Unterricht

Unterrichtsorganisation   |   Wie wird der Unterricht geplant?   |    Wer unterrichtet eine VKL mit schulunerfahrenen Lernenden?“   |   Unterstützung der Lehrpersonen   |   Unterstützung außerhalb des Kollegiums   |    Fragen für das Schulkonzept / Sprachförderkonzept / die Schulentwicklung   |    Unterrichtsinhalte  an der Schule   |    Welche Sozialformen sind geeignet?   |     Differenzierung   |     Lehrwerke und Lehrmaterial   |    Gelingensfaktoren   |   Zurück zur Übersicht

 

UNTERRICHTSORGANISATION

Die Organisation des Unterrichts erfolgt nach den administrativen Vorgaben und passt sich an die Gegebenheiten und Ressourcen vor Ort an. Für die Förderung schulunerfahrener und nicht-alphabetisierter Schülerinnen und Schüler bieten sich nach Massumi et al. 2015 verschiedene Organisationsmodelle an:

  • paralleles Modell: Unterricht in einer speziell eingerichteten Vorbereitungsklasse ohne Teilintegration in die Regelklasse.
  • Teilintegratives Modell: Besuch einer Vorbereitungsklasse und sukzessive Integration in den Regelunterricht; Vorbereitungsklasse und Regelunterricht werden in einer Integrationsphase gleichzeitig besucht.


Welches Modell vor Ort zum Tragen kommt, entscheidet das Team der Schule unter Berücksichtigung der Voraussetzungen der Zielgruppe, personeller und zeitlicher Ressourcen sowie unter Einbezug aktueller didaktischer Überlegungen und Zielsetzungen.


Weiterführende Literatur

  • Decker-Ernst, Yvonne (2017): Deutsch als Zweitsprache in Vorbereitungsklassen. Eine Bestandsaufnahme in Baden-Württemberg. Schneider Hohengehren. Baltmannsweiler. > Speziell für Baden-Württemberg
  • Massumi, Mona et al. (2015): Neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im deutschen Schulsystem. Bestandsaufnahme und Empfehlungen. Hrsg. Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache und Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität zu Köln. Köln. > bietet einen bundesweiten Überblick

 

WIE WIRD DER UNTERRICHT GEPLANT?

Im Sinne eines interkulturell und sprachförderlich gestalteten Unterrichts gilt es, die Schülerinnen und Schüler

  • in ihrer individuellen Mehrsprachigkeit und
  • kulturellen Vielfalt zu fördern


Interkulturelles Lernen / Interkulturelle Öffnung
Interkulturelles Lernen kann nur funktionieren, wenn diese Thematik auf verschiedenen Ebenen wie der Schulentwicklung, dem Unterricht und der gesamten Schulgemeinschaft bedacht wird (vgl. Fachportal Integration – Bildung – Migration: Interkulturelle Öffnung)

Schulentwicklung: Die Thematik wird vom Team der Schule aufgegriffen und in allen Bereichen mitgedacht; Kooperation mit den Eltern/Erziehungsberechtigten/ Vormündern und außerschulischen Partnern.

Unterricht: Die Mehrsprachigkeit und somit auch die kulturelle Vielfalt der Schülerinnen und Schüler werden als Ressource wahrgenommen und wertgeschätzt, sie werden auf kognitiver und sozialer Ebene als fester Bestandteil des Unterrichts konstruktiv genutzt.

Schulgemeinschaft: Bietet Anregungen für Themen, Projekte, Feste und die Schulhausgestaltung. Es werden alle am Schulleben beteiligten Personen involviert.

 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

Kommunaler Bildungsplan Biberach a. d. Riß & Projekte

„Der Städtetag von Baden-Württemberg hat bereits in einem am 30. April 2010 verabschiedeten Positionspapier zur kulturellen Bildung die stetige und professionelle Verzahnung im Dreieck Kultur, Bildung und Jugend/ Soziales als Basis für die Teilhabe Pfeil der Bürger/innen an der Stadtgesellschaft erkannt und deren Ausbau im Sinne eines gesamtstädtischen Netzwerks empfohlen. (Kommunaler-Bildungsplan, 17.04.2019)
Der kommunale Bildungsplan soll Bildungsgerechtigkeit aller Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft ermöglichen. Dabei werden Kooperationspartner der Stadt (Bibliothek, Museum, Jugend Aktiv, Musikschule, ...) für sekundäre Bildungsangebote eingebunden.

Im Fall der VKL Biberach wird mit den Schülerinnen und Schülern jede Woche für das Cajón-Projekt geübt, das durch eine Lehrkraft der Musikschule unterstützt wird. Transkulturelle Musikpädagogik zum Deutschlernen mit Rhythmen, zur Bildung der Gruppe, als Übung zur Eingliederung in die Gemeinschaft: Beim gemeinsamen Musizieren kommt es nicht auf die Vorerfahrungen an, sondern jeder Schüler und jede Schülerin kann sich mit seinen Fähigkeiten einbringen und muss lernen sich in die Gruppe einzufügen. Das heißt auch, dass jeder auf sich und sein Spielen hören muss sowie auch auf die anderen. Auch die Steigerung des Durchhaltevermögens und das Ertragen / der Ausbau der Frustrationstoleranz sind bei diesem Projekt wichtige Lernziele. Verschiedene Musikstücke werden eingeübt und bei Vernissagen oder auf dem Marktplatz aufgeführt.

Ein weiteres Projekt heißt ,Hand in Hand‘. Ein ausgebildeter Wing-Tsun-Trainer übt mit den Schülerinnen und Schülern diese spezielle Art der Selbstverteidigung.

Ziel ist es erst einmal, das Druckempfinden in Armen und Beinen zu trainieren, um die Kraft des gegnerischen Angriffs anzunehmen und die gewonnene Energie umzulenken. Mit der Kraft des Gegners können die Schülerinnen und Schüler sich dann wehren und verteidigen. Beim Training ist entscheidend, dass der eigene Körper intensiv wahrgenommen wird, Konzentration ist erforderlich. Übungen zum Thema Selbstsicherheit, Nähe und Distanz sind wichtige Bestandteile der Unterrichtsstunden. Auch die Themen ,Grenzen erkennen und einhalten‘ sowie Deeskalation stehen immer wieder im Fokus.
Die Schülerinnen und Schüler erfahren in diesen Stunden einen erkennbaren Lernzuwachs, da diese Themenfelder für alle erst einmal neu sind. Durchhaltevermögen ist für fast alle Beteiligten immer wieder schwierig. Aber die Gruppe, die startet, wächst zusammen. Ein Ziel (gemein- samer Auftritt) wird angestrebt. Jeder hat die Möglichkeit sein Können, auch einmal unabhängig vom Deutschlernen und mathematischen Fähigkeiten, zu zeigen.“


Angelika Scherb, Lehrerin einer VKL und Quo-Vadis?-Multiplikatorin

 


Sprachliches Lernen
Ziel des sprachlichen Lernens ist die Kompetenzerweiterung der Schülerinnen und Schüler. Im Fokus stehen dabei die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Lernenden, an die der Unterricht anknüpfen muss. Zu beachten ist dabei das Spannungsverhältnis zwischen der Anwendbarkeit in kommunikationsrelevanten Situationen und dem systematischen Aufbau von Grammatik. Der Erwerb des Deutschen als Zweitsprache setzt sich aus gesteuerten und ungesteuerten Elementen zusammen. Die Schülerinnen und Schüler werden in alltäglichen Kommunikationssituationen häufig mit sprachlichen Formen konfrontiert (ungesteuerter Erwerb), die noch nicht im Unterricht (gesteuerter Erwerb) thematisiert wurden. In der Kommunikationssituation liegt der Fokus primär auf dem Inhalt der Äußerung, im Unterricht (meist) auf der Form der Äußerung (vgl. Klein 1992). Dies gilt es zu berücksichtigen und im Unterricht durch verschiedene didaktische Ansätze sowie vielfältige Übungen aufzugreifen. (Grundlegendes hierzu ist nachzulesen unter: Sprachsystem und Spracherwerb in: Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit, Kapitel 2) Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler auf die sprachlichen Anforderungen der Regelklasse vorzubereiten. Vorherrschendes Medium ist dort die Bildungssprache.
Insbesondere für Lernende, die keine schulischen Vorerfahrungen haben und vor dem Besuch der VKL nicht-alphabetisiert waren, stellt die Bildungssprache eine große Hürde dar. Umso wichtiger ist es, die Kinder und Jugendlichen von Anfang an bereits an die bildungssprachlichen Anforderungen heranzuführen.

Info Vom Alltagssprachlichen zum Ausbau bildungssprachlicher Kompetenzen

Nach oben


Folgende Prinzipien sollten dabei leitend sein:

  • Jeder Unterricht ist Deutsch als Zweitsprache-Unterricht
  • Alltägliche Kommunikationssituationen sind Ausgangspunkt des Unterrichts
  • Einbezug der Mehrsprachigkeit
  • Lernersprachen als Zwischenschritte sehen und anerkennen
  • Korrektives Feedback
  • Fragekultur und Hilfesysteme zur Unterstützung 
  • Lehrperson als Sprachvorbild
  • Einüben von Redemitteln und Sprachmustern
  • Einsicht in den Bau der Sprache bzw. Sprachen (Sprachbetrachtung und Sprachreflexion)
  • Von der Beherrschung der Umgangssprache zur konzeptionellen Schriftlichkeit

Geeignete didaktische Ansätze und Methoden hierfür werden im Weiteren detailliert ausgeführt.


Weiterführende Literatur zum Thema Bildungssprache sind zu finden unter:


Weiterführende Literatur zu den didaktischen Prinzipien sind zu finden unter:

  • Jeuk, Stefan (2017): Deutsch als Zweitsprache in der Schule. Grundlagen-Diagnose-Förderung. Kohlhammer. Stuttgart
  • Knapp, Werner (2008): Didaktische Konzepte Deutsch als Zweitsprache. In: Ahrenholz, Bernt / Oomen-Welke, Ingelore (Hrsg.): Deutsch als Zweitsprache. Schneider Hohengehren. Baltmannsweiler. S. 133-148.
  • Rösch, Heidi (2005): Deutsch als Zweitsprache. Sprachförderung in der Sekundarstufe I. Grundlagen – Übungsideen – Kopiervorlagen. Schroedel. Braunschweig. S. 29-36.

Nach oben


Alphabetisierung
Eine besondere Herausforderung für den Unterricht stellt eine fehlende Alphabetisierung der Lernenden dar. Hier muss zunächst geklärt werden, ob es sich um einen ZweitschrifterwerbZweitschrifterwerbUnter Zweitschrifterwerb versteht man den Prozess des Erlernens des deutschen Schriftsystems unter der Voraussetzung, dass bereits die Alphabetisierung in einer anderen Sprache stattgefunden hat, aber eine andere Schrift erlernt wurde. Eine Aneignung des deutschen Schriftsystems erfolgt aufgrund der Vertrautheit mit der Schriftlichkeit an sich und Vertrautheit im Umgang mit Lerntechniken in der Regel recht schnell. Bei einer fehlenden Alphabetisierung bestehen meist keinerlei schulische Vorerfahrungen, was den Erwerbsprozess erheblich erschwert (vgl. Weber 2018, S. 1). -> Glossar) oder eine tatsächlich fehlende Alphabetisierung der Schülerinnen und Schüler handelt. 

Daher sollte geklärt werden, inwiefern die Schülerin/ der Schüler in ihrer/seiner Erstsprache alphabetisiert wurde. Es empfiehlt sich, die Lernenden Schreibproben verfassen zu lassen und – sofern möglich – Muttersprachler der jeweiligen Herkunftssprache das schriftsprachliche Niveau einschätzen zu lassen. Schrifterfahrungen in der Erstsprache können – je nach Schrift in der Erstsprache - ganz vielfältig aussehen und folglich die Lernenden vor unterschiedliche Herausforde-rungen stellen. Unabhängig vom Grad der Alphabetisierung in der Erstsprache müssen die Kinder und Jugendlichen grundlegende Laut-Buchstaben-Beziehungen des Deutschen erwerben (vgl. Jeuk und Schäfer, Phonem-Graphem-Korrespondenz). Die wichtigsten Grundlagen des Schriftspracherwerbs in der deutschen Sprache finden sich in Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit, Kap. 3.5. Hinweise zur Alphabetisierung im Mehrsprachigkeitskontext.

Zu beachten ist, dass es Schülerinnen und Schüler gibt, die lediglich einige Wörter wie etwa ihren Namen und den Wohnort in einer (anderen) Schrift schreiben können, aber tatsächlich nicht (in dieser) alphabetisiert sind. Es kann also sein, dass die Lernausgangslage falsch eingeschätzt und der Unterricht „an den Lernenden vorbei“ geplant wird. Eine kontinuierliche Beobachtung in den verschiedenen Kompetenzbereichen ((Zu-)Hören, Sprechen, Schreiben und Lesen) ist daher unerlässlich.


Weiterführende Literatur:

Nach oben


Didaktische Ansätze

Die unterschiedlichen didaktischen Ansätze sind wie die KompetenzbereicheKompetenzbereicheIn didaktischen Ansätzen der Fremdsprachendidaktik findet sich die Einteilung in die vier Grundfertigkeiten Hören und Sprechen, Lesen und Schreiben. Diese Einteilung kann für den Unterricht in Deutsch als Zweitsprache übernommen werden.  ((Zu-)Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben) nicht getrennt voneinander zu verfolgen, sondern sollten parallel zum Einsatz kommen, da sie sich gegenseitig ergänzen.
Grundlage für den Umgang mit der in einer VKL vorhandenen Heterogenität der Sprachen und Kulturen bildet die Didaktik der Mehrsprachigkeit / Didaktik der Sprachenvielfalt. Dies sind Ansätze, die das Konzept Language Awareness für den Unterricht in Deutschland aufgreifen und Unterrichtsvorschläge bereithalten (vgl. Oomen-Welke 2010; Schader 2012, Orientierungsrahmen Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit – Grundlagen und Anregungen zur Spracharbeit, Kapitel 3.3).

 
Zu beachten ist, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Erstsprachen häufig lediglich auf einem geringen alltagssprachlichen Niveau und oft nur im mündlichen Bereich beherrschen. So kann es sein, dass Lernende ihre Herkunftssprache(n) mündlich gut beherrschen, dass aber die Kompetenzen im schriftlichen Bereich nicht oder nur rudimentär ausgebildet sind. Somit könnte das Verschriftlichen oder das Nachschlagen in der Erstsprache in einem Wörterbuch bereits eine große Hürde bedeuten und Misserfolgserlebnisse an der Stelle mit sich bringen, die eigentlich eine Unterstützung darstellen soll. Es gilt daher zu überprüfen, inwieweit der Einbezug der Erstsprache eine Unterstützung darstellt und welche Formen des Einbezugs genutzt werden können.


Ideen zur Umsetzung im Unterricht ohne aufwändige Vorbereitung:

  • Verben in verschiedenen Sprachen konjugieren
  • Zählen und Rechnen in der Erstsprache
  • Lieder in verschiedenen Sprachen singen
  • Internationale Wörter sammeln (Taxi, Gitarre, ...)
  • Nachsprechen der Wörter aus einer anderen Sprache auch durch die Lehrperson: Schülerinnen und Schüler als Sprachexperten


Konkretere Ausführungen siehe: Viele Sprachen – eine Schule. Zielsprache Deutsch in allen Fächern der Sekundarstufe, Kapitel 5.5.2-5.5.5

Nach oben


Weiterführende Literatur:


Generatives Schreiben / Spielen mit Sprache: Die Lernenden produzieren auf der Basis von Sprachspielen, (Kinder-)Reimen, Liedern und Gedichten eigene Texte. Das Übernehmen von Teilen des Textes (z. B. die Satzstrukturen) und das Füllen dieser mit eigenen Inhalten ermöglicht bereits Schülerinnen und Schülern mit geringen Kenntnissen in der deutschen Sprache sprachlich richtige Texte zu erzeugen.

Durch das Vortragen bzw. Betrachten des Originaltextes und des eigenen Textes findet ein Vergleich und somit eine Auseinandersetzung mit Worten, Wortbedeutungen und grammatischen Strukturen statt (impliziter Erwerb grammatischer Strukturen). Es erfolgt eine Verknüpfung von Textproduktion mit Grammatik- und Rechtschreibunterricht, die verschiedenen Bereiche werden nicht isoliert betrachtet.

Wichtig ist, dass das Generative Schreiben neben Freiem Schreiben stattfindet. „Schreiben und der Prozess der Textherstellung müssen zur systematischen Vermittlung von grammatischen und orthographischen Normen und zur Reflexion über sprachliche Richtigkeit genutzt werden“ (Belke 2007, S. 12).

Sprachliche Sachverhalte dürfen nicht isoliert behandelt werden, sondern müssen in einen situativen Kontext eingebettet sein (handlungs- und inhaltsorientiert). Zunächst steht die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text im Vordergrund, im zweiten Schritt werden grammatische Phänomene in den Blick genommen.

Die Methoden müssen mit den Kindern und Jugendlichen eingeübt werden, bevor sie später in der individuellen Förderung eingesetzt werden können. Bereits für Schülerinnen und Schüler, die am Anfang der Alphabetisierung stehen, bietet sich das Generative Schreiben an. Zu Beginn können Texte mündlich eingeführt und wiederholt werden, später können die Kinder und Jugendlichen evtl. auch in Partnerarbeit eigene Texte verfassen, z. B. wenn ein Schüler / eine Schülerin noch nicht in der deutschen Sprache schreiben kann: alle haben Ideen, einer/eine schreibt diese auf oder die Lehrperson verschriftlicht das Gesagte; ebenso können Kenntnisse in der Erstsprache aufgegriffen werden (einzelne Wörter – Sprachvergleich). Diese Form des Schreibens kann in allen Altersstufen zum Einsatz kommen. Eine zentrale Rolle spielt die Auswahl der Texte und Materialien.

Weiterführende Literatur mit Ideen zur Umsetzung im Unterricht:

  • Belke, Gerlind (2011): „Generatives Schreiben“ als Grundlage interkultureller Bildung.
  • Belke, Gerlind (2007): Poesie und Grammatik. Kreativer Umgang mit Texten im Deutschunterricht mehrsprachiger Lerngruppen. Textkommentar. Schneider Hohengehren. Baltmannsweiler.
  • Belke, Gerlind (2007): Mit Sprache(n) spielen. Kinderreime, Gedichte und Geschichten für Kinder zum Mitmachen und Selbermachen. Textsammlung. Schneider Hohengehren. Baltmannsweiler.
  • Rösch, Heidi (2005): Deutsch als Zweitsprache – Sprachförderung in der Sekundarstufe I. Grundlagen – Übungsideen – Kopiervorlagen. Schroedel. Braunschweig. S.176ff.


Nach oben

Prozedurorientierte Didaktik: Für sprachliche Handlungen wie z. B. das Beschreiben, Erklären, Begründen und Argumentieren, auch als „literale Handlungen“ bezeichnet, benötigen die Schülerinnen und Schüler bestimmte sprachliche Fähigkeiten („literale Handlungskompetenzen“). Diese werden meist als selbstverständlich vorausgesetzt und deshalb im Unterricht nicht explizit geübt. Häufig fehlt in den Arbeitsanweisungen der Hinweis auf die benötigte literale Handlung, so dass die Lernenden nicht konkret wissen, welche sprachlichen Handlungen bzw. Mittel von ihnen erwartet werden (Beispiel: „Was versteht man unter...?“ statt „Definiere den Begriff...“).

Die Fähigkeiten etwas zu beschreiben, zu erklären oder zu begründen sind nicht bei jeder Schülerin / jedem Schüler vorhanden, gerade wenn diese schulisch (auch in ihrer Erstsprache) nicht sozialisiert sind. Sie müssen im Unterricht (nicht nur im Fachunterricht oder Sprachunterricht, sondern in jedem Unterricht) gezielt angebahnt und aufgebaut werden. Ausgehend davon, dass z. B. das Begründen, Erklären und Argumentieren durch bestimmte Handlungsschemata bzw. -komponenten und sprachliche Mittel realisiert werden, werden bei der Planung von Unterricht diese bereits mitbedacht.

So besteht z. B. die literale Handlung Argumentieren aus den Handlungskomponenten „Argumente anführen“ und „Argumente gegeneinander abwägen“ (auch als literale Prozeduren bezeichnet). Diese werden durch bestimmte sprachliche Mittel wie „dafür spricht ...“, „dagegen spricht ...“ oder „einerseits – andererseits“ realisiert (sogenannte Routineausdrücke). Anhand der sprachlichen Sozialisation ist es möglich, durch diese Routineausdrücke zu erkennen, dass es sich um das Abwägen von Argumenten handelt. Werden solche Routineausdrücke den Lernenden von Beginn an an die Hand gegeben, dann können sie die passende literale Handlung meist von sich aus erkennen und anwenden. Allerdings reicht die Vorgabe alleine nicht immer aus, die Lernenden müssen langsam und schrittweise an den richtigen Gebrauch der Routineausrücke im jeweiligen Kontext herangeführt werden.

1. Schritt: mündliche Aufforderung der Lehrkraft, einen Begriff in der Gruppe zu diskutieren und die wichtigsten Diskussionsergebnisse in ganzen Sätzen schriftlich festzuhalten

2. Schritt: von den Lernenden verwendete literale Handlungen werden diskutiert; verwendete Routineausdrücke bzw. literale Prozeduren sollen benannt werden, diese werden markiert und nebeneinander notiert; Anlegen von Listen -> Nachdenken über eigenes Sprachhandeln wird angestoßen

3. Schritt: eine bestimmte literale Handlung wird in den Vordergrund gestellt, folgende Schritte werden eingehalten:

  • Text planen
  • Text verfassen
  • Text überarbeiten


Dieses Modell wird möglichst in vielen Themen bzw. Fächern wiederholt durchlaufen. Ziel ist, dass die Schülerinnen und Schüler die literalen Handlungskompetenzen aufbauen, die sie für den Wissensdiskurs und das Lernen benötigen (vgl. Schmölzer-Eibinger et al. 2013, S. 65ff).

Nach oben


Weiterführende Literatur und Materialien-Tipp zum Einsatz im Unterricht:


ScaffoldingScaffoldingEin Scaffold beschreibt eine Unterstützung von Lernenden. Ausgehend vom individuellen Ausgangspunkt ermöglichen Aufgaben mit passenden „Lerngerüsten“ ihnen das Erreichen eines Lernziels, das in ihrem Entwicklungsbereich liegt. Nach Erreichen der nächsten Entwicklungsstufe, werden die Gerüste wieder abgebaut. Die Analyse der Lernausgangslage, des Lernpotenzials und des zu erreichenden Lernziels sowie die Gestaltung der Lerngerüste gehört zum Makro-Scaffolding der Unterrichtsvorbereitung. Die konkrete Unterstützung im der Interaktion mit den Lernenden im Unterricht im Einzelnen gehört zum Mikro-Scaffolding. -> Glossar: Stammt ursprünglich aus der Erstspracherwerbsforschung und bezeichnet dort die sprachliche Unterstützung, die ein Erwachsener einem Kleinkind in einer Zweier-Interaktion zukommen lässt. Das Bild des Baugerüsts impliziert vorübergehende Hilfestellung. Ist das Kind in der Lage, eine sprachliche Handlung selbst auszuführen, wird das stützende Gerüst allmählich entfernt.

Bruner verknüpft das Konzept des Scaffolding mit Vygotzkijs Theorie von der „Zone der nächsten Entwicklung“: ein kompetenter Partner kann dem weniger kompetenten Partner durch Interaktion helfen, seine kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten auszubauen. Gibbons (2002) überträgt diese Überlegungen auf den Kontext von Zweitsprachenlernern im Regel- und Fachunterricht und beschreibt vier Bausteine (vgl. Kniffka 2017, S. 227ff):

Makro-Scaffolding:

  • Bedarfsanalyse: Die Lehrkraft führt eine Analyse über die konkreten sprachlichen Bedarfe/Anforderungen des geplanten Unterrichtsinhaltes durch.
    Im Blick sind dabei z. B. Fragen nach dem Auftreten von (neuen) (Fach-) Begriffen, dem Einsatz bestimmter grammatikalischer Phänomene, Verweisstrukturen in Texten, besondere Textformen.
  • Lernstandserfassung: Der Lernstand der einzelnen Lernenden / des einzelnen Lernenden wird erhoben und mit den zuvor festgestellten sprachlichen Anforderungen des Unterrichtsinhaltes abgeglichen. So kann die Lehrkraft feststellen, welche Hilfsmittel für die Lernenden bereitgestellt werden müssen.
  • Unterrichtsplanung: Der Unterricht wird konkret geplant, dabei erfolgt eine Verknüpfung fachlicher und sprachlicher Aspekte. Die Lernausgangslage und die Bedarfsanalyse bilden die Grundlage. Folgende Prinzipien werden dabei berücksichtigt:
    • Einbeziehung des Vorwissens
    • Auswahl geeigneter (Zusatz-) Materialien
    • Sequenzierung der Lernaufgabe
    • Festlegung von Lern- und Arbeitsformen
    • Auswahl verschiedener Darstellungsformen
    • Einsatz von vermittelnden Texten
    • Einsatz von sprachlichem Input
    • Planung metasprachlicher und metakognitiver Phasen


Mikro-Scaffolding:

  • Unterrichtsinteraktion: Die zentrale Rolle nimmt die Lehrer-Schüler-Interaktion ein. Sie beinhaltet verschiedene Aspekte:
    • Verlangsamung der Lehrer-Schüler-Interaktion
    • Mehr Planungszeit im Hinblick auf Äußerungen für die Lernenden
    • Variation der Interaktionsmuster
    • Aktives Zuhören
    • Re-Kodierung von Schüleräußerungen durch die Lehrkraft
    • Einbettung von Schüleräußerungen in größere konzeptuelle Zusammenhänge

(gesamte Ausführungen vgl. Beese/Benholz, et al. 2014, S. 41und 43)

Als Grundlage des Scaffoldings dient das Anlegen eines Planungsrasters. Mit dessen Hilfe können die sprachlichen Anforderungen eines Themas aufgezeigt werden, die sprachlichen Ziele und sprachlichen Mittel für die jeweilige Unterrichtseinheit festgelegt werden und Entscheidungen über Differenzierungsmöglichkeiten und Hilfestellungen getroffen werden.
Es dient dann als Grundlage zur Planung vor und während einer Unterrichtseinheit. Dabei sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

  • Welche sprachlichen Mittel sind für das Thema bedeutsam?
  • Welche dieser Mittel sollten eingeführt werden?
  • Vorwissen: Welche sprachlichen Mittel sind den Schülerinnen und Schüler bereits bekannt (aus vorangegangenem Unterricht)?
  • Auf welche Redemittel sollte explizit hingewiesen werden?
  • Wann und welche Formulierung, die von einem Kind eingebracht wird, sollte aufgegriffen und weitergeführt werden?
  • Material: Welche Wörter, welche Sprachstrukturen sollten visualisiert werden (Wortkarten/Satzmuster)? 
  • Differenzierung: Welche sprachlichen Elemente eignen sich für eine Differenzierung? Welche sprachlichen Mittel müssen die Schülerinnen und Schüler auf jeden Fall erwerben und welche stellen die sprachlich anspruchsvolleren Mittel dar?


Dies kann dazu genutzt werden ein Repertoire anzulegen, dass die unterschiedlichen/ individuellen Zonen der nächsten Entwicklung aufzeigt/berücksichtigt (vgl. Quehl/Trapp 2013, S. 35).


Weiterführende Literatur:

 

Nach oben


Wortschatz-Arbeit:
Der Erwerb des Wortschatzes läuft bei Schülerinnen und Schülern, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, grundsätzlich analog der Prozesse im Erstspracherwerb, allerdings nicht unbedingt in parallelen Prozessen (vgl. Komor/Reich 2009, S. 50). Schülerinnen und Schüler, die bereits in ihrer Erstsprache gute Kenntnisse über Wortbildungsregeln und morphologische Regeln erworben haben und über einen ausgebauten und vernetzten Wortschatz in dieser verfügen, sind häufig in der Lage, sich komplexe Wörter schneller eigenständig zu erschließen (vgl. Apeltauer 2008, S.245). Bei Schülerinnen und Schülern, die über diese Strukturen in ihren Erstsprachen nicht verfügen, können größere Schwierigkeiten bei der Ausbildung und Weiterbildung des zweitsprachlichen Wortschatzes aufweisen. Da der Wortschatz einen querliegenden Bereich zu den weiteren Kompetenzbereichen darstellt, stellen Schwierigkeiten im Wortschatz auch Schwierigkeiten in den anderen Lernbereichen dar.

Das Problem liegt im Folgenden: Je mehr Wörter von den Schülerinnen und Schülern im Unterricht z. B. beim Lesen von Texten oder in der Unterrichtskommunikation nicht verstanden werden, d. h. nicht eingeordnet werden können, umso schwieriger wird es für sie, dem Unterricht zu folgen. Darauf aufbauende Unterrichtsinhalte oder Erläuterungen zu dem jeweiligen Begriff werden möglicherweise ebenfalls nicht verstanden und die Verstehenslücken werden somit immer größer (vgl. Apeltauer 2008, S. 241ff).


Häufige Hürden sind:

  • Zusammensetzungen
  • Ableitungen
  • Mehrdeutigkeit
  • Bedeutungsungleiche Wörter
  • Redewendungen und Sprichwörter


Ziel der Wortschatzarbeit sollte sowohl die Wortschatzerweiterung als auch die Wortschatzvertiefung sein:

  • Wortschatzerweiterung meint eine Vermehrung von bekannten Wörtern im Gedächtnis.
  • Wortschatzvertiefung beschreibt die Verfeinerung des Bedeutungsprofils erworbener Wörter.


Unterschieden wird zwischen dem produktiven (Ausdruckswortschatz) und rezeptiven Wortschatz (VerstehenswortschatzVerstehenswortschatzHäufig ist die Rede von einem aktiven und passiven Wortschatz. Diese Begriffe sind verwirrend, da auch der rezeptive Wortschatz, den man beispielsweise beim Lesen zum Verstehen von Texten benötigt, gerade aktiv ist, wenn man etwas liest (vgl. Ulrich 2011, S. 34.)). Meist ist der rezeptive Wortschatz umfangreicher als der produktive Wortschatz, deshalb ist es wichtig, im Unterricht neben Eigenproduktionen von mündlichen Äußerungen und Texten, bei denen der produktive Wortschatz zum Einsatz kommt, auch das Verstehen der Schülerinnen und Schüler durch Hör- und Leseübungen, die inhaltlich an ihr Vorwissen anknüpfen, zu überprüfen, da hierfür der rezeptive Wortschatz eine Rolle spielt.

 


WER UNTERRICHTET EINE VKL MIT SCHULUNERFAHRENEN UND NICHT-ALPHABETSIERTEN SCHÜLERINNEN UND SCHÜLERN?

Wichtige Voraussetzung für eine Lehrkraft ist ihre Qualifikation. Diese sollte aufgrund der vielfältigen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, mehrere Bereiche umfassen (vgl. Schader 2012, S. 45ff):

  • Lehrerinnen- bzw. Lehrerpersönlichkeit, geprägt durch Offenheit, Toleranz, interkulturelles Interesse und Bewusstsein
  • Pädagogische Grundhaltung, geprägt z. B. durch Integrationsbereitschaft, Schülerinnen- bzw. Schülerorientierung, Förder- statt Defizitansatz
  • Methodisch-didaktische Kompetenzen: Themen so definieren und Unterricht methodisch so planen, dass die kulturellen und sprachlichen Ressourcen aller Kinder und Jugendlichen aktiviert und eingebracht werden können
  • Kompetenzen im Bereich der Vermittlung des Deutschen als Zweitsprache und auch als Fremdsprache
  • Bewusstsein und Kompetenz hinsichtlich einer sprachfördernden Anlage des Unterrichts
  • Kenntnisse zu Erst- und Zweitspracherwerb, zu Migration, Herkunfts- und Migrantenkulturen
  • Kenntnisse im Bereich der Diagnose

Info Umfassende Qualifikation entwickelt sich nicht allein nur aus Erfahrung, sondern bedarf des systematischen und angeleiteten  Erwerbs. Hierbei ist die Reflexion des eigenen Unterrichts und des Handelns eine wichtige Grundlage.


Weiterführende Literatur:

  • Thürmann, Eike / Vollmer, Helmut Johannes: Schulsprache und sprachsensibler Fachunterricht: Eine Checkliste mit Erläuterungen. In: Röhner, Charlotte / Hövelbrinks, Britta (Hrsg.) (2013): Fachbezogene Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache. Theoretische Konzepte und empirische Befunde zum Erwerb bildungssprachlicher Kompetenzen. Beltz Juventa. Weinheim, Basel. S. 212-233.
  • Schader, Basil (2012): Sprachenvielfalt als Chance. 101 praktische Vorschläge. Bildungsverlag 1. Troisdorf. Didaktische Landkarte. S. 50.
  • Ebd.: Checkliste: Fragen für die Planung und Auswertung von Unterrichtssequenzen. S. 88 ff.

 

Nach oben

 


UNTERSTÜTZUNG DER LEHRPERSONEN

Die Arbeit mit schulisch nichtsozialisierten und nicht-alphabetisierten Lernenden verlangt von den Lehrpersonen ein breites Spektrum an Tätigkeiten sowohl im Unterricht als auch darüber hinaus.
Dafür benötigen die betreuenden Lehrpersonen unbedingt Unterstützung sowohl bei der Planung und Durchführung von Unterricht und als auch bei der täglichen Arbeit mit den Lernenden. Diese Unterstützung findet auf verschiedenen Ebenen statt und kann erreicht werden durch:


Unterstützung innerhalb des Kollegiums
Konzeptionelle Verankerung: Ein in der Schule etabliertes, allen bekanntes Konzept gibt Sicherheit in Entscheidungen, schont Ressourcen und vermeidet Verzögerungen. Wichtig sind professionelle Verantwortliche, klare feststehende Wege/Prozesse und Strukturen.

Info Übergreifendes Sprachförderkonzept bzw. Sprachbildungskonzept, mit klar festgelegten Zuständigkeiten, (personellen und zeitlichen) Ressourcen für Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht sowie zur Qualifikation der Lehrpersonen


Verteilung der Aufgaben
: Ein überschaubares Team (festes Kernteam und erweitertes Kompetenzteam), welches die Aufgaben im sprachlichen, fachlichen und verwaltenden Bereich untereinander aufteilt und sowohl für die Kommunikation untereinander und mit den Lernenden als auch für die Kommunikation nach außen zuständig ist, vermeidet zum einen Überlastungen einzelner und erweitert zum anderen den Kreis der Ansprechpersonen für die Lernenden.

Info Ernennung eines/einer SprachförderbeauftragtenSprachförderbeauftragteSprachförderbeauftragte meint hier Lehrkräfte/Personen, die speziell für diese Thematik an der (gesamten) Schule zuständig sind und über die notwendige umfangreiche Expertise verfügen. Aufgrund der Komplexität der Thematik arbeiten sie in einem Team mit anderen Personen zusammen. und Einrichten eines Sprachförderteams


Kollegialer Austausch / Kollegiales Feedbackkollegiales FeedbackIm kollegialen Feedback besuchen sich Lehrkräfte untereinander und geben sich zu vorher festgelegten Beobachtungsitems objektiv beschreibende Rückmeldung.: Neu erworbenes Wissen aus isoliert stehenden Fortbildungen reicht nicht aus, um im Unterricht und Umgang mit den Lernenden kompetent zu handeln. Gerade wenn es darum geht, neue didaktische und methodische Konzepte umzusetzen, ist es wichtig, das erworbene Wissen anzuwenden, sich darüber auszutauschen und zu reflektieren. Besonders relevant ist dies auch bei Themen, die für einige Lehrpersonen neu sind. An dieser Stelle stellt das kollegiale Feedback eine geeignete Form des Austausches und der Rückmeldung dar. Hier werden bestimmte Beobachtungskriterien festgelegt, die Lehrpersonen besuchen sich gegenseitig im Unterricht und geben sich objektiv eine Rückmeldung.


Wissenstransfer: Zahlreiche Themen wie Mehrsprachigkeit, Zweitspracherwerb, interkulturelle Bildung, Umgang mit Heterogenität, Einschätzung sprachlicher Fehler, Leistungsbewertung etc. sind für den Umgang mit den Lernenden in einer VKL für alle Beteiligten von Bedeutung. Die Expertisen, Erfahrungen und gegebenenfalls Materialien einzelner Personen sollten für alle im Kollegium bereitgestellt und idealerweise durch verschiedene Austauschformate (persönlich oder auf Schulplattform) genutzt werden.


Unterstützung außerhalb des Kollegiums
Fortbildung und Beratung: Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die nicht-alphabetisiert, schulisch nicht sozialisiert sind und die das Deutsche als Zweit- oder Drittsprache erwerben, fordert ein hohes Maß an Qualifikation/Wissen in unterschiedlichen Bereichen. Wichtig ist, dass Lehrpersonen nicht nur wissen, wie es geht / gehen soll, sondern dass sie dieses Wissen in Handeln überführen. Untersuchungen zeigen, dass genau hier die Schwierigkeit liegt, da trotz des Wissens welche Handlungsalternative die passendste wäre, im Unterricht anders gehandelt wird. Sichtbar gemacht werden kann dies nur durch die Reflexion des eigenen Tuns. Ein Austausch mit anderen Personen über den Unterricht und das Handeln unterstützt diese Reflexion. Geeignet sind hier z. B. die Quo-vadis?-Multiplikatorinnen und -Multiplikatoren, die von der Schule oder einer Lehrkraft zur Beratung und Unterstützung angefragt werden können.

Nach oben

 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

Quo-Vadis?-Multiplikatorinnen und -Multiplikatoren

„Wir Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden seit vielen Jahren in einem feststehenden Kreis ausgebildet und fortgebildet. Die enge Verzahnung zur Wissenschaft verknüpft immer wieder neue Forschungsergebnisse mit unserer täglichen Arbeit vor Ort in den Klassen. Der regelmäßige Austausch und das Netzwerk unter den Fortbildnerinnen und Fortbildnern bieten ...
uns kurze Wege bei schwierigen Fragestellungen. Wir können von jeder Lehrkraft und jeder Schule zur Beratung und Unterstützung angefordert werden. Eine Bestandsaufnahme der Situation vor Ort, das Herausfiltern der Fragestellungen und Schwierigkeiten stehen am Anfang. Mit der vielfältigen Erfahrung der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren können Lösungsansätze passgenau für die Schule vor Ort erarbeitet werden.“

Angelika Scherb, Lehrerin einer VKL & Quo-vadis?- Multiplikatorin

 

Fortbildnerinnen und Fortbildner bieten zum Teil auch Arbeitskreise an, in denen zum einen ein thematischer Input gegeben wird und zum anderen ein Austausch und Rückmeldungen zu Erfahrungen und Fragen möglich sind.
 

Info Aufeinander aufbauende Fortbildungsmaßnahmen und Beratungen sowie Maßnahmen, die idealerweise Wissenserwerb und Reflexion verbinden, sind notwendige Voraussetzung für die (Weiter-)Entwicklung des Schulkonzepts und die Qualifikation der Lehrpersonen. 

Info Reflexion von Unterricht und Qualifikation der Lehrpersonen. 
Die Schulleitung trägt Sorge und Verantwortung dafür, die entsprechenden Lehrpersonen für Fortbildungen freizustellen.

 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

Gesprächskreis am Staatlichen Schulamt Offenburg

„Seit 2016 hat sich an unserem Staatlichen Schulamt ein regelmäßig stattfindender Gesprächskreis namens TIBS (Treffpunkt Interkulturelle Bildung und Sprachförderung) etabliert. Hier treffen sich VKL-Lehrer/innen, in der Sprachförderung tätige Lehrkräfte, Referendar/innen, Pädagogische Assistent/innen, Schulsozialarbeiterinnen und Ehrenamtliche an Schulen, um ...
Multiprofessionalität zu erfahren, ihre Fachlichkeit zu steigern und Sicherheit im Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund zu gewinnen. Den kollegialen Austausch zu relevanten Themen wissen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr zu schätzen. Bei jedem Treffen folgen nach einem kurzen theoretischen Input zu praxisrelevanten Themen fundierte Diskussionen zur Umsetzung in die Praxis, begleitet von Materialienaustausch und individueller Beratung.
Gleich zu Beginn dieses Schuljahres hat das Thema ,Anschlussförderung planen und umsetzen‘ Einzug in unseren Gesprächskreis gefunden. Die seit Jahren ersehnte Förderung, nun Realität geworden, will gut geplant und zielgerichtet ,angepackt‘ werden, sodass den ehemaligen VKL-Schülerinnen und VKL-Schülern der Weg in die Regelklasse geebnet wird, mit dem Ziel, allen eine gelingende Integration zu ermöglichen.“

Elfriede Kato, Koordinatorin für Migration und Integration am SSA Offenburg, Fachberaterin DaZ

 

Nach oben

Zusammenarbeit mit den Eltern: Es ist wichtig herauszufinden, inwieweit die Schülerinnen und Schüler eine Unterstützung im häuslichen Umfeld erfahren können. Hierzu kann bereits das Aufnahmegespräch erste Hinweise geben. Die Einsicht der Eltern/Erziehungsberechtigten/ Vormünder darüber, welche schulischen Anforderungen an die Kinder und Jugendlichen gestellt werden und welche Möglichkeiten der Unterstützung sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Bereich möglich sind, kann dazu führen, dass außerschulische Angebote genutzt werden und so soziale Kontakte entstehen (Weitere Ausführungen siehe Kooperation mit Eltern).

 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

Dolmetscherpool (iDol, Biberach an der Riß)

„Der Dolmetscherpool iDol (interkulturelle Dolmetscher) kann von allen Institutionen im Landkreis genutzt werden. Eine Registrierung ist erforderlich. Die Kosten für die Ehrenamtlichen (eine Aufwandsentschädigung) werden (in unserem Fall) von der Stadt getragen.
Alle Dolmetscher wurden geschult und unterliegen der Schweigepflicht.“

Angelika Scherb, Lehrerin einer VKL & Quo-vadis?-Multiplikatorin

 

Auch weitere Städte und Landkreise haben ähnliche Einrichtungen; hier einige Beispiele:

 

Fragen FRAGEN FÜR DAS FÖRDERKONZEPT /SPRACHFÖRDERKONZEPT / DIE SCHULENTWICKLUNG:

• Welche Formen der Leistungsbeurteilung kommen zum Einsatz?
• Welche Formen der Dokumentation von Leistungsentwicklung werden genutzt?
• Wie findet die Rückmeldung an die Lernenden und deren Eltern/Erziehungsberechtigte/Vormünder statt?
• Wann und wie erfolgt ein Austausch innerhalb des Kollegiums? (Festlegen bestimmter Zeiten und Formate, Planen von Fortbildungstagen, Festlegen bestimmter Themen ...)

Nach oben

 

UNTERRICHTSINHALTE

Der Unterricht – wie wird der Unterricht in einer VKL mit schulunerfahren und nicht-alphabetisierten Schülerinnen und Schülern (inhaltlich) gestaltet?
Zu Beginn benötigen die Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Bereichen Orientierung. Diese betrifft zunächst vor allem die räumliche, zeitliche und strukturelle sowie die personelle Ebene.
Folgende Inhalte bilden den Rahmen für die Arbeit mit schulunerfahrenen und nicht-alphabetisierten Schülerinnen und Schülern:

  • Ankommen und Zurechtfinden
  • Soziales Zusammenleben (emotionale Selbstregulation)
  • Teilhabe am Unterricht (Differenzierungsformen, Sozialformen, etc.)
  • Teilhabe an außerunterrichtlichen Veranstaltungen
  • Erlernen von Sprache und Schrift
  • Teilnahme und Integration in die Regelklasse
  • Übergang in berufliche Bildung


In den einzelnen Themenbereichen dominiert zunächst der mündliche Sprachgebrauch bezogen auf alltagssprachliche Routinen und Strukturen. Angestrebt werden ein Ausbau des Lernens in den Teilbereichen (Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben) des Sprachunterrichts sowie ein zunehmender Ausbau bildungssprachlicher Strukturen.


ANKOMMEN AN DER SCHULE

Die neu ankommenden Schülerinnen und Schüler müssen mehrere Ankommenssituationen bewältigen: Bereits vor dem Ankommen im Schulalltag stehen das

  • Ankommen in einem neuen Land
  • Ankommen in einem neuen Zuhause oder einer Flüchtlingsunterkunft


Diese Situationen des Ankommens spielen eine bedeutende Rolle in der (Bildungs-)Biographie der Kinder und Jugendlichen und dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Ausführungen zur Gestaltung dieser Situationen finden sich in: Gemeinsam den schulischen Anfang gestalten.


Zum Ankommen im Schulleben wird verwiesen auf:
Landesinstitut für Schulentwicklung (2016): Gemeinsam den schulischen Anfang gestalten. Kap. 5: Ankommen in der Vorbereitungsklasse oder Lerngruppe; und Kap. 5.2: Ankommen in der Regelklasse


Aufnahme / Aufnahmegespräch
Der erste Kontakt erfolgt häufig in einem Aufnahmegespräch. Dieses sollte neben dem Erfassen wichtiger Informationen für die Schule auch Information über die Schule und deren Angebote für die Schülerin / den Schüler und deren Erziehungsberechtigte bereithalten. Es kann durchaus sinnvoll sein zwei Termine dafür einzuplanen, damit eine Überfrachtung eines solchen Gesprächs vermieden wird. Das Aufnahmegespräch sollte folgende Bestandteile haben:

  • Informationen für die Schule (siehe auch Diagnostik):
    • Erfassung der Bildungsbiographie
    • Erfassung der Sprachkenntnisse, idealerweise (auch) in der Erstsprache, gegebenenfalls mit Dolmetscher
  • Austausch über:
    • gegebenenfalls schulische Vorerfahrungen
    • Interessen und Stärken (im außerschulischen Bereich)
    • Verhältnis zwischen Lernenden und Erziehungsberechtigten
  • Informationen über die Schule (für die Lernenden und deren Erziehungsberechtigte)
    • das deutsche bzw. baden-württembergische Schulsystem mit Rechten und Pflichten der
      Beteiligten
    • die aufnehmende Schule, die Zusatzangebote, Betreuungs- und Fördermaßnahmen und das Leitbild, das Schulkonzept
    • konkrete schulische Abläufe und Termine für die neuen Schülerinnen und Schüler (gemäß dem erarbeiteten Gesamtkonzept)
    • evtl. Zuweisung von Paten/Patinnen oder Mentoren/Mentorinnen
    • das Schulumfeld: Kooperationen mit außerschulischen Einrichtungen und außerschulische Angebote


Eine weitere Möglichkeit, das Aufnahmegespräch zu entzerren bzw. angenehmer oder in einer anderen Atmosphäre zu gestalten, stellen Besuche bei den Familien der Schülerinnen und Schüler zuhause dar.

Literaturtipp:
BiSS- Trägerkonsortium (Hrsg.) (2020): Leitfaden für den Erstkontakt. Sprachliche Bildung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche. Köln. Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache.


Ankommen in der Vorbereitungsklasse
Soziale Unsicherheit sollte weitgehend vermieden werden, um das Ankommen in der Klasse zu erleichtern. Wichtig ist ein fester sozialer Bezugspunkt mit zuverlässigen Bezugspersonen, in diesem Fall die neue Klasse, die Mitschülerinnen und Mitschüler sowie die Lehrperson. Ebenso wichtig sind regelmäßige und zuverlässige (Kontakt-)Zeiten. Diese Voraussetzungen geben den Lernenden die notwendige Zeit und den Raum, um Barrieren abzubauen und Vertrauen zu entwickeln, um die Möglichkeit zu nutzen, Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Hilfreich sind hier Schülermentoren/-mentorinnen, welche dieselbe Herkunftssprache haben, schon länger in der Klasse sind oder aus einer Regelklasse kommen.

Weitere Ausführungen dazu in: Gemeinsam den schulischen Anfang gestalten, Kap. 5.2 ff.
 

Nach oben

 

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

STAATLICHES SCHULAMT OFFENBURG

„Ein Großteil der zugewanderten Kinder und Jugendlichen werden über das Staatliche Schulamt den zur Verfügung stehenden Vorbereitungsklassen zugeteilt. Der angeführte Aufnahmebogen (Themenbereiche 1 bis 4) ist Basis für das Erstgespräch, bei dem außer dem/der zukünftigen VKL-Lernenden auch die Eltern bzw. Verwandte, ein/e Betreuer/in und bei Bedarf ein/e Dolmetscher/in anwesend sind. Wichtig für uns ist,...
dass das einzuschulende Kind dieses Treffen nicht als Test, sondern als wohlwollendes Gespräch empfindet. Das Alter, die schulische Vorerfahrung und die Ergebnisse des Gespräches, sowie der derzeitige Wohnort führen zu der Entscheidung, welche Schule mit VKL dem/der Zugewanderten empfohlen wird.
Es muss auch sorgfältig bedacht werden, an welcher Schulart der/die Schüler/in seine Kompetenzen am besten entfalten kann. Die Anzahl der Schüler/innen pro VKL ist ebenfalls ein in Erwägung zu ziehendes Kriterium. Wenn möglich, wird dem/der zukünftigen VKL-Schüler/in eine Klasse mit einer geringeren Schülerzahl empfohlen.
Die Frage „was nach der VKL kommt“ wird auch geklärt, das gibt der Familie Sicherheit für die Zukunft und zeigt, wie ernst die schulische Laufbahn der Kinder genommen wird. Unmittelbar nach dem Gespräch wird die Zielschule kontaktiert (Schulleitung und VKL-Team), die für das weitere Vorgehen zuständig ist.
Die VKL-Lehrer/innen stehen im ständigen Kontakt mit dem Staatlichen Schulamt, wenn es um die schulische Laufbahn der zugewanderten Schüler/innen nach der VKL geht. Nur so kann Integration wirklich gelingen.“

(Anmerkung zum Aufnahmebogen: Dieser ist vom Staatlichen Schulamt für die Aufnahme an Schulen entwickelt worden und beinhaltet deshalb auch die Bereiche „Verzahnung mit der Regelklasse und Übergang in die Regelklasse“.)

Elfriede Kato, Koordinatorin für Migration und Integration am SSA, Fachberaterin DaZ

 

 

WELCHE SOZIALFORMEN SIND GEEIGNET?


Vom selbstständigen Lernen zum kooperativen Lernen

Es muss davon ausgegangen werden, dass die meisten der Schülerinnen und Schüler wenige bis keine schulischen Vorerfahrungen haben und somit auch den Umgang mit verschiedenen Sozialformen nicht einüben konnten. Einige der Kinder und Jugendlichen sind schulisch vorsozialisiert, aber mit bestimmten Sozialformen nicht vertraut, da diese in den Herkunftsländer nicht oder nur ansatzweise eingeführt wurden oder ein komplett anderes Schulsystem mit anderen hierarchischen Strukturen kennen. Es ist notwendig, Sozialformen schrittweise einzuführen. Dabei ist darauf zu achten, dass eine behutsame Hinführung zu offenen und kooperativen Unterrichts- und Sozialformen erfolgt, die das selbstverantwortliche/selbstgesteuerte Lernen zum Ziel haben und eine Differenzierung ermöglichen.

 Info Selbstständiges Lernen vor kooperativem Lernen: Anbahnung des kooperativen Lernens



Grundlage für kooperative Lernformen bilden methodische Kompetenzen. Diese sind bei den meisten Schülerinnen und Schülern nicht bzw. nur ansatzweise vorhanden. Bevor also kooperative Lernformen zum Einsatz kommen, müssen die dafür notwendigen methodischen Kompetenzen von Anfang an Bestandteil des Unterrichts sein.

Ebenso kann es sein, dass einigen Schülerinnen und Schülern offene und kooperative Lernformen aufgrund des Unterrichtsstils im Herkunftsland (auch wenn eine Schule besucht wurde) fremd sind. Diese Lernenden reagieren auf offene Angebote mitunter durch Untätigkeit oder Auffälligkeiten, da sie nicht damit umzugehen wissen. Diese Kinder und Jugendlichen benötigen eine engere Begleitung bei der Einführung offener und kooperativer Lernformen.

Eine weitere Herausforderung stellen die sprachlichen Anforderungen dar. Wichtige Bestandteile kooperativer Lernformen sind die Kommunikation untereinander sowie das Präsentieren der Ergebnisse.

Info Für diese benötigen die Schülerinnen und Schüler gewisse sprachliche Strukturen und Fähigkeiten, diese gilt es von Anfang an anzubahnen und auszubauen.


Beginnen sollte man mit Formen, die Kooperation mit einzelnen Partnern verlangen, wie Partnerarbeit, und dann zu Formen übergehen, bei denen eine Kooperation mit mehreren Partnern notwendig ist, wie Gruppenarbeit. Erst wenn diese Formen den Schülerinnen und Schülern vertraut sind, kann eine Öffnung hin zu Formen wie Lernen durch Lehren und projektorientiertem Arbeiten stattfinden (vgl. Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit, Kapitel 3.2 ; Viele Sprachen – eine Schule, Kapitel 4)

 

Nach oben


DIFFERENZIERUNG

Aufgrund der beschriebenen Heterogenität und der verschiedenen Einflussfaktoren ist eine Differenzierung im Unterricht unabdingbar. Sie stellt allerdings auch aufgrund der fehlenden Vorerfahrungen der Schülerinnen und Schüler eine große Herausforderung dar, da Differenzierung in der Klasse bedeutet, dass die Lernenden phasenweise selbstständig arbeiten. Genau dieses selbstständige Arbeiten fällt ihnen anfangs noch schwer und muss angebahnt werden.

Eine Differenzierung außerhalb der Klasse bedeutet neue Strukturen und Bezugspersonen, auf die die Schülerinnen und Schüler sich einlassen müssen, was aufgrund der im Laufe dieser Publikation beschriebenen Faktoren für einzelne Kinder und Jugendliche schwierig werden kann.

Stattfinden kann Differenzierung auf unterschiedlichen Ebenen:

  • Äußere Differenzierung: In diesem Fall findet die Differenzierung außerhalb des Klassenunterrichts / der Lerngruppe statt. Die Schülerinnen und Schüler nehmen an eigens dafür „eingerichteten“ Maßnahmen, die entweder innerhalb der Stundentafel oder außerhalb der Stundentafel organisiert und benannt sein können, teil (siehe hierzu auch Anschlussförderung nach der Vorbereitungsklasse. Empfehlungen für additive, nachgehende Sprachförderangebote zur Integration in den Regelunterricht).

  • Innere Differenzierung bezeichnet alle Formen der zeitlich befristeten oder auch dauerhaften Aufteilung eines Klassenverbandes / einer Lerngruppe in arbeitsfähige Teilgruppen. Ergänzt wird ein solches Angebot durch vorhergehende oder sich anschließende Integration der Ergebnisse und Produkte in die ganze Klasse/Gruppe.

  • Differenziert wird hier auf der schulorganisatorischen Ebene nach:
    • Möglichkeiten der Organisation
    • Lernvoraussetzungen
    • Sozialform
    • Unterrichtsmethode
    • Unterrichtsinhalten
    • Zielen
  • Oder auf der didaktischen Ebene nach: 
    • Lernstil
    • Lerntempo
    • Lernbereitschaft
    • Lerninteresse


Auch hier können unterschiedliche Formen wie gemeinsamer Unterricht, kooperativer Unterricht und individualisierter Unterricht vorkommen, die wiederum unterschiedlich umgesetzt werden können (sprachbewusster Fachunterricht, Teamteaching, Projekte/ Kleingruppen).


Weiterführende Literatur:

 

Nach oben


LEHRWERKE UND LERNMATERIALIEN

Aufgrund der beschriebenen Heterogenität und der fehlenden Vorerfahrungen der Lernenden ist es nicht möglich, den Unterricht auf einem einzelnen Lehrwerk aufzubauen (vgl. Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit, Kap. 3.4: Einsatz von Lehrwerken, S. 36)

Hilfreich ist es, Lehrwerke zu den verschiedenen Niveaus in ausreichender Zahl zu Verfügung zu haben, um auf diese zurückgreifen zu können. Sie müssen flexibel zum Einsatz kommen und mit entsprechenden Zusatzmaterialien ergänzt werden. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler individuell gefördert werden.

Wenn möglich sollten so früh wie möglich Materialien und Themen aus dem Regelunterricht bereits Verwendung finden. So fällt ein Anschluss an diesen später leichter.

Anregungen zur Arbeit mit Schülerinnen und Schülern, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, bietet auch die Handreichung Viele Sprachen – eine Schule. Im Curriculum des Orientierungsrahmens Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit finden sich auf zwei Sprachniveaustufen (Basisniveau und Aufbauniveau) Anregungen dafür, „wie die Schülerinnen und Schüler vom Einstieg in die Sprache und in das Schriftsystem über alltagssprachliche Kommunikation an die inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen des Faches Deutsch herangeführt werden sollen“ (Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit. Curriculum, S. 3). Zunächst werden für die einzelnen Bereiche sprachliche Mittel formuliert, im Anschluss geben didaktisch-methodische Empfehlungen (Anhang) Anregungen für die konkrete Umsetzung im Unterricht.

Weiterführende Literatur:
Landesinstitut für Schulentwicklung (2016): Viele Sprachen – eine Schule. Zielsprache deutsch in allen Fächern der Sekundarstufe I
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden Württemberg: Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit. Curriculum.
Rösch, Heidi (Hrsg.)(2005): Deutsch als Zweitsprache. Sprachförderung in der Sekundarstufe I Grundlagen – Übungsideen – Kopiervorlagen zur Sprachförderung. Bildungshaus Schulbuchverlage. Braunschweig > Ausführungen im Hinblick auf Grundlagen sowie konkrete Übungsmöglichkeiten für einzelne Bereiche

GELINGENSFAKTOREN

  • Kontinuität (Strukturen, Personen)
  • Zeit und Raum zum Ankommen, Zurechtfinden und Lernen
  • Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen
  • Berücksichtigung und Stärkung der Schutzfaktoren 
  • Soziale Stabilität
  • Rücksprache zwischen allen an der Förderung beteiligten Personen
  • Vielfältige Angebote (Einbezug verschiedener Lernkanäle, Lerntypen, Medien, Lehrwerke, Unterrichts- und Sozialformen etc.)
  • Anbahnung von selbständigem Lernen, dem Umgang mit Kooperativen Lernformen und der Selbstreflexion

 

 


Info Fragen für das Schulkonzept /Sprachförderkonzept / die Schulentwicklung

  • Wie ist der Unterricht in der VKL organisiert?
  • Wer unterrichtet in der VKL?
  • Wo liegen die Schwerpunkte dieser Personen (Qualifikation und Zuständigkeit)?
  • Welche Fortbildungen werden (im laufenden Schuljahr) besucht?
  • Welche didaktischen Ansätze werden berücksichtigt? 
  • Wie, wann und wo findet ein Austausch zwischen den Beteiligten statt?
  • Wie wird der Lernstand/ Sprachstand der Lernenden erhoben und dokumentiert?
     

 

Nach oben

Zurück zur Übersicht

 


Der Text dieser Seite ist verfügbar unter der Lizenz CC BY 4.0 International
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.