Die auf dem Arbeitsblatt festgehaltenen Antworten werden erörtert und (zur Korrektur der Ergebnisse) auf der Tafel/einer Folie festgehalten.

Diskussion: Bewertung des Gerichtsurteils und Aktualisierung: Ist so ein Urteil heute noch denkbar? In der Bundesrepublik? In anderen Ländern (vgl. Sowjetunion, Ukraine usw. )?

Hausaufgabe: Informieren Sie sich, wie die bundesdeutschen Behörden/Verantwortlichen mit den damaligen Richtern umgingen, welchen Sanktionen, Karrierebrüchen o.ä. sie ausgesetzt waren.

Vorschlag 3: Sekundarstufe II (Neigungsfach)

1. Doppelstunde
Einstieg: Folie/Foto der „Bekanntmachung“ vom 15. September 1942
Analyse von Bild (Farbe) und Text; Erörterung der Gründe für die öffentliche Bekanntmachung in dieser Form.

Arbeitsphase 1: Schülerinnen und Schüler analysieren in Gruppenarbeit das Spektrum des Mannheimer Widerstands anhand des darstellenden Textes sowie der Chronologie und der Kurzbiographien der Lechleiter-Gruppe nach einem vorgebenen Raster (siehe Vorschlag 2)
Auswertung 1: Diskussion der Antworten und Festhalten der Ergebnisse an der Tafel/auf einer Folie

Lehrervortrag: Ergänzende Bemerkungen zu anderern Widerstandsgruppen (Goerdeler-Kreis, Kreisauer Kreis – die im Text nur am Rande erwähnt werden) oder weiteren Widerstandsgruppen und Einzeltätern (z.B. Georg Elser), die den Schülerinnen und Schülern bekannt sind.

Arbeitsphase 2: Analyse des politischen Programms und der Ziele der Gruppe; Bearbeiten der Dokumente 1 und 3 anhand von Arbeitsblatt 4 in Partnerarbeit auf AB 4
Auswertung 2: Vorstellen und Diskussion der Antworten; zur Korrektur stichwortartiges Festhalten der Einzelergebnisse an der Tafel/auf einer Folie
Diskussion: Kann man die Aktivitäten der Kommunisten überhaupt als „Widerstand“ bezeichnen, da sie zwar die Vernichtung des Dritten Reichs anstrebten, aber weder eine parlamentarische Demokratie noch eine freie Marktwirtschaft – oder zugespitzt formuliert die braune Diktatur durch die rote ersetzen wollten?

Hausaufgabe: Informieren Sie sich über Leben und Wirken des aus Frankenthal stammenden Johann Philipp Becker

Einstieg: Titelblätter der beiden „Vorboten" von 1866 ( B 32) und 1942 ( B 2)

Diskussion der Gründe dafür, dass Lechleiter und seine Genossen den Titel des Becker’schen Jounals übernahmen.

Arbeitsphase 1: Präzisierung des kommunistischen Selbstverständnisses der Gruppe anhand von AB 5 .
Auswertung: Diskussion der Anworten und Festhalten der wichtigsten Ergebnisse (Lehrer ergänzt fehlende Informationen etwa zur Faschismustheorie der 1920er Jahre).

Arbeitsphase 2: Schülerinnen und Schüler analysieren das Gerichtsurteil ( AB 6 ) in Partnerarbeit.
Auswertung 2: Die auf dem Arbeitsblatt festgehaltenen Antworten werden erörtert und (zur Korrektur der Ergebnisse) auf der Tafel/einer Folie festgehalten.

Diskussion: Bewertung des Gerichtsurteils und Aktualisierung: Ist so ein Urteil heute noch denkbar? In der Bundesrepublik? In anderen Ländern (vgl. Sowjetunion, Ukraine usw. )?


Alternativ zu Arbeitsphase 2 in der ersten Doppelstunde könnte – ausgehend von dem Widerstands-Artikel im Brockhaus Lexikon von 2005 – der bislang undifferenziert gebrauchte Begriff des Widerstands präzisiert werden und die Aktivitäten der einzelnen Gruppen genauer voneinander abgegrenzt werden.


Reduktionsmodell

Ausgehend von Vorschlag 2 (Sekundarstufe 2 – 2-stündiges Fach) könnte man dem Einstieg (Folie/Foto „Bekanntmachung) gleich Arbeitsphase 2 (Analyse des politischen Programms und der Ziele der Gruppe) anschließen und danach Arbeitsphase 2 der zweiten Doppelstunde (Analyse des Gerichtsurteils) anschließen. Die abschließende Diskussion könnte dann beide Komplexe (Problematik des kommunistischen Widerstands und des Gerichtsurteils) thematisieren.


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -