Buchtipps, Methoden, Konzepte und Projekte rund ums Lesen und Vorlesen bietet der Ideenpool Lesen gegliedert für alle Schularten und auch für den Elementarbereich.

 

Buch des Monats


Bücher des Monats Februar 2012

In diesem Monat empfehlen wir folgende Bücher:

Andreas Steinhöfel: Rico, Oscar und der Diebstahlstein (ab 10 Jahre)

Philip Ardaghs völlig nutzloses Buch der haarsträubendsten Fehler der Weltgeschichte (ab x Jahre)


Andreas Steinhöfel: Rico, Oscar und der Diebstahlstein

Carlsen Verlag, 2011
ISBN 978-3551555724
336 Seiten
Altersempfehlung: ab 10 Jahre
Mit Illustrationen von Peter Schössow,
© Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2011

„Eine güldne gute Tugend – lüge nie!“
Dieser Satz gefällt Rico, dem großherzigen, tiefbegabten Jungen aus der Dieffe 93 in Berlin, nicht nur besonders gut, weil er ein Anagramm ist und man ihn vorwärts und rückwärts lesen kann, sondern auch, weil er Unehrlichkeit nicht leiden kann und weiß, dass einen Lügengeschichten oft in Schwierigkeiten bringen.

Im dritten und vorläufig wohl letzten Band um Rico und Oskar geht es unter anderem um das Lügen, aber auch um Freundschaft (vor allem um die von Rico und Oskar, dem Tief- und dem Hochbegabten, die sich so wunderbar ergänzen), um den Tod eines Nachbarn, den Umgang mit Streit, die Hoch- und Tiefbegabung, die Aufklärung eines Verbrechens und darum, wie im Leben der Hausgemeinschaft der Dieffe 93 letztendlich alles besser wird: Rico bekommt einen neuen Papa (den Bühl) und „ein ganz großes Glück“, Ricos Mama und Irina machen sich selbstständig, Oskar und sein Vater kommen sich endlich näher, die Dahling ist nicht mehr Single, der Kießling hat einen berühmten neuen Freund und Berts besteht seine BWL-Prüfungen mit sehr guten Noten.
Andreas Steinhöfel ist es noch einmal gelungen, die Leserinnen und Leser mit einer spannenden, berührenden und unheimlich witzigen Geschichte zu begeistern, die durch die Illustrationen von Peter Schössow hervorragend ergänzt werden.

Die zentrale Geschichte im dritten Band ist die Wiederbeschaffung eines gestohlenen Steins, die Rico wieder in Tagebuchform erzählt.
Ricos Nachbar Fitzke aus der Dieffe 93, der im ersten Band einfach Ricos Fundnudel aufaß und mit seinem „ewigen Gestänkere“ die ganze Nachbarschaft außer Rico nahezu wahnsinnig machte, ist gestorben. Er hinterlässt Rico neben einem charmanten Abschiedsbrief, aus dem der folgende Satz stammt: „Glaub bloß nicht, nur weil ich bald ins Gras beiße, würde ich mich jetzt dafür entschuldigen, dich Schwachkopf genannt zu haben“ seine Steinzucht, weil Rico der einzige ist, der diese zu würdigen weiß.
Nach der Beerdigung, die Ricos Mutter wegen besonderer Umstände in einem superkurzen Sommerkleid besucht und dafür missbilligende Blicke des Pfarrers erntet, entdecken Rico und Oskar, dass das wertvollste Stück aus Fitzkes Sammlung, der „Kalbstein“, fehlt (Fitzke war der festen Überzeugung, dass es ihm gelungen war, einen Stein zum Kalben zu bringen). Schnell finden sie heraus, dass Fitzkes Fast-Enkelin Julia den Stein gestohlen hat. Um seinem depressiven Vater eine Lehre zu erteilen, erklärt sich Oskar sofort bereit, die Diebin mit Rico bis an die Ostsee zu verfolgen, um den Stein zurückzuholen. Bei ihrer abenteuerlichen Zugfahrt ohne Fahrkarten freunden sie sich mit Sven an, dem gehörlosen Jungen aus Tempelhof, der bereits im ersten Band aufgetaucht ist, treffen an der Ostsee zufällig die halbe Hausgemeinschaft der Dieffe 93 (unter anderem im FKK-Bereich) und müssen den ein oder anderen Streit erleben und beilegen. Natürlich gelingt es ihnen letztlich auch, den „Diebstahlstein“ zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurückzubringen. Wieder dabei sind auch Ricos phänomenale Worterklärungen von Wörtern wie „spartanisch“, „Para-Neujahr“, „Ironie“ und „Lama“.

Dieses Buch ist trotz vieler ernster und berührender Elemente, zum Beispiel wenn Rico schildert, welche Gefühle der Tod Fitzkes bei ihm auslöst oder als die beiden Freunde sich zum ersten Mal ernsthaft verkracht haben, von der ersten bis zur letzten Seite ein Lesespaß für Mädchen und Jungen ab 10 Jahren. Noch mehr Spaß macht dieses Buch aber sicherlich, wenn man auch die beiden vorausgehenden Bände, „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ und „Rico, Oskar und das Herzgebreche“, kennt.
Ein Tipp sind dabei unbedingt auch die prämierten Hörbücher, bei denen Andreas Steinhöfel seine Romane selbst ausgezeichnet vorliest.

(sw, Arbeitskreis Lesen)


Philip Ardagh: Philip Ardaghs völlig nutzloses Buch der haarsträubendsten Fehler der Weltgeschichte

Arena Verlag 2011
ISBN 978-3401066271
235 Seiten
Altersempfehlung: ab 10 Jahre
Mit Illustrationen von Del Thorpe

Auf 235 Seiten reiht der Autor Philipp Ardagh die unglaublichsten Fehler zusammen, die die Weltgeschichte zu bieten hat. Mit seinen kleinen Anekdoten aus verschiedenen Jahrhunderten, die sich so oder so ähnlich tatsächlich zugetragen haben oder zugetragen haben könnten, unterhält er seine jungen Leserinnen und Leser. Über die Fehler anderer lässt sich bekanntlich gut lachen. Und diese Fehler passieren immer und überall auf der Welt:
Ob im Umgang mit technischen Erfindungen wie den Röntgenstrahlen oder beim Bedrucken von T-Shirts für den Papstbesuch, beim Aufhängen von Kunstwerken oder beim Unterzeichnen von Verträgen. Ob im historischen Kontext oder im naturkundlichen Bereich - die vielen Geschichten beinhalten jede Menge Informationen, die das Wissen von Kindern und Jugendlichen auf eine kurzweilige Art erweitern. So gibt zum Beispiel die Geschichte von einem Apotheker, der Anfang des 19. Jahrhunderts mehr aus Versehen das Jod erfunden hatte, Auskunft über die damaligen Forscherprobleme. Die Vielseitigkeit der "Fehlergeschichten" ist so groß, das für jeden etwas dabei ist. Vermutlich aber haben vor allem Jungen Interesse an "Prachtkerlen", "Wahnsinnstypen" oder "Verlierern", an den Irrtümern der Justiz oder an Fragen der Haltbarkeit von Fensterscheiben, der Gefährlichkeit von Meeresalgen oder wieso ein englischer Fußballer das Notizbuch des Schiedsrichters aufaß.
Ein gewisses Maß an Vorwissen ist für das Leseverstehen dabei sicher für alle Leserinnen und Leser vorteilhaft.

Wozu ist dieses „völlig nutzlose" Buch nun gut? - oder: Vom möglichen Nutzen des Buches für die Schule und die Entwicklung von Lesekompetenz und Lesemotivation
Die unglaublichen Irrtümer, Versehen oder Pannen, die Philip Ardagh gesammelt hat, lassen sich gut lesen. Sie sind meist humorvoll formuliert und in leicht überschaubaren Einheiten zusammen gestellt. Auf eine thematische oder chronologische Abfolge, welche die Orientierung im Buch unterstützen könnte, wurde verzichtet - damit allerdings kann jede Seite mit neuer Spannung erwartet werden. Die Länge variiert zwischen Texten, die nur aus wenigen Zeilen bestehen und solchen, die über mehrere Seiten gehen. So kann man das Buch immer wieder zur Hand nehmen und je nach Zeit und Lust einen oder mehrere Texte lesen. Dadurch ist es Philip Ardagh gelungen, junge Leserinnen und Leser anzusprechen, die unterschiedliche Lesekompetenzen mitbringen. Auch wenn die Informationen in diesem Buch also nicht lebensnotwendig sind, so sind sie doch unterhaltsam und tragen letztendlich zur Leseförderung, gerade bei Jungen, bei.
Darüber hinaus kann man die Geschichten natürlich wunderbar weitererzählen und in den täglichen Smalltalk einbauen. Auch könnte ein solches Buch anregen, die „Fehlersammlung" zu erweitern. Ein solches Vorhaben könnte Schülerinnen und Schüler ansprechen und sie über den Sammelauftrag zum Lesen und Vorlesen motivieren. Für die Umsetzung dieser Idee ist es hilfreich, die Botschaft zu lesen, die Philip Ardagh an den Anfang seines Buches gestellt hat. Hier beschreibt er die Zielsetzung, die er mit dem Buch verbindet und die Vorgehensweise, die zur Erstellung notwendig war. Und er nimmt sämtliche Fehler, die sich eventuell auch bei seiner Recherche und schriftstellerischen Arbeit eingeschlichen haben, einfach „auf seine Kappe…

(up, Arbeitskreis Lesen)