„Hexenschwaben und Schermaus-Italiener“: Ein- und Auswanderung im Gebiet des heutigen Landkreises Sigmaringen

Hintergrundinformationen

Bedeutung


Alle für den Südwesten wichtigen Migrationsphasen seit der Frühen Neuzeit bilden sich in der Region Sigmaringen ab und können lokal bzw. sogar biographisch veranschaulicht werden. Das Modul ermöglicht damit einen doppelten Transfer: Zum einen lassen sich Merkmale der regionalen Fallbeispiele auf andere Regionen des Südwestens übertragen. Zum anderen können die Schüler historische Erkenntnisse im Zusammenhang der aktuellen Integrationsdebatte in Baden-Württemberg - dem Flächenland mit dem höchsten Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund - anwenden:

- Migration war kein Sonderfall, sondern Normalfall der Geschichte des Südwestens. Die südwestdeutsche Kultur ist in gewissem Sinne ein „Importerzeugnis“ (Hermann Bausinger). Das Modul kann die Schüler so auch für die Fragwürdigkeit einer sogenannten „deutschen Leitkultur“ sensibilisieren.
- Migration ist nicht nur Ausdruck von Krisensituationen, sondern oft konstruktiver Bestandteil eines funktionierenden Systems. Einwanderung ist ein wichtiger Faktor für die Erfolgsgeschichte des Südwestens.
- Die erfolgreiche Integration in Aufnahmegesellschaften ist von verschiedenen Faktoren abhängig und in verschiedenen Formen möglich. Sie basiert nicht ausschließlich auf dem „Integrationswillen“ der Einwanderer. Gerade der Verweis auf die Schwierigkeiten deutscher Auswanderer in der „Fremde“ sensibilisiert die Schüler gegen ein verkürztes und einseitiges Integrationsverständnis.

Der Titel des Moduls zeigt das multiperspektivische Potenzial der Unterrichtssequenz: Mit dem Schimpfwort „Hexenschwaben“ belegte eine nach dem Dreißigjährigen Krieg eingewanderte Schweizerin die ihr offensichtlich fremd gebliebenen (katholischen) Einwohner eines oberschwäbischen Dorfs. „Schermaus-Italiener“ nannten die Einheimischen scherzhaft italienische Saisonarbeiter, die um 1900 zum Bau der Eisenbahn auf die Schwäbische Alb kamen. Die beiden Begriffe thematisieren also den Blick sowohl der Einwanderer als auch der Aufnahmegesellschaft auf die für sie in gewisser Weise „Fremden“.

Durch den starken Gegewartsbezug ist das Modul auch für den Gemeinschaftskundeunterricht interessant.

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -