Das Innere Team

Erweiterung der ursprünglichen Mitspieler

Die Schülerinnen und Schüler erkannten, dass Karl noch andere Spieler besitzt, die aktiviert werden könnten:

- Der Charismatische/Charmante: Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass Karl ja wohl recht charmant und liebenswert sein muss, denn im Elternhaus mochten ihn alle. Obwohl er sich als Kind schon immer über Grenzen hinweggesetzt hat, war ihm – außer Franz – niemand ernsthaft böse. Nach seiner Rückkehr zu den Räubern zeigt sich, dass die Räuber ihm bedenkenlos folgen und Spiegelberg als sein Konkurrent nicht die geringste Chance hat, Räuberhauptmann zu werden. Er hat also auch eine Ausstrahlung, die andere so stark in Bann zieht, dass man ihn als charismatisch bezeichnen kann.

- Der mutige Anführer: Karl zeigt sich, nachdem er zum Anführer erkoren worden ist, als durchaus fähig, diese Rolle auszufüllen. In Kämpfen mit der Obrigkeit erweist er sich als sehr mutig, entschlossen und als einsatzbereit für seine Freunde und Mitkämpfer. Er verhält sich seinen Kameraden gegenüber sehr verantwortungsbewusst. Diese Ressourcen stecken also auch bereits in ihm.

- Der Taktiker: Die Schülerinnen und Schüler erkennen auch, dass sich Karl im weiteren Verlauf des Stückes als taktisch ausgesprochen geschickter Kämpfer und Anführer zeigt. Er kann seine Männer so einsetzen, dass die Feinde große Verluste hinnehmen müssen: 160 Husaren, 93 Dragoner, 40 Jäger beim Gegner gegen einen seiner Räuber, Roller (III,2). Viktor E. Frankl geht davon aus, dass der Mensch ab etwa 18 Jahren die Möglichkeit und Fähigkeit der Selbsterziehung hat. Hätte Karl nun einen guten Berater gehabt, wäre es möglich gewesen, dass er sich seiner anderen Eigenschaften, seiner Ressourcen bewusst wird und diese so zur Geltung bringt, dass sie dem Ziel, das sein Ich als Regisseur festsetzt, dienen. Er könnte sich daran erinnern, dass er taktisch doch immer ganz geschickt war und dass er diesen Taktiker auf die Bühne holen möchte. Er könnte sich auch die noch wenig ausgeprägte, aber doch schon erkennbare Eigenschaft des Ausgleichenden bewusst machen, der im Taktiker enthalten ist und den er haben muss, sonst könnte er eine so wenig homogene Gruppe wie seine Räuber kaum zusammen halten. Vor allem an seinen Mut, den er auch gegenüber der Familie zeigen könnte, sollte er wieder denken. Karl könnte damit situationsgerecht und sinnvoll handeln.

Die Schülerinnen und Schüler werden nun aufgefordert, die weiteren Figuren auf der Bühne zu ergänzen und die anderen entsprechend umzustellen: Der Taktiker wurde dem Enttäuschten und Heimwehkranken beigesellt, der Charismatische auch im Bühnenvordergrund platziert und von dem noch nicht so stark ausgeprägten mutigen Anführer (schließlich wird Karl erst später Anführer der Räuber) flankiert. Damit treten die anderen, vor allem der Wütende und Hasserfüllte, noch weiter in den Hintergrund. Ob der Held nicht doch etwas weiter vorn im Stück mitspielen sollte, kann durchaus noch diskutiert werden. Das "neue Stück" könnte heißen: "Charisma und Taktik umrahmen die anderen" oder "ein altes Ziel neu anvisieren". Die Konsequenzen für Karls weiteres Leben sind offensichtlich: Mit Charisma, Taktik, Mut und seinem Gespür für Ungerechtigkeit könnte er entweder die Fälschung durchschauen oder trotz des Briefes nach Hause reisen und persönlich mit dem Vater sprechen etc., d.h., er könnte sein eigentliches Ziel, nach Hause zurückzukehren, wieder ins Auge fassen.

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Mit den Schülerinnen und Schülern kann man nun herausarbeiten, wer in Karls Gefühlsknäuel wegen "fehlender Beratung" die Hauptrolle übernommen hat. In Karls Aussagen nach seiner Rückkehr zu den Räubern wird deutlich, dass sich die negativen Gefühle addiert haben: Der Enttäuschte, der trotzige Freiheitsliebende, der Wütende und der Hasserfüllte verbinden sich und wachsen sich zum menschenverachtenden Zyniker aus, der ungefragt an die Rampe getreten ist und das Spiel dominiert, den Regisseur überrumpelt: "Menschen haben Menschheit vor mir verborgen, da ich an Menschheit appellierte, weg dann von mir Sympathie und menschliche Schonung! Ich habe keinen Vater mehr, ich habe keine Liebe mehr, und Blut und Tod soll mich vergessen lehren, dass mir jemals etwas teuer war[...]. Glück zu dem Meister unter euch, der am wildesten sengt, am grässlichsten mordet, denn ich sage euch, er soll königlich belohnt werden – [...]"

Selbstverständlich sollte hier auch hinterfragt werden, warum Schiller die Handlung so weiterentwickelt hat, wie das Stück eben verläuft. Der Sturm und Drang als Epoche könnte hier bearbeitet werden. Die Frage, wie Karl als Aufklärer oder Romantiker gehandelt hätte, ob er vielleicht gar nicht in diese Situation geraten wäre und warum, scheint mir ebenfalls zulässig.


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