Jüdische Lebenswelten in Hohenzollern und am Oberen Neckar (1871-1933)

Hintergrund

Bedeutung


Als Einstieg in das Thema dient eine Collage, die aktuelle Straßenszenen aus den drei Gemeinden nebeneinanderstellt. Im Vordergrund sind historische Aufnahmen von jüdischen Bürgern aus diesen Gemeinden zu sehen. Der bewusst analoge Charakter der Collage – hier wurde nicht mit Bildbearbeitungsprogrammen gearbeitet, sondern mit Schere und Papierkopien – soll zu Fragen nach den Zusammenhängen anregen und die Bewusstmachung des Verlustes eines jahrhundertelangen christlich-jüdischen Zusammenlebens in südwestdeutschen Gemeinden vorbereiten. Die fiktive „Straße in Hohenzollern und am Oberen Neckar“ versammelt einige der in den Arbeitsblättern porträtierten Personen und zeigt Aspekte und Bereiche jüdischer Lebenswelten in der Region.

In Gruppenarbeit werden die Materialien ausgewertet und präsentiert; die unterschiedliche Komplexität der Texte eröffnet Möglichkeiten zur Differenzierung. Diese kann auch über die Wahl eines (alternativen) Unterrichtsarrangements erreicht werden.

Das Modul ist für die Sekundarstufe I angelegt, kann aber auch in Sek. II behandelt werden. Diskussionen, Ergebnisse, Reflexionen etc. erfolgen dort auf einem fortgeschrittenen Niveau.

Das Arbeitsblatt D2 zum weiteren Schicksal der Porträtierten nach 1933 richtet sich – für die Sekundarstufe I – vor allem an die Lehrkraft. Wie detailliert diese das Schicksal der im Holocaust ermordeten Personen wiedergibt, muss individuell entschieden werden. In der Sek. II kann das Blatt an geeigneter Stelle an die SuS ausgegeben werden.

Die Materialien können selbstverständlich auch außerhalb des vorgeschlagenen Stundenvorschlags verwendet werden. Ein interessanter Kontext ist hier das Thema der individuellen Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte durch jüdische Personen, die rechtzeitig aus NS-Deutschland fliehen konnten. Neben den Aussagen von Ruth Salomon, Alfred Weil und Grete Model ist hier vor allem das Interview mit Ruth Ben-David zu erwähnen, das auszugsweise in der Sek. I und vollständig in der Sek.II angeschaut und ausgewertet werden kann.

Prozessbezogene Kompetenzen
Vor allem in der Einstiegsphase wird durch die Straßencollage, die historische Personen- mit aktuellen Straßenaufnahmen kombiniert, die Fragekompetenz aktiviert. Wer die in das vertraute Gemeindebild des 21. Jahrhunderts hineinmontierten historischen Personen waren, wie sie lebten, welche Stellung sie am Ort hatten etc., sind Fragen, die sich beim Betrachten der Collage einstellen. Es ist davon auszugehen, dass auch nach dem weiteren Schicksal der Personen gefragt wird bis hin zur übergeordneten Frage, warum es heute dieses jüdische Leben an den Orten bzw. in Deutschland nicht mehr gibt (Orientierungskompetenz).

Aus der Collage und dem Bezug zu den realen Orten Haigerloch, Hechingen und Rexingen mit ihren vielfältigen Spuren jüdischen Lebens ergibt sich über den Gegenwartsbezug eine Förderung der Orientierungskompetenz: Eine Exkursion an diese Orte kann hier anknüpfen. Darüber hinaus kann nach Spuren jüdischen Lebens am eigenen Schul- oder Wohnort gefragt und das Thema in den Familien bzw. im Bekanntenkreis der Schüler vertieft werden.

Wichtig im Hinblick auf den Umgang mit tradierten und auch von den Schülern mitgebrachten stereotypischen Vorstellungen über „die Juden“ in der deutschen Gesellschaft vor 1933 ist die Förderung der Reflexionskompetenz. Es ist eines der vorrangigen Ziele des Moduls, die Schüler zur Gewinnung einer differenzierten Betrachtung jüdischer Lebenswelten zu führen. Den Stereotypen soll die historische Realität in ihrer Pluralität und Komplexität entgegengestellt werden.

Leitperspektiven
Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)

 


 - Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -