Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Titelbild für das Unterrichtsmodul zu den "Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull" von Sebastian Arnold

Allgemeines 

Thomas Manns 1954 veröffentlichtes Romanfragment ist seit dem Schuljahr 2021/22 zu unterrichtendes Abiturthema in Baden-Württemberg. Abgeprüft wird die Lektüre in der Schreibform „Erörterung zweiter literarischer Texte“. Hierbei ist ein Vergleich zu Franz Kafkas „Der Verschollene“ vorgesehen.

Inhalt des Werks

Der Roman, den Thomas Mann über mehrere Etappen seines Lebens schrieb und nie fertigstellte, handelt von den Verfehlungen des Hochstaplers Felix Krull. Geschildert wird sein Lebensweg in Form einer fiktiven Autobiografie – beginnend mit der Wiege im Rheingau als Sohn eines hedonistischen Schaumwein-Händlers, der selbst Züge der Hochstapelei trägt. Unter den Fittichen einer kauzigen Künstlergestalt, dem Paten Schimmelpreester, lernt der junge Felix in gemeinsamen Modellsitzungen Schauspiel, Rollenspiel und die Verstellungskunst als eine ihm anvertraute Neigung kennen. Früh übt sich das Betrugstalent in der Imitation der väterlichen Handschrift, dem Pralinendiebstahl sowie dem Krankspielen, um die lästige Schule nicht besuchen zu müssen. Legitimation für sein fragwürdiges Handeln findet der Protagonist bei einem Theaterbesuch. Hier meint er in der beeindruckenden Täuschung des Schauspielers Müller-Rosé erfahren zu haben, dass Betrug ein von Gott gewolltes, natürliches Prinzip sei, das den Betrogenen und den Betrügenden symbiotisch verbinde in der Erfüllung der jeweiligen Bedürfnisse.  

Nach dem tragischen, väterlichen Suizid siedelt die Familie um die einfache Mutter und die Felix wenig vertraute Schwester Olympia nach Frankfurt über, um dort eine Pension zu eröffnen. Felix folgt der Familie zeitweilig, um dann – auf Empfehlung Schimmelpreesters – den Weg in die Pariser Hotellerie anzutreten. Dort ärmlich angekommen, durchlebt die Hauptfigur einige episodische Handlungen: Nach einem Schmuckdiebstahl, anfänglicher Tätigkeiten als Liftboy, diversen Liebesabenteuern, dem zeitweiligen Aufstieg zum Restaurantkellner und der Bekanntschaft mit einem adeligen Marquis entschließt sich Felix für den widerstandsarmen Weg des betrügerischen Aufstiegs, indem er die Rolle des Marquis auf beidseitigen Wunsch übernimmt. Seine Anstellung im Hotel kündigt er fristlos.

In der neuen Rolle als Marquis reist er nunmehr nach Lissabon, nun ganz und gar in seinem Element als Hochstapler. Auf der Zugfahrt nach Lissabon lernt er Professor Kuckuck und später – vor Ort – dessen Familie kennen, wobei er trotz aller Gastfreundschaft in Lissabon schließlich nacheinander beide Frauen des Hauses verführt und sogar beim spanischen König eine Audienz bekommt. Während des Aufenthalts beeindruckt Krull vor allem der Besuch des naturhistorischen Museums. Der Roman bleibt Fragment und wird 1954 als solches veröffentlicht, nur ein Jahr vor dem Tod Thomas Manns.

Zu behandelnde Themen des Romans

Der Hochstapler-Roman zeigt eine Reihe von Spannungsverhältnissen auf, die im Unterricht für eine tiefgehende Erschließung thematisiert werden sollten. Hierzu gehören unter anderem:

  • die Abweichung des Hochstaplers gegenüber der gesellschaftlichen Norm
  • das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Leistungsgesellschaft am Beispiel des Hochstaplers
  • der familiäre Hintergrund als Grundlage für die Karriere als Betrüger
  • die Unterscheidung moralischer Verwerflichkeit der Taten im Verhältnis zur verharmlosenden Reflexion derselben durch den geschwätzigen Ich-Erzähler
  • das Werk in seiner Stellung als Teil der Bekenntnisliteratur nach Augustinus, aber im Sinne eines Geständnisses ohne Einsicht (siehe Titel: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull)
  • die fehlende moralische Entwicklung des Protagonisten im Verhältnis zu dessen sozialem Aufstieg
  • Gründe für das Fehlen tiefergehender zwischenmenschlicher Bindungen

Lektüreumfang, Leseauftrag, Lesetest

Es empfiehlt sich, die 400 Seiten schwere Lektüre bereits in der Kursstufe I begleitend und – aus Gründen besserer Zugänglichkeit und geringerer Komplexität – vor dem Kafka zu lesen. Bei der Erteilung von Lektüreaufträgen empfiehlt sich eine Orientierung an der Makrostruktur der drei Bücher.

Allein der Titel prädestiniert den Roman dazu, dass sich Schülerinnen und Schüler der eigentlichen Fabel entziehen und sich als Lese-Hochstapler im Unterricht ausnehmen, indem sie vergleichbar einfach nutzbare Zusammenfassungen aus dem Internet nutzen. Entsprechend ist ratsam, auch Lesetests schreiben zu lassen. Diese können nach Ermessen der Lehrkraft bewertet werden oder Anlass für lobende oder mahnende Appelle im Kurs sein. Einen einfach korrigierbaren Lesetest, der die Veri- oder Falsifikation von Aussagen zum Roman beinhaltet, finden Sie auf dieser Seite unten im Materialteil. 

Anschaffung einer geeigneten Textausgabe

Achten Sie beim Kauf von Unterrichtsmaterial unbedingt darauf, mit welcher Textausgabe gearbeitet wird. Die Seitenpaginierungen der verschiedenen Ausgaben des Fischer-Verlags unterscheiden sich in erheblichem Maße. Bitte berücksichtigen Sie, dass von offizieller Seite der Fachberaterinnen und Fortbildner die Arbeit mit dem Taschenbuch angeraten wird, das der Textfassung der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe von Sprecher und Bussmann folgt. Diese Ausgabe ist im Unterschied zu anderen nach wissenschaftlichen Kriterien editiert und enthält Zeilenangaben. Die Textrechte liegen beim Fischer-Verlag, bestellbar ist das 13 Euro teure Buch unter folgender ISBN: 978-3-596-90417-4. Für das Abitur ist indes vorgeschrieben, dass der angefügte, kurze Kommentarteil zugetackert oder entfernt wird. Das Unterrichtmaterial der Reihe EinFach Deutsch (Westermann) arbeitet unter anderem mit dieser in Baden-Württemberg vorzuziehenden Taschenbuchausgabe. 

Materialien zu Inhalt, Figuren sowie Lesetest und Lernvideos

Für eine erste, spielerische Inhaltssicherung sollen die Schülerinnen und Schüler Sammelkarten zum Werk entwickeln: Den Auftrag finden Sie im Materialteil dieses Moduls, das Sie hier im Format .docx, .odt, .pdf herunterladen können.

Enthalten sind weiterhin ein Lesetest sowie die Anleitung zur Erstellung einer Figurenkonstellation. Diese ist aufgrund der Vielzahl an Figuren besonders wichtig. Eine Priorisierung der Bekanntschaften zu einer brauchbaren Übersicht erfolgt durch den Auftrag.

Die Lösungshinweise zum Materialteil können Sie hier zeitnah herunterladen in .docx, .odt, .pdf.

Auf der Seite "diegutestunde.de" finden Sie außerdem zwei Lernvideos, die sich als Hausaufgabe eignen. Hierfür verwenden Sie folgenden Link: https://www.diegutestunde.de/abiturvorbereitung-2022/

Das erste Lernvideo klärt die Frage, was Merkmale eines Hochstaplers sind. Das zweite stellt die Überlegung an, ob nicht in jedem Mensch ein Hochstapler steckt. Beide Videos rekurrieren hierbei auf Erich Wulffens kriminologische Untersuchung „Die Psychologie des Hochstaplers“, die in den 1920er-Jahren erschien.

 

 


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Quelle: https://www.schule-bw.de

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