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Die Revolution von 1848/49 – Sprachbildung und Förderung historischen Denkens mit dem dramapädagogischen Ansatz

Dieses Unterrichtsmodul nutzt die Potenziale der dramapädagogischen Methode für die Förde­rung historischer und sprachlicher Kompetenzen.

In der ersten Doppelstunde steigen die Schülerinnen und Schüler über ein Spiel mit Geschichtsbegriffen ins Thema ein und rekonstruieren in einer ersten Erarbeitung den Ablauf der Revolution von 1848/49. Nachdem ihnen die Probleme, vor der die Paulskirche steht, bewusst sind, bilden die Schülerinnen und Schüler Hypothesen, wie diese Probleme gelöst werden könnten. Die Schülerinnen und Schüler formulieren Forderungen der 48er und nähern sich ihrer Rolle als Abgeordnete der Nationalversammlung in Frankfurt an. Nach einer Methodenreflexion arbeiten sich die Lernenden in sechs Biographien von Abgeordneten der Paulskirche ein.

Barrikadenkampf auf dem Alexanderplatz in Berlin in der Nacht vom 18. auf den 19. März 1848.

In der zweiten Doppelstunde notieren die Schülerinnen und Schüler die Forderungen der Abgeordneten, führen auf dieser Grundlage eine Debatte in der Paulskirche, die sie im Anschluss außerhalb der Rolle reflektieren. Sie vergleichen ihre Ergebnisse mit den historischen Ergebnissen. Zurück in ihrer Rolle reisen sie mit den historischen Ergebnissen nach Berlin zum preußischen König und bieten ihm die Kaiserkrone im Namen der Paulskirche an. Dessen Haltung wird von den Schülerinnen und Schülern ebenfalls erarbeitet und zwar in Form von Pro- und Contra-Argumenten, die für die Annahme der Krone und dagegen sprechen. Schließlich wird auch diese Rollenbiographie mit dem tatsächlichen Verhalten von Friedrich Wilhelm IV. verglichen. Abschließend diskutieren die Schülerinnen und Schüler das Scheitern und die Chancen der Revolution von 1848/49.

Sämtliche Arbeitsblätter im zip-Format zum Download.


Unterrichtsdesign

1. Doppelstunde: Das erste deutsche Parlament: Hat die Demokratie 1848/49 eine Chance? - Kann die Nationalversammlung die Probleme der Zeit lösen?

 

1.1 Einstieg: Namensspiel mit Geschichtsbegriffen

Alle Schülerinnen und Schüler kommen in einem Kreis zusammen. In der Mitte des Kreises liegen verschiedene Bilder zu den beiden Themen „Industrialisierung“ und „Vormärz“ aus. Die Lehrkraft hält einen Ball und stellt sich kurz mit „Fürst(in) von Metternich“ vor. Dann gibt die Lehrkraft den Ball an die Schülerinnen und Schüler weiter. Jeder Lernende soll einen Begriff, den er/ sie aus den letzten Unterrichtsstunden zu den Themen „Industrialisierung“, „Vormärz“ und „1848er-Revolution“ in Erinnerung hat, als Nachnamen verwenden und den Ball anschließend weiterreichen. Die Bilder in der Mitte dienen den Schülerinnen und Schülern als Gedankenstütze

 

1.2 Erarbeitung I: Ablauf 1848er- Revolution:

Die Schülerinnen und Schüler ordnen die Bilder chronologisch an. Dabei sollen sie die Widersprüche/kognitive Dissonanz in den Bildern erkennen: Einerseits ist diese Zeit geprägt von gewaltigen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, die auch große Auswirkungen auf die sozialen und politischen Verhältnisse der Zeit haben. Andererseits stehen politisch liberale Ideen restaurativen Tendenzen gegenüber.

 

1.3 Ergebnissicherung I: Leitfrage und Hypothesenbildung 

Alle kommen noch einmal im Kreis zusammen: Mehrere Schülerinnen und Schüler in der Kreismitte stellen ihren Zeitstrahl vor. Die anderen wirken als Korrektiv. Hieraus wird die Leitfrage von den Schülerinnen und Schülern entwickelt:

  • Kann die Nationalversammlung die Probleme der Zeit lösen?
  • Hat die Staatsform Demokratie 1848 überhaupt eine Chance?
  • Hypothesenbildung: Wie würdet ihr die Probleme der Zeit lösen?

Der Zeitstrahl wird an der Seitenwand angebracht.

 

1.4 Überleitung: Call-Response (dramenpädagogische Hinleitung)

L: „Was findet ihr gut/schlecht an der Schule?“

  • Hausaufgaben abschaffen! Schule abschaffen
  • Lehrer erwidert daraufhin verbal: Möglichkeit         
  • 1. Wir wollen die Schule beibehalten. Oder 2. Wir sind für die Beibehaltung der Schule.
  • SuS antworten jeweils mit: „Jawohl!“

 

1.5 Erarbeitung II: Die Forderungen der 48er-Revolutionäre

Die Schülerinnen und Schüler erhalten unterschiedliche Forderungen, die 1848 laut wurden und formulieren diese nach obigem Beispiel um. 

 

1.6 Ergebnissicherung II: Die Forderungen werden öffentlich

Raumlauf/Hintergrundmusik: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ (Web-Site der Bundesregierung).

Die Schülerinnen und Schüler bewegen sich durch den Raum. Die Lehrkraft beginnt die Zeitreise, lässt die Schülerinnen und Schüler zu Abgeordneten werden, die aufgrund der Unruhen in Berlin 1848 nach Frankfurt in die Paulskirche ziehen, um dort ihren Forderungen, ihren Visionen Gehör zu verschaffen. Stellt euch vor, wie ihr euch mit gepacktem Koffer stolz und voller Vorfreude auf den beschwerlichen Weg macht. Wenn ihr soweit seid, stellt sich immer ein Abgeordneter auf den Stuhl in der Mitte und ruft laut seine Forderung in die Menge. Die Zuhörer antworten entsprechend mit „Jawohl!“

 

1.7 Vertiefung/Reflexion: Meinungsvielfalt in der Paulskirche

Die Schülerinnen und Schüler schütteln ihre Rolle ab. Reflexion: Was ist euch aufgefallen? Es gab nicht nur zwei unterschiedliche Meinungen/Richtungen.

 

1.8 Erarbeitung III: Historische Rollenbiographien 

Jetzt geht es darum, sich in insgesamt sechs reale historische Paulskirchen-Abgeordneten einzufühlen und deren historische Forderungen in Worte zu fassen. Dafür erhaltet ihr pro Gruppe je eine Rollenkarte mit Quellen und Arbeitsaufträgen.

AA: Lest euch die Angaben zu eurem Abgeordneten durch und unterstreicht zentrale Forderungen/Wünsche. Formuliert diese Forderungen in Argumente um. Nutzt bei Bedarf die Hilfestellungen (Hintergrundinformationen, Argumentationslisten).

 

1.9 Hausaufgabe:

Requisiten, passend zur Figur, mitbringen! (Anzug, Zylinder, Krawatte, Mappen)

Verkauf der Wahrheit (Johann Nepomuk Höfel, Wien, 1848)


2.Thema der Stunde: Das erste deutsche Parlament – die Nationalversammlung soll die Probleme lösen

 

2.1 Einstieg: dramenpädagogischer Energizer

Die Schülerinnen und Schüler laufen im Raum, immer einer ruft laut eine Forderung, wie z. B: „Lasst uns alle rückwärts laufen!“ Die Gruppe antwortet stets mit „Au ja, das machen wir!“, das geht so lange, bis ca. 5-7 Schülerinnen und Schüler ihre Forderungen gestellt haben.

 

2.2 Überleitung

Kurze Reflexion: die Lehrkraft verweist auf die zwei letzten Bilder des Zeitstrahls (evtl. zusätzliche Bildimpulse)  zur Wiederholung und zur Formulierung der Leitfrage(n)

 

2.3 Erarbeitung I: Die Position der einzelnen Abgeordneten

Die Schülerinnen und Schüler haben jetzt noch einmal ca. 10 Minuten die Möglichkeiten, sich arbeitsteilig in sechs historische Abgeordnete der Nationalversammlung hineinzuversetzen und deren Forderungen aufzuschreiben.

 

2.4 Ergebnissicherung I: Debatte in der Paulskirche

Sechs Abgeordnete müssen unter Zeitdruck – auf einem Stuhl sitzend - ihre Argumente vorbringen und sich Aufmerksamkeit verschaffen. (Bei Bedarf darf ein Abgeordneter auch von zwei Lernenden vertreten werden, um sein Anliegen vorzubringen). Die Lehrkraft gibt mit einer Glocke oder Klangschale Zeichen, wenn die Redezeit beginnt bzw. aufhört.

 

2.5 Vertiefung/Reflexion: Historische Ergebnisse im Vergleich

Die Schülerinnen und Schüler legen ihre Rollen ab und diskutieren über Ablauf und Ergebnis der Schülerdebatte. Dabei vergleichen sie die Ergebnisse ihrer Debatte mit den historischen Ergebnissen

 

2.6 Erarbeitung II: Die Abgeordneten bereiten sich für die Reise zu Friedrich Wilhelm IV. vor (arbeitsteilige Gruppenarbeit)

  • Die Gruppen 1 und 2 formulieren Ergebnisse der Frankfurter Nationalversammlung in Forderungen um.
  • Gruppe 3 modelliert König Friedrich Wilhelm IV in Berlin.
  • Gruppe 4 formuliert Pro-Argumente, die im König vorgehen, was die Forderungen der Abgeordneten anbelangen.
  • Gruppe 5 formuliert Contra-Argumente diesbezüglich.

 

2.7 Ergebnissicherung II: Die Abgeordneten vor Friedrich Wilhelm IV.

Raumlauf/Hintergrundmusik: „Einigkeit und Recht und Freiheit“.

Die Schülerinnen und Schüler bewegen sich durch den Raum. Die Lehrkraft beginnt die Zeitreise. Die Schülerinnen und Schüler machen sich nach einem debattenreichen Jahr im Jahre 1849 zu König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin auf, um ihm die Kaiserkrone anzubieten. Voller Hoffnung und Stolz machen sich die Männer auf die beschwerliche Reise; am Palast angekommen, wird ihnen tatsächlich gleich eine Audienz beim Preußischen König gewährt.

  • Die Abgeordneten teilen ihm abwechselnd selbstbewusst ihre Forderungen mit.
  • Freeze! Die Situation friert ein. Dies schafft die Gelegenheit zur Reflexion.
  • Im Kaiser geistern Stimmen mit Pro- und Contra-Argumenten (Hilfs-Ich).
  • Wenn diese Stimmen verstummen, gibt er ihnen nun eine Antwort und begründet diese (aus Schülerperspektive!)

 

2.8 Vertiefung/Reflexion: Die Ablehnung der Kaiserkrone

Die Schülerinnen und Schüler schütteln ihre Rollen ab und sprechen über ihre Erfahrungen. Die Lehrkraft eröffnet den Schülerinnen und Schüler, wie die tatsächliche Reaktion des Königs Friedrich Wilhelm IV. aussah.

  • Diskussion: Ist die 1848er- Revolution gescheitert?
  • Hatte die Demokratie 1848/49 überhaupt eine Chance?

Diese Unterrichtseinheit wurde entwickelt und erprobt von Lehrkräften am Gymnasium Wilhelmsdorf: Monika Motz; Jana Berg; Saskia Frank; Philipp Kirchenmaier.

Nähere Informationen zum Ansatz von Prof. Christiane Bertram finden Sie unter:

Bertram, C. & Bryant, D. (2019, in Druck). Geschichte – Sprache – Theater: Sprachbildung und Förderung historischen Denkens mit dem dramapädagogischen Ansatz. In C. Bertram & A. Kolpatzik, A. (Hrsg.), Sprachsensibler Geschichtsunterricht. Von der Theorie über die Empirie zur Pragmatik. (S. 138-148). Frankfurt a.M.: Wochenschau-Verlag.


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