Alamannen auf der Baar – zwischen römischen Hinterlassenschaften und neuen Einflüssen

Hintergrund

Bedeutung


Es ist eine Zeit zwischen den Epochen: die Zeit der Alamannen im heutigen Südwestdeutschland löste das römische Zeitalter ab und es entstand allmählich eine neue soziale und politische Ordnung. Gerade Funde der Alamannenzeit aus dem Kreis Tuttlingen machen diese Zwischenzeit, den Untergang des römischen Imperiums und die Entstehung neuer Machtstrukturen deutlich.

In Wurmlingen bei Tuttlingen fand man in und um eine kleine römische Gutshofanlage Spuren germanischer Siedler.

Das Besondere ist die Nutzung der römischen Mauern durch die Germanen, die hier nachweislich ein Grubenhaus in eine kleine römische Badanlage integrierten. Lange ging man davon aus, dass die Germanen die römischen Steinbauten nicht für eigene Zwecke nutzten, die Fundlage in Wurmlingen ist hierfür ein Gegenbeweis. Als Verbündete der Römer halfen angesiedelte Germanenstämme, die Grenzen des Imperium Romanum an Rhein und Donau zu sichern (ab ca. 290 n. Chr.). Die römischen Siedler hatten den Gutshof in Wurmlingen verlassen, doch wurden in einer germanischen Fundschicht römische Münzen gefunden. Daraus wird in der Forschung der Schluss gezogen, dass auch in Wurmlingen bewusst Germanen zur Kontrolle eingesetzt wurden. Für alamannische Siedler war es attraktiv eine ehemalige römische Gutshofanlage zu besiedeln, denn es konnte Altmetall für eigene Zwecke eingeschmolzen und wieder verarbeitet werden. Auch die Wasserversorgung war gegeben.

 
B4: Grundmauern der Wurmlinger Badanlage mit rekonstruierten Pfosten des alamannischen Holzbaus

In der Folgezeit treten Alamannen einmal als Verbündete der Römer auf und auch wieder nicht. Gerade diese wechselvolle Beziehung macht deutlich, dass das Imperium langsam an Einfluss verliert und die Germanen aber noch keine festgefügte gesellschaftliche und politische Struktur haben.

Neue, christliche Einflüsse bei den Alamannen zeigen Funde aus Oberflacht (Kreis Tuttlingen). Berühmt wurde die Fundstelle, da organisches Material sehr gut erhalten war. Unter den Textilien hatte sich ein seidenes Aufnähkreuz erhalten, das vermutlich ein Import aus dem byzantinisch-ostmediterranen Raum war. Besonders ist, dass sich dieses Kreuz in einem Baumsarg mit doppelköpfiger Schlange befand (ca. 570 n. Chr.). Hier zeigt sich eine Verschmelzung von heidnischen und christlichen Vorstellungen.

 
B5: Baumsärge, die in Oberflacht gefunden wurden, links ein Kindersarg, aus: Ade, D., Rüth, B., Zekorn, A., Alamannen zwischen Schwarzwald, Neckar und Donau, Stuttgart, 2008, S. 113.

Einblicke in Kultur, Handwerk und Bestattungsritus bietet das sogenannte „Sängergrab“, aus Trossingen, das im Winter 2001/2002 gefunden wurde. Grab 58 bot reiche Holzbeigaben, darunter eine fast vollständig erhaltene Leier. Der Mann wurde vermutlich im Herbst 580 n.Chr. beerdigt. Der Tote ruhte in einem gedrechselten Rahmenbett, das zu einem geschlossenen Sarg verwandelt worden war. Es wurden Spatha, Schild und Lanze ins Grab gelegt. Zudem wurden Textilien gefunden, die aus dem Mittelmeerraum importiert worden waren.

Die Vorderseite der Leier zeigt zwölf alamannische Krieger. Da es sonst kaum figürliche Darstellungen der Alamannen gibt, ist die Leier allein deshalb schon besonders. Darüber hinaus vermengen sich hier nach gängiger Interpretation christliche und pagane Motive, so dass sie sich besonders für eine kritische Interpretation durch die Schülerinnen und Schüler eignet. Die Herkunft der Leier aus dem fränkischen Metz unterstreicht die zunehmende Einbindung in das Frankenreich.

 

B6: Zeichnung des Resonanzdeckels der Leier von Trossingen Grab 58

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -