Joseph Süß Oppenheimer - ein historischer Kriminalfall und seine Nachwirkungen

Hintergrund

Zeittafel

Über Jugend und Bildungsweg Joseph Süß Oppenheimers ist kaum etwas bekannt. Geboren wurde er vermutlich 1698/99 in Heidelberg. Seine Lehr- und Wanderjahre als Handelsgehilfe führten ihn auf ausgedehnten Reisen seit 1713 nach Prag, Amsterdam und Wien. Geprägt wurde Oppenheimer von der großen Frankfurter Judengemeinde, wo er wohl seit 1723 Waren- Juwelen- und Geldhandel betrieb. Zu seinen Kunden zählte der deutsche Hochadel, darunter die Familie Thurn und Taxis, aus der die Frau des 1733 in Württemberg zur Regierung gelangten Herzog Karl Alexander stammte. Durch Patente vom November 1732 trat Oppenheimer als "Hoffaktor und Schatullenverwalter" in die Dienste des Erbprinzenpaares; ohne feste Besoldung erledigte er für beide die typischen Auftragsgeschäfte eines Hofagenten. Nach dem Regierungsantritt ernannte ihn Karl Alexander zum württembergischen Residenten in Frankfurt.

Karl Alexander von Württemberg

B 2 Karl Alexander von Württemberg


1734 verlagerte sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit nach Stuttgart und Ludwigsburg, wo Karl Alexander ein absolutistisch-antiständisches Regiment einführte, das Schulden des Vorgängers abbauen und gleichzeitig eine kostspielige Hofhaltung finanzieren sollte. Für diese Aufgaben, die nur mit Hilfe von Modernisierungen in Wirtschaft, Finanzen und Verwaltung zu bewältigen waren, beschäftigte der Herzog eine Anzahl von in Finanzfragen versierten und europaweit vernetzten Juden, die ihm auch Kredite vermittelten. Unter diesen bekleidete Oppenheimer eine herausgehobene Stellung. Karl Alexander verlieh ihm 1736 den Titel eines "Geheimen Finanzrates" und machte ihn zu einem seiner wichtigsten Berater; zeitweilig reichte Oppenheimers Einfluss über den Finanzsektor mit der Münz- und Steuerpolitik als Kern weit hinaus bis in die innere Verwaltung und das Justizwesen. Seine zahlreichen Feinde verbreiteten das Gerücht, er strebe eine Art Premierministerwürde an. Allerdings gehörte Oppenheimer nicht zum engsten Kreis der Vertrauten des Herzogs, der zuletzt einen Umsturz der württembergischen Stände- und Religionsverfassung plante, ohne den Hoffaktor einzuweihen.

Als Karl Alexander am 12.3.1737 plötzlich starb, versuchte Oppenheimer, der schon vorher wiederholt vergeblich um seinen Abschied gebeten hatte, zu fliehen, wurde jedoch sofort verhaftet und in die Festung Hohenneuffen gebracht. Während des Kriminalprozesses wegen Hochverrats, Münzverschlechterung, intimer Beziehungen zu christlichen Frauen und weiterer Straftatbestände wurde Oppenheimer unter extremen Haftbedingungen auf dem Hohenasperg wiederholt peinlich verhört, ehe die Richter, die nichts gegen ihn in der Hand hatten, was zu Verurteilung und Hinrichtung hätte ausreichen können, ihn offenbar einstimmig zur Hinrichtung durch den Strang verurteilten.

Hinrichtung des Joseph Süß Oppenheimer am 4.Februar 1738 am Stuttgarter Galgenberg

B 3 Hinrichtung des Joseph Süß Oppenheimer am 4.Februar 1738 am Stuttgarter Galgenberg 

In einer schweren Krise des Herzogtums Württemberg geriet Oppenheimer wegen seiner Lebensweise und seiner politischen Funktion in die Rolle eines Sündenbocks. Sein abenteuerliches Leben und tragisches Ende veranlassten schon die Zeitgenossen, den Stoff in Satiren und Pamphleten zu verarbeiten; neben verschiedenen literarischen Werken (W. Hauff, L. Feuchtwanger, P. Kornfeld u. a.) entstanden daraus auch Legenden, die im 19. und 20. Jh. nachwirkten, bis die antisemitische nationalsozialistische Propaganda das Thema für ihre Zwecke missbrauchte (Veit Harlans Film, 1940).

Zeitgenössische Schmähschrift

B 4 Zeitgenössische Schmähschrift

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -


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