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Brexit: Get it done

 

Entwicklungen 2019-2020

Zankapfel Nummer Eins blieb der sogenannte "backstop", die Sonderregelung für die irisch-nordirische Grenze (hier erklärt in einem BBC-Video). Johnson, wie die meisten Brexiteers, lehnte diese Regelung kategorisch ab. Seine Vorschläge blieben jedoch im Dunkeln. Eines dieser Konzepte wurde dem irischen Sender RTÉ zugespielt und stieß prompt auf einhellige Ablehnung, sowohl in der Republik Irland als auch bei der EU (Irish Times, 01.10.19 und RTÉ, 01.10.19).

Beim Abschluss des Tory-Parteitages am 02.10. hat Johnson ein neues Angebot für ein Abkommen mit der EU vorgelegt, das auch die Frage der irischen Grenze lösen sollte (Text hier im Guardian, 02.10.19). Der Premierminister bekräftigte noch einmal den 31.10. als Austrittsdatum -- mit oder ohne Abkommen (BBC, 02.10.19).Wie sich das mit dem sogenannten Benn Act (BBC, 04.09.19) -- einem Gesetz, das der Regierung einen No-Deal-Brexit verbietet -- vertragen soll, wurde von Johnson nicht thematisiert.

Die irische Regierung hatte Johnsons Plan bereits vor der Veröffentlichung als unzureichend abgelehnt (Independent, 02.10.19). Von offizieller EU-Seite kam keine klare Reaktion. Am 08.10. veröffentlichten britische Medien jedoch Informationen über ein Gespräch zwischen Johnson und Kanzlerin Angela Merkel, in dem letztere angeblich unmissverständlich klargemacht habe, dass mit der britischen Vorlage ein Abkommen "overwhelmingly unlikely" sei (z.B. BBC, 08.10.19). Die deutsche Regierung wollte keinen Kommentar zu vertraulichen Gesprächen zwischen Regierungsschefs abgeben, und von informierter Seite gibt es Zweifel, ob die Bundeskanzlerin tatsächlich solche Worte wählen würde (ebd.). Möglicherweise zeigt sich hier der Beginn eines blame game, d.h. des Versuchs, die Schuld für einen eventuellen No-Deal-Brexit frühzeitig einer Seite zuzuschieben. Ab dem 09.10. befindet sich das Parlament in einer neuen Sitzungspause, bis es am 14.10. zur Queen's Speech seine Geschäfte wieder aufnimmt.

Im Vorfeld der Queen's Speech schien nach einem Treffen zwischen dem irischen Taoiseach Leo Varadkar und Boris Johnson plötzlich Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen zu kommen. Johnson, so hieß es, zeige sich kompromissbereit. Flugs wurden die Verhandlungen zwischen der EU und der britischen Regierung intensiviert. Knackpunkt der Verhandlungen war nach wie vor die irische Grenze. Dann, überraschend, kündigten Michel Barnier und Johnson an, dass eine Lösung gefunden worden sei (Details hier: BBC, 17.10.19). Trotz der Zustimmung der EU-Regierungsschefs war damit noch nicht alles in trockenen Tüchern. Erst musste der Deal vom Unterhaus verabschiedet werden. Die DUP hatte bereits frühzeitig ihre Ablehnung signalisiert. Johnson musste nun versuchen, eine Mehrheit im Parlament zusammenzukratzen. Eine erste Abstimmung wurde für Samstag, den 19.10. angesetzt.

An besagtem Samstag wurde zuerst über Sir Oliver Letwins Ergänzungsantrag (Guardian, 19.10.19) abgestimmt, der besagte, dass das Unterhaus erst dann über Johnsons Deal abstimmen solle, wenn dieser als Gesetzesvorlage eingereicht sei. Letwins Amendment wurde mit 322 zu 306 angenommen, worauf die Regeirung auf weitere Abstimmungen an diesem Tag verzichtete. Die Gesetzesvorlage zu Johnsons Deal soll nun am 21.10. oder 22.10. zur Abstimmung gelangen. Gleichzeitig demonstrierten in London hunderttausende von Menschen für ein zweites Referendum (Independent, 19.10.19)

Aufgrund des Benn Act war Johnson ja verpflichtet, im Falle einer Nichtannahme eines Deals bis 19.10. an die EU ein Gesuch um Verlängerung der Austrittsfrist zu richten, obwohl Johnson dies stets abgelehnt hatte. Aus diesem Dilemma zog er sich zumindest vorläufig so aus der Affäre, indem er ein nicht unterschriebenes Austrittsgesuch zusammen mit einem zweiten unterschriebenen Brief einreichte, in dem er klarstellte, dass er an keiner Verlängerung interessiert sei. Die EU hat sich bisher in Sachen Antwort bedeckt gehalten (BBC, 20.10.19).

"Yeah but no but..." (The Sun, 23.10.19, in Anlehnung an die Comedyfigur Vicky Pollard)

Nachdem Speaker John Bercow eine meaningful vote über Johnsons Deal am 21.10. nicht gestattete (das Parlament darf nicht zweimal über die gleiche Vorlage abstimmen), gelangte die als Gesetzestext ausformulierte sog. Withdrawal Agreement Bill erstmals am 22.10. zur Abstimmung -- auch wenn es vorläufig nur um die grundsätzliche Zustimmung ("meaningful vote") und die Zulassung zu weiteren Lesungen ging. Der in Abstimmungen bisher nicht gerade erfolgsverwöhnte Johnson konnte hier mit 329 zu 299 Stimmen einen ersten Erfolg verbuchen. Als er jedoch gleich im nächsten Antrag versuchte, die Withdrawal Agreement Bill nach nur dreitägiger Frist zur endgültigen Abstimmung zu bringen, scheiterte er prompt mit 308 zu 322 Stimmen. Zwischenzeitlich hat die EU grünes Licht für eine Verlängerung des Brexit bis spätestens 31. Januar 2020 gegeben -- und die britischen Parteien einigten sich nach einigem Hin und Her auf Parlamentswahlen am 12. Dezember 2019. Laut einer Ipsos Mori-Studie ist der Brexit -- wen wundert's? -- auch im Wahlkampf Thema Nr. 1 (BBC, 01.11.19).

"Get Brexit Done"

Bei den Parlamentswahlen am 12. Dezember 2019 gelang es Boris Johnson, mit seinen Konservativen einen erdrutschartigen Sieg einzufahren, der ihm nun die absolute Mehrheit im Unterhaus gewährt (Ergebnis hier auf BBC, 13.12.19). Jeremy Corbyns Labour Party erzielte das schlechteste Ergebnis seit 1935 -- womit seine Tage als Parteivorsitzender vermutlich gezählt sein dürften. Vor allem in den alten Labour-Hochburgen im Norden Englands, die jedoch 2016 im Referendum für "Leave" gestimmt hatten, konnten die Tories der Labour Party Wahlkreise und damit Sitze abnehmen (BBC-Analyse der Wählerbewegungen, 13.12.19). Unter anderem gewannen die Tories z.B. den Wahlkreis Leigh (Greater Manchester), der die letzten 100 Jahre von Labour gehalten wurde (BBC, 13.12.19).

In Schottland gelang es der SNP, 48 von 59 Sitzen zu gewinnen. So verlor z.B. auch die Spitzenkandidatin der Liberal Democrats, Jo Swinson, ihren Wahlkreis an die SNP. Die SNP-Vorsitzende Nicola Sturgeon nimmt dieses Ergebnis als klares Zeichen für Europa und ein zweites Unabhängigkeitsreferendum (Guardian, 13.12.19). Der Konflikt mit Boris Johnson und der Regierung in London dürfte damit vorprogrammiert sein.

Was bedeutet der Wahlausgang nun für Johnsons Brexit-Pläne? Am 20.12.19 stimmte das Unterhaus über eine neue Fassung des Austrittsgesetzes ab. Angesichts seiner komfortablen Mehrheit von 80 Sitzen im Unterhaus hatte Johnson keine Probleme , seine Vorlage durchzubringen. Auch in der letzten Lesung am 9. Januar 2020 wurde das Gesetz mit 330 zu 231 Stimmen glatt verabschiedet (BBC, 09.01.2020). Nachdem das Oberhaus einige Regelungen des Austrittsvertrags ablehnte (z.B. die Abschaffung des Rechts auf Familienzusammenführung für minderjährige Flüchtlinge), wurden am 22.01.2020 jedoch sämtliche Änderungsvorschläge der Lords vom Unterhaus abgeschmettert, so dass das Austrittsgesetz - als reine Formsache - nur noch der Unterschrift der Queen bedurfte. 

Interessanterweise hat das Unterhaus mit der Verabschiedung des Gesetzes auch einem darin enthaltenen Passus zugestimmt, der dem Parlament jede weiteren Mitspracherechte beim Brexit nimmt und diese ausschließlich in die Hände der Regierung legt.

 

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