Einführung der Reformation „von oben“ in der Amtsstadt Schorndorf – „Gotsforcht, Erbarkeit unnd Zucht“ im evangelischen „Musterstaat“ Herzog Christophs
Hintergrund
Zeittafel
Übersicht:
Um 1500:
Vor der Reformation – Das katholische Schorndorf im Herzogtum Württemberg
Volksglaube – Volksaufstände – Fremdherrschaft
Wohlstand durch Wein- und Salzhandel
Schorndorf, Amtsstadt der Grafen und Herzöge von Württemberg (ab 1496)
„Spendet … seid treu im Glauben … gnädigst nachzulassen“
Religiöses Leben – Tief verwurzelte Frömmigkeit
Volksaufstände, Vertreibung des Herzogs, Fremdherrschaft der Habsburger
1534:
Rückkehr des Herzogs, Ende der Fremdherrschaft, Schorndorf wird evangelisch
Visitationen: Bestandsaufnahme und Kontrolle
Wer ist für die Reformation?
„… gen Stutgarten geantwurt …“ – „ … übern hauffen geworffen“
Schorndorfer Kirchenschätze
Der „Armenkasten“
Neuorganisation der Armen- und Krankenfürsorge
Schorndorfs wird Festungsstadt
1548 - 1551:
1550 - 1568:
„Gotsforcht, Erbarkeit unnd Zucht“
Wer Herr im Haus ist, bestimmt über den Glauben!
„ …nit allein die Knaben/sonder auch Doechterlin zuor Schuol geschickt“
Bildungsoffensive – Große Württembergische Kirchenordnung
Wolfart – "… ein gemein gleich Landtmeß vnd Eych“
Förderung des Handels und Stabilisierung der Staatsfinanzen
„Christenlichs/Gottseligs/ … züchtigs/unstraefflich Leben“
Mit dem Glauben Staat machen
Um 1500
Vor der Reformation – Das katholische Schorndorf im Herzogtum Württemberg
Volksglaube – Volksaufstände – Fremdherrschaft
Wohlstand durch Wein-, Getreide- und Salzhandel
Schorndorf, Amtsstadt der Grafen und ab 1496 der Herzöge von Württemberg
Hohe Steuerkraft der Handelsstadt mit ihren knapp 2500 Einwohnern und bedeutende Stellung im Herzogtum Württemberg (Vierter Rang nach Stuttgart, Tübingen und Urach).
Herrschaft in der Amtsstadt Schorndorf
Zuständigkeit des Vogts (Vertreter des Herzogs) Georg von Gaisberg: Einzug der Steuern, Wehrwesen, hohe Gericht (Blutgericht) und für die Verwaltung …
Vertretung im Rat der Stadt: Mitglieder der Oberschicht, die sog. „Ehrbarkeit“.
Spendet, seid treu im Glauben, 100 Tage im Fegefeuer können erlassen werden
Religiöses Leben – Tief verwurzelte Frömmigkeit
Mittelalterliche Lebenswelten: Himmel und Hölle Abb. 2: Marienkapelle: Maria mit Kind Abb. 3: Wasserspeier, den Teufel bannen |
1477 – 1511
Bau der Stadtkirche Finanzierung der Kirchenbaus und Bau des Turms durch päpstliche Ablässe.
„… welche zu solchem Bau hülffliche Handreichung thun werden, …100. Tag von den ihnen aufgelegten Bussen in dem Herrn gnädigst nachzulassen.“ 8
Kirchliche Einrichtungen
B3, Lageplan der kirchlichen Einrichtungen |
Umfangreiche geistliche Versorgung der Bevölkerung: Pfarrer, Prediger, Kapläne der zahlreichen in und außerhalb der Stadt gelegene Kapellen sowie die Gemeinschaft der „Seelschwestern“ der Schorndorfer Klause kümmerten sich um das Seelenheil der Menschen in der Stadt.
Versorgung der Wallfahrer und Pilger: Schorndorf war eine Station der mittelalterlichen Pilgerwegkarte Köln – Rom. Übernachtungsmöglichkeiten im Spital. Bevorzugte Andachten in der ehemaligen Marienkirche am Unteren Tor, später in der Marienkapelle der Pfarrkirche oder in der St. Georgs-Kapelle, die sich in unmittelbarer Nähe des Spitals befand.
Volksaufstände, Vertreibung des Herzogs, Fremdherrschaft der Habsburger
B4: „Der Bundtschu, Diß biechlein sagt … |
1514
„Aufruhr, der Arm Conradt genant“
Volksaufstand Armer Konrad gegen Herzog Ulrich und Tübinger Vertrag.
Schorndorf – Zentrum der Aufstandsbewegung.
Hinrichtung von 10 Anführern des "Armen Konrad" in Schorndorf auf Befehl des Herzogs im August 1514.
1518
Martin Luther und die HEIDELBERGER DISPUTATION – Verbreitung der reformatorischen Lehre im süddeutschen Raum u.a. durch die Studenten Brenz, Schnepf, Bucer
1519
Vertreibung von Herzog Ulrich aus Württemberg durch den Schwäbischen Bund
Verhängung der Reichsacht über Herzog Ulrich durch Kaiser Karl V.
1520 – 1534
Verfügung Kaiser Karl V.: Herrschaft der österreichischen Habsburger über das Herzogtum Württemberg
Um 1520
Verbreitung der Ideen Luthers im Remstal durch reisende Buchhändler
1521
Reichstag zu Worms: Verhängung der Reichsacht über Luther
Verbot seiner Werke und Verbreitung seiner Schriften
1524
Lutherische Büchlein in Schorndorf
Verhaftung des Wanderhändlers Hans Schmid in Schorndorf. Anklageerhebung, Schwur der ‚Urfehde‘, da er „ … etliche lutherische Büchlein unter die Leute gebracht und sich nach Kräften für die Ausbreitung dieser Lehre eingesetzt hatte …“ (T 1)
1525
Bauernkrieg in Württemberg
Herzog Ulrich an der Seite der Bauern. Erfolgloser Versuch der Rückgewinnung des Herzogtums Württembergs
März – April 1525
Bauernaufstände auch im Remstal
Zerstörung der Klöster Engelberg (Winterbach) und Adelberg (teilweise)
11.11. 1531
Einführung der Reformation in der 30 km von Schorndorf entfernten Reichsstadt Esslingen durch Beschluss des Bürgermeisters und des Rats
1532
Verbot nach Esslingen zu gehen und evangelische Predigten zu hören
1534
Einführung der Reformation in der Amtsstadt Schorndorf durch Herzog Ulrich
Rückkehr des Herzogs, Ende der Fremdherrschaft, Schorndorf wird evangelisch
B5: Herzog Ulrich von Württemberg (1487 - 1550) Holzschnitt um 1545 |
13. Mai 1534
Schlacht von Lauffen am Neckar. Sieg der hessischen Truppen unter der Führung des evangelischen Landgrafen Philipp von Hessen über die katholischen Habsburger.
Folgen für das Herzogtum Württemberg:
- Ende der Fremdherrschaft der österreichischen Habsburger
- Erneute Machtübernahme durch Herzog Ulrich mit Unterstützung des hessischen Landgrafen unter dessen Schutz er seit 1527 stand
- Sofortige Einführung der Reformation
16. Mai 1534
Erster evangelischer Gottesdienst in der Stiftskirche Stuttgart
September 1534
Beauftragung des Theologen Erhard Schnepf mit der Durchführung der Reformation in den nördlichen Teilen des Herzogtums
Einführung der Reformation in Schorndorf
1534/1535
Visitationsbesuche von Erhard Schnepf
Treffen mit den Geistlichen der Stadt. Information über die Absichten des Herzogs und Befragung „Wer ist für die Reformation?“
- Zum evangelischen Glauben bekannten sich:
Kaplan Kindsvater: Versetzung auf die Pfarrei Schornbach
Kaplan Konzmann: Ernennung zum Diakon, für Haubersbronn zuständig
Prädikant Bertsch: Beibehaltung seiner Predigerstelle
(1538: Ernennung zum Stadtpfarrer auf Wunsch der Schorndorfer Bevölkerung)
- Den neuen Glauben nicht annehmen wollten:
Pfarrer Schertlin: Wegzug aus dem Herzogtum, Neustart in einem katholischen Gebiet
Kaplan Leinecker: Versetzung ins Kloster Maulbronn, das zu einem Sammelkloster für alle
alte Geistlichen wurde, die sich nicht zum neuen Glauben bekennen wollten.
- Kompromisslösungen:
Ämterverzicht von vier betagten Kaplanen, die eine lebenslange Rente erhielten.
- Reduzierung der bisher vierzehn geistlichen Stellen auf vier.
(Stadtpfarrer Himmelberger aus Kempten, Diakon Konzmann, Pfarrer Kindsvater sowie
Prediger Bertsch, dessen Stelle – wie die Jahre zuvor – aus einer städtischen Stiftung
bezahlt wurde)
- Teilweise Einzug des Vermögens der aufgehobenen Stellen durch den Staat
Verbleib des restlichen Teils in der Stadt zur Unterstützung des Spitals
- Bezahlung fester Gehälter in Geld- und Naturalleistungen für Pfarrer und Prediger
(Verbesserung gegenüber den vormals schwankenden Einkünften)
Keine größeren Vorbehalte gegen diese Maßnahmen im Rat der Stadt und in der Bevölkerung. Positive Grundstimmung gegenüber der Lehre Luthers durch die Verbreitung seiner Schriften im Remstal trotz scharfer Maßnahmen der Habsburger gegen die „lutherische Sect“.
Zufriedenheit über die Beendigung der Fremdherrschaft der österreichischen Habsburger.
Erinnerungen an die blutige Niederschlagung des Aufstands „Armer Konrad“ vor 20 Jahren durch den Herzog waren verblasst.
Frühjahr 1535
Verbot des Messgottesdienstes.
Einzug der Kirchenschätze (Messkelche und Messgewänder wurden überflüssig)
Juli 1535
Neue Klosterordnung
für die 14 Männer- und 12 Frauenklöster in Württemberg
„Es hatt der tausendt listig Sathan under dem Schain ains Engels des Liechts sonnderlich bey den closterleutten … vilfaltig eingedrungen …“ 1
Konsequenzen:
- Aufhebung der katholischen Kirchenkonvente in Württemberg
- Einzug des Klostervermögens
- Vergrößerung des württembergischen Territoriums um rund ein Drittel
Gewissensentscheidung der Mönche und Nonnen: Lossagen vom alten Glauben und im Kloster bleiben oder außer Landes in ein Kloster ihres Ordens abwandern?
27. – 28. Juli 1535
„… gen Stutgarten geantwurt …“
Schorndorfer Kirchenschätze
Nach Stuttgart gebracht, eingeschmolzen und in die herzoglichen Münze verarbeitet wurden: 1 silberne Monstranz, 1 silbernes Rauchfass, 2 silberne Messkännchen, 12 silberne silberne und goldene Messkelche und weitere Gefäße … (T 2)
Verkauf der Messgewänder zugunsten des Armenkastens
1535 – 1537 (1590)
„… die Büldstürmer habens übern hauffen geworffen …“
Plünderung, Rettung, Zerstörung:
Plünderung eines Großteils des Figurenschmucks im Innern und Äußern der Stadtkirche.
Proteste der Stifter, zumal die Stiftungen kaum mehr als eine Generation zurücklagen.
B6: Nischen ohne Statuen an der Nordseite der Stadtkirche Schorndorf |
Einlagerung des teilweise mutwillig beschädigten Figurenschmuckes (abgeschlagene Nasen, Arme und Beine) und der Heiligenbilder auf dem Dachboden des Spitals.
Rettung der Madonna-Figuren:
Die „Stuttgarter Madonna“ wurde nach Hofen (bei Stuttgart), das zum Besitz des Grafen von Neuhausen gehörte, außer Landes gebracht.
Die ‚Schorndorfer Madonna‘ wurde vermutlich von den beiden Riedlinger Seelschwestern der Schorndorfer Klause zu den Franziskanerinnen ins 90 km entfernte Unlingen gebracht.
B7: Muttergottesstatue |
Zerstörung des Sakramentshäuschens im Chor der Stadtkirche:
„Ahn der Wand gegen Mitternacht … ist gestanden ein sehr schön Sacramentheußlin, von
reinem Stainwerckh … mit laubwerckh und Bildern … Aber die Büldstürmer habens übern
hauffen geworffen ...“ 5 (David Wolleber um 1590)
Lediglich das Chorgewölbe in der Marienkapelle der Stadtkirche mit der Wurzel-Jesse Darstellung wurde nicht Opfer der Bilderstürmer.
B8: Marienkapelle, Deckengewölbe mit der Wurzel Jesse, 1506 |
1536
„Vater unser …“ Neue Kirchenordnung – Festlegung durch den Herzogs
Regelfall des Gottesdienstes: Predigergottesdienst auf Deutsch auf der Grundlage der Bibel als einzige Lehrnorm (Sola scriptura).
Besonderheit: Gebete für die Obrigkeit und positive Bewertung des Staates
Gründung Tübinger Stift
Ausbildung begabter Landeskinder zu evangelischen Pfarrern
(Rektor der Universität Tübingen war der in Schorndorf geborene Mediziner und Philosoph Jakob Schegk, genannt Degen)
13. Dezember 1537
Erneuter Visitationsbesuch von Erhard Schnepf in Schorndorf
Der ‚Armenkasten‘ – Neuorganisation der Armen- und Krankenfürsorge
Vor der Reformation: Zuständigkeit des Sozialunternehmens ‚Spital zum Heiligen Geist‘ (Gründung vor 1420) für die Versorgung der Alten in Schorndorf. Darüber hinaus war das Spital ein sehr erfolgreiches Wirtschaftsunternehmen, das im Laufe der Zeit fünf der sechs Schorndorfer Keltern besaß, einen u.a. Großteil des Weinhandels abwickelte und Kredite und Darlehen vergab.
1537 Neuorganisation:
Einführung des ‚Armenkastens‘, als zentrale Kasse für die Versorgung der Armen und Kranken in Stadt und Amt Schorndorf.
In den ‚Armenkasten‘ – auch ‚Gotteskasten‘ genannt – wurde das örtliche Kirchenvermögen, die Einkünfte aus den Almosen der Kapellen und einiger Handwerkerbruderschaften sowie die Einnahmen aus dem Stiftungsvermögen einbezahlt.
Weitere Pfründe wurden zugunsten des Herzogs eingezogen.
Folgende Maßnahmen wurden aus dem Armenkasten finanziert:
- Kosten für Arme und Kranke in den verschiedenen Einrichtungen
a) Spital: Altersheim, das z.B. 1537 mit 31 reichen ‚Pfründnern‘ (hatten sich
dauerhaft mit Geld, Wertpapieren oder Grundstücken eingekauft) und 12 armen
Insassen (wurden um ‚Gotteslohn‘ aufgenommen) belegt war.5
Zudem gab es ‚Siechstuben‘ für Kranke im Spital.
b) Waisenhaus: In ihm lebten 1537 10 Waisen
c) Sondersiechenhaus: Für u.a. Leprakranke.
Lag außerhalb der Stadt und war organisatorisch mit dem Spital verbunden.
- Ausgaben für das Kirchengebäude und für die Schulmeister, die nun eine feste
Besoldung erhielten
1538 – 1544
Ausbau Schorndorfs zur Festungsstadt unter Herzog Ulrich
Militärische Großprojekte zur Landesverteidigung: Ausbau der Burgen Hohenurach, Hohentübingen Hohenasperg, Hohenneuffen und Hohentwiel und der Städte Kirchheim/Teck und Schorndorf zu Landesfestungen.
Bis zum Bau des Ludwigsburger Schlosses war der Ausbau Schorndorfs zur Festungsstadt das größtes und mit ca. 280 000 Gulden (heute ca. 28 Mio. Euro) das teuerste Bauvorhaben im Herzogtum.
Zum Bau der Festungsanlage wurden u.a. die Steine des im Bauernkrieg zerstörten Klosters Engelberg, des Adelberger Klostergebäudes und der zahlreichen Schorndorfer Kapellen verwendet.
B2: Festungsstadt Schorndorf Federzeichnung von Andreas Kieser zeigt den modernisierten Zustand von 1686 |
Beschwerden über die Schorndorfer Seelschwestern:
„ … sich unseren christenlichen evangelischen ordnung zu halten gar nit befleissen,
weder zur predig noch unsers hern Nachtmal zu geen schicken“. 11
1560 besuchten die drei verbliebenen Seelschwestern die Predigten, nicht aber das
Abendmahl. Ihre Kutten hatten sie inzwischen abgelegt – „die kuhutten ußgethon“ 11
Einführung der Reformation von oben in der Amtsstadt Schorndorf – Fazit
Trotz vereinzelter Beschwerden stieß die von Herzog Ulrich angeordnete Reformation in Amt und Stadt Schorndorf bei großen Teilen der Bevölkerung auf weitgehende Zustimmung. Für die Schorndorfer hatte sich das geistliche Zentrum von Rom nach Stuttgart verlagert.
1548 – 1551
Zeit des Interims – Schorndorf wieder katholisch
„Vil Tyranney an unß volbracht“ – Unter spanischer Besatzung
1545 – 1563
Konzil von Trient: Katholische Erneuerung
1546 – 1547
Schmalkaldischer Krieg: Sieg der Truppen von Kaiser Karl V. gegen den Schmalkaldischen Bund (Bündnis protestantischer Landesfürsten und Städte). Unterwerfung Herzog Ulrichs unter Kaiser Karl V.
1548
Reichstag von Augsburg: Wiedereinführung der katholischen Kirchenordnung in den protestantischen Gebieten bis zum nächsten Konzil (Interim)
1548 – 1551
Besetzung der Festungsstadt Schorndorf durch spanische Truppen
Abb. 8: “Die fünf Landsknechte“, Radierung von Daniel Hopfer, um 1530 |
Einquartierung von rund 1000 Soldaten in Privathäuser. Dazu „Marketender, Troß und Weiber“, insgesamt 1400 Personen und rund 200 Pferde.
Folgen für die Bevölkerung:
- Massive Gewalttaten der spanischen Besatzer. Erfolglose Beschwerden der Städte
Schorndorf und Kirchheim/Teck bei Kaiser Karl V.
- Entlassung der evangelischen Pfarrer, die das Interim nicht annehmen wollten.
- Vom Predigergottesdienst in deutscher Sprache zur lateinischen Messe –
Wiedereinführung der Messgottesdienste in der Stadtkirche.
Wenn nicht, drohte der spanische Befehlshaber dem Katechisten aus Geradstetten
„…[ihn] gen Schorndorf [zu] führen und uff dem Markt zu Bulfer verbrennen lassen …“ 5
- Wiederverwendung der in Schorndorf verbliebenen Kelche, Messgewänder und unbeschädigten Statuen
1550
Herzog Ulrich †
15. Oktober 1551
Abzug der spanischen Besatzung aus Schorndorf
Bürgermeister Johann Schmidlapp über den Abzug der Spanier:
„ … Vil Tyranney an unß volbracht Drei Jar, acht Woch blibens allhie …
Der Sünden Schuld macht unß solich Müeh
Lob gesagt von warem Hertzen Grundt
Das wür erlebt han diese Stundt.“5
Anmerkung:
„Schön ist der Krieg nur für den, der ihn nicht kennt“5
Der Schorndorfer Schertlin von Burtenbach,
ein berühmter Landsknechtführer und Kriegsunternehmer im 16. Jahrhundert
Abb. 9: Sebastian Schertlin von Burtenbach |
1550 – 1568
Württemberg unter Herzog Christoph – Ein evangelischer „Musterstaat“
B9: Das “hochlöbliche Herzogthum Wirtenberg“ 1559, |
„Cuius regio, eius religio“
Wer Herr im Haus ist, bestimmt über den Glauben!
1551
„Confessio Virtembergica“ – Württembergische Bekenntnisschrift
Diskussionsbeitrag für das Konzil von Trient 1552
Verfasst von Johannes Brenz (Berater von Herzog Ulrich und Herzog Christoph)
1552
Abschaffung der Messe in Württemberg
1553
Neue Kirchenordnung: Landesherr nun auch Landesbischof seiner Kirche
Regelungen für den Gottesdienst und den Katechismus (Religiöse Unterweisung in Kirche, Familie und Schule)
1555
Augsburger Religionsfriede
Regelungen für ein friedliches und dauerhaftes Nebeneinander von Luthertum und Katholizismus im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Festlegung: „Cuius regio, eius religio“ – der Landesherr bestimmt die Religion seiner Untertanen. Recht der Untertanen in ein Territorium ihres Glaubens auszuwandern.
„ …nit allein die Knaben/sonder auch Doechterlin zuor Schuol geschickt“
Bildungsoffensive – Große Württembergische Kirchenordnung
Ab 1556
Klosterschulen – „Pflanzstätten“ für Schule und Verwaltung
B10: Herzog Christoph von Württemberg (1515–1568) |
Umwandlung von 13 Männerklöstern in 9 „niedere“ Klosterschulen (u.a. Adelberg, Lorch)
und vier „höhere“ Klosterschulen (u.a. Maulbronn, Bebenhausen, Hirsau, Herrenalb).
„ … das darinn das Studium der hayligen göttlichen schrift geübt, der recht Gottes dienst glert und gelernt würde, damit die Closter personen nicht allein zu irem aigen besonderen hayll, sonder auch zu dem dienst unnd ambtern der gemeinen, christlichen Kirchen auffertzogen werden möchten.“3
Stipendien für 200 begabte Landeskinder. Allerdings, kein Zugang für Mädchen zum höheren Bildungswesen.
1559
Große Württembergische Kirchenordnung – Meilenstein der Bildungsreform
(Schulsystem des Landes: Sieben der 19 Einzelordnungen)
Regelungen für das Schulsystem:
- Verantwortung für die Bildung der Landeskinder übernehmen die Städte und das Land
(vorher Kirche).
- Einrichtung von „Deutschen Schulen“
Grundschule für alle Kinder, getrennte Unterrichtung der Mädchen und Jungen
im gesamten Herzogtum, um den Bildungsstandard des ‚gemeinen Volkes‘ zu heben.
Schließlich sollten die Landeskinder die Bibel lesen und verstehen können.
(1559: 156 Latein- und deutsche Schulen – Beginn 17. Jh. 400 Deutsche Schulen)
Amtsstadt Schorndorf:
Einrichtung der ‚Deutschen Schule‘ im Nebengebäude der seit 1357 bestehenden
‚Lateinschule‘ (Schule für Knaben reicher Bürger), die mit ihren ca. 90 Schülern nach
Stuttgart und Tübingen die drittgrößte Schule im Land war.
- Eliteförderung über zwei Bildungswege
Geistliche Berufe: Lateinschule, Klosterschule, Universität Tübingen (Stift) –
Theologiestudium
Weltliche Berufe (Höhere Verwaltungsbeamte): Lateinschule, Pädagogium in Stuttgart
oder Tübingen, Universität Tübingen (Stift) – Studium der Rechtswissenschaft und
andere Fächer
- Klosterschulen
Stärkere Betonung des ‚normalen‘ Schulunterrichts
- Weiterbildungsschulen
Schreib- und Rechenschulen: Schulzentren für Schreiber und Rechenmeister
in Stuttgart, Tübingen, Urach
Verwaltungsschulen für den gehobenen und höheren Dienst für Räte und Amtleute
- Fördersystem
20 Stipendiate für adelige Landeskinder
10 Stipendiate für Auslandsreisen, um „frembde Sprachen zu lernen“
Übernahme der Schulordnungen Württembergs u.a. in Kursachsen
Wolfart – "… ein gemein gleich Landtmeß vnd Eych“
Förderung des Handels und Stabilisierung der Staatsfinanzen
1553/1565
Zustimmung des Landtags (Städte, Prälate, Adel) zur Übernahme von Staatsschulden
1557
„Ein Maß in allen Teilen des Landes“ – Wirtschaftsförderung
Beispiel Eichordnung: Erschwerte Handelsbedingungen durch unterschiedliche Maße für Waren und Güter in Württemberg.
Beseitigung der Handelshemmnisse durch den Erlass einer Eichordnung – ein Maß (Gewichte, Größe und Mengen) in allen Teilen des Landes.
B11: Hoheitliche Eichgefäße mit den württembergischen Hirschstangen |
„Christenlichs/Gottseligs/ … züchtigs/unstraefflich Leben“
Mit dem Glauben Staat machen
1559
Große Württembergische Kirchenordnung
Enge Verknüpfung von Kirche und Gesellschaft.
Regelungen aller Bereiche des kirchlichen Lebens und vieler Bereiche des
gesellschaftlichen Lebens in 19 Einzelnormen
Sittliche und moralische Erziehung der Landeskinder durch Förderung eines gottgefälligen
Lebenswandels, der Wohlfahrt und der Beseitigung von „unordnung“.
Beispiele:
- Neuregelungen zur Eheschließung und -scheidung durch ein Ehegericht des Herzogs
(bisher bischöfliche Gerichte)
- Verordnungen gegen Sektierer, Zauberer, Verordnungen für Leib- und Wundärzten usw.
- Straftatbestände: Fluchen, Gotteslästerung, übermäßiges Trinken und Glücksspiel in
Gasthäusern
Die Bestrafung dieses „gottlosen Lebenswandels“ erfolgte auch noch Jahrhunderte
später. In Schorndorf wurden beispielsweise 1648 für verbotenes Tanzen und Trinken 10
Gulden Strafe für den Wirt und mehrere Tage Gefängnis für die Gäste und Spielleute
angedroht. 1728 wurde für „Fressen, Saufen, Fluchen“ der Schmied Rieckhardt für drei
Tage ins Gefängnis gesteckt und auch Schuhmacher Sautter verbrachte 1762 drei Tage
und Nächte bei Wasser und Brot für Fluchen im Strafturm.
1565
Landtag: Verpflichtung des Herzogs auf das evangelische Bekenntnis und die Kirchenverfassung über seinen Tod hinaus
1568 und 1570
Herzog Christoph † und Johannes Brenz †
1579
Ausbau der Stadtkirche
B 12: Stadtkirche Schorndorf, Ostseite, Chor |
B 13: Südseite, Zwillingstreppe mit zwei Delfinen |
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.