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M. Tullius Cicero, De finibus bonorum et malorum: Über das höchste Gut und das schlimmste Übel

Cicero, De finibus 1, 67-68: Die epikureische Theorie der Freundschaft

Epikur und die Freundschaft, Teil 2, mit Übersetzung

Nur die Liebe zu den Freunden kann die Freundschaft und damit die aus ihr entstehende Lust aufrechterhalten.

Diesen Text können Sie auch ohne Übersetzung, aber mit Vokabelhilfen lesen.

67 Atque ut odia, invidiae, despicationes adversantur voluptatibus, sic amicitiae non modo fautrices fidelissimae, sed etiam effectrices sunt voluptatum tam amicis quam sibi, quibus non solum praesentibus fruuntur, sed etiam spe eriguntur consequentis ac posteri temporis. 

Und wie Hass, Neid und Verachtung gegen die Lust wirken, so sind Freundschaften nicht nur eine äußerst zuverlässige Stütze der Lust, sondern sie bringen sie auch hervor, und zwar die Lust der Freunde wie auch die eigene; und diese Lustgefühle genießt man nicht nur, wenn sie gerade gegenwärtig sind, sondern man wird auch durch die Hoffnung auf die nähere und fernere Zukunft aufgerichtet.

Quod quia nullo modo sine amicitia firmam et perpetuam iucunditatem vitae tenere possumus neque vero ipsam amicitiam tueri, nisi aeque amicos et nosmet ipsos diligamus, idcirco et hoc ipsum efficitur in amicitia, et amicitia cum voluptate conectitur.

Weil wir auf keine Weise ohne Freundschaft eine sichere und langdauernde Zufriedenheit mit dem Leben aufrechterhalten können und auch nicht die Freundschaft selbst bewahren können, wenn wir nicht uns selbst und die Freunde in gleichem Maße lieben, deshalb wird auch das Gleiche in der Freundschaft bewirkt, und es verbindet sich die Freundschaft mit der Lust.

Nam et laetamur amicorum laetitia aeque atque nostra et pariter dolemus angoribus.

Denn wir freuen uns über die Freude der Freunde genau so wie über die eigene, und ebenso leiden wir unter ihren Bedrückungen so wie unter den eigenen.

Wie die Tugend, so bietet auch die Freundschaft Schutz im Leben

68. Quocirca eodem modo sapiens erit affectus erga amicum, quo in se ipsum, quosque labores propter suam voluptatem susciperet, eosdem suscipiet propter amici voluptatem.

68. Deshalb wird der Weise gegenüber dem Freund genauso gesinnt sein wie gegen sich selbst, und die Mühen, die er für seine eigene Lust übernehmen würde, wird er auch für die des Freundes übernehmen.

Quaeque de virtutibus dicta sunt, quem ad modum eae semper voluptatibus inhaererent, eadem de amicitia dicenda sunt.

Praeclare enim Epicurus his paene verbis: 'Eadem', inquit, 'scientia confirmavit animum, ne quod aut sempiternum aut diuturnum timeret malum, quae perspexit in hoc ipso vitae spatio amicitiae praesidium esse firmissimum'.

 

Alles, was von den Tugenden gesagt worden ist und von der Art, wie sie immer mit der Lust zusammenhängen, das muss auch von der Freundschaft gesagt werden. Großartig hat dies Epikur etwa so ausgedrückt: "Derselbe Grundsatz, welcher die Seele dazu bestimmt hat, kein Übel als ein ewiges oder anhaltendes zu fürchten, lässt auch erkennen, dass während der Dauer dieses Lebens der Schutz, den die Freundschaft bietet, der festeste ist."

 

De finibus 1, 67-68: 156 Wörter

Weiter mit De finibus 1, 69-70 (Text mit Übersetzung).


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Quelle: https://www.schule-bw.de

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