Die Gründung Karlsruhes und die Entwicklung der Stadt bis zum Jahr 1752

Kurzbeschreibung der Einheit/des Moduls

1.1 Kurzbeschreibung

Das Modul „Die Gründung Karlsruhes und die Entwicklung der Stadt bis zum Jahr 1752“ beschäftigt sich anlässlich des 300-jährigen Stadtgeburtstages mit der Gründungsgeschichte der Fächerstadt und ihrer ersten Ausbauphase. Das Modul ist in erster Linie für die Klassenstufe 7 zugeschnitten.

Das Modul fördert in einer Unterrichtseinheit von zwei Doppelstunden, in denen Arbeitsblätter mit vielfältigen und nach Niveaustufen differenzierten Aufgabenstellungen eingesetzt werden, alle prozessbezogenen Kompetenzen. Eine besonders attraktive Erweiterungsmöglichkeit bietet ein vollständig ausgearbeiteter Stadtrundgang zur Gründungsgeschichte Karlsruhes, bei dem vorgesehen ist, dass sich die Klasse nach arbeitsteiliger Vorbereitung selbst führt. Dieser Stadtrundgang liegt auch in einer zweiten Version vor, der sich primär an die Klassenstufe 10 wendet.

1.2 Zeittafel

ab 1661/68
Ludwig XIV. lässt das Jagdschloss in Versailles zu einem repräsentativen Residenzschloss ausbauen.

Das Schloss von Versailles im Jahr 1722

Das Schloss von Versailles im Jahr 1722;
Gemälde von Pierre-Denis Martin (1663-1742).
© wikipedia commons

1689
Zerstörung Durlachs, der Residenzstadt der Markgrafen von Baden-Durlach, im Pfälzischen Erbfolgekrieg.

ab 1697
Wiederaufbau von Mannheim nach den schweren Zerstörungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg. 1720 verlegt Kurfürst Karl Philipp den Hof von Heidelberg nach Mannheim und lässt das Mannheimer Schloss errichten.

ab 1698
Wiederaufbau von Durlach

1698-1714
Ausbau Rastatts zur Residenzstadt der Markgrafschaft Baden-Baden. Ab 1705 residiert Markgraf Ludwig Wilhelm nicht mehr im Neuen Schloss Baden-Baden, sondern im Schloss Rastatt.

Plan von Schloss und Stadt Rastatt, 1798.

Plan von Schloss und Stadt Rastatt, 1798.
© LMZ 302331

1699
Erneuerung der 1670 erstmals verliehenen Stadtprivilegien von Mühlburg (heute westlicher Stadtteil von Karlsruhe) durch Markgraf Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach. Die urbane Entwicklung Mühlburgs verläuft allerdings sehr schleppend.

1703
Der Wiederaufbau des Durlacher Residenzschlosses nach den sehr ambitionierten Plänen des Architekten Domenico Egidio Rossi wird eingestellt.

1709
Regierungsantritt von Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach

1711
Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach lässt in der Umgebung von Lille wegen der im Hardtwald geplanten Anlage eines Fasanengartens und Wildparks Informationen einziehen.

Kreuzer

30-Kreuzer-Münze aus dem Jahr 1738,
das das Porträt des Stadtgründers Karl Wilhelm zeigt.
© Rainer Gutjahr

ab Sommer 1714
Bau eines baden-durlachischen Jagd- und Fasanenhauses ca. 600 Meter westlich des heutigen Karlsruher Schlosses

28.1.1715
Beginn der Rodungsarbeiten für einen Jagdstern im Hardtwald. Mittelpunkt des Jagdsterns ist der heutige Schlossturm.

Frühjahr 1715
Erster Entwurf von Jacob Friedrich von Batzendorf für ein fürstliches Lusthaus in dem Haardt Wald inmitten eines radialen Alleennetzes mit 32 Strahlen.

17.6.1715
Feierliche Grundsteinlegung für den Turm des Karlsruher Schlosses am zentralen Punkt des Jagdsterns im Hardtwald. Gleichzeitig stiftet Markgraf Karl Wilhelm den Hausorden der Treue (lat. fidelitas), der 32 Mitglieder umfassen soll. Das anlässlich der Stiftung des Ordens angefertigte Protokoll spricht vom Entschluss des Markgrafen, zu dero künnftigen Ruhe und Gemüthsergötzung eine fürstliche Residenz in dem so genannten Haartwald nahe bey Mühlburg anzubauen. Schon zu diesem Zeitpunkt ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur an die Anlage einer neuen Residenz, sondern auch an die Gründung einer Stadt gedacht, die der „Peuplierung“ und der wirtschaftlichen Förderung des Landes dienen soll. Ein entsprechendes merkantilistisches Konzept vertrat vor allem der baden-durlachische Kammerprokurator Johann Georg Förderer v. Richtenfels.

24.9.1715
Erlass eines Ansiedlungsprivilegs, mit dem Zuwanderer für eine Siedlung bey und neben Dero neuerbauenden Lusthauß Carolsruhe gewonnen werden sollen. Als Bebauungsgebiet sind die neun südlichen Radialstraßen bis hin zur Landstraße Durlach-Mühlburg sowie der innere und der äußere Zirkel vorgesehen.

Erste Seite des Ansiedlungsprivilegs von 1715.

Erste Seite des Ansiedlungsprivilegs von 1715.
© Generallandesarchiv Karlsruhe Zc 448

20.11.1716
Fertigstellung des Schlossturms

Juli 1717
Erste Audienz von Markgraf Karl Wilhelm im Karlsruher Schloss.
Die markgräflichen Beamten erhalten zeitgleich den Befehl, von Durlach nach Karlsruhe überzusiedeln.

1718/19
Karlsruher Schloss weitgehend fertiggestellt

Plan von Karlsruhe,

Plan von Karlsruhe,
entworfen 1718 von Friedrich v. Batzendorf.
© StadtAK 8/PBS XVI 14

1718
Erste Bürgermeisterwahl in Karlsruhe.
Genehmigung des Karlsruher Stadtwappens durch Markgraf Karl Wilhelm. Karlsruhe wird erstmals in einem offiziellen Schreiben als Stadt bezeichnet. Verlegung der markgräflichen Behörden von Durlach nach Karlsruhe.

24.11.1719
Erste Sitzung des von der Bürgerschaft gewählten Karlsruher Stadtrats

1719:
In Karlsruhe wohnen ca. 1.000 Menschen. Vorübergehend ansässig waren zudem mehrere Hundert Tagelöhner und Bauarbeiter.

1719-1722
Errichtung der ersten evangelisch-lutherischen Kirche, der Konkordienkirche, an der Langen Straße. Gleichzeitig wird östlich von der Konkordienkirche eine reformierte Kirche erbaut. In der Kronenstraße wird bald darauf eine Synagoge eingerichtet, die Katholiken verfügten bereits seit 1718 über einen Betraum am Zirkel.

12.2.1722
Zweiter Privilegienbrief (ergänzt am 15.8.1724) für die „Residenzstatt Carlsruhe“. Dieser Privilegienbrief soll vor allem Handel und Gewerbe fördern und weitere Zuwanderer gewinnen. Weiter gesteht Markgraf Karl Wilhelm der Stadt zu, Bürgermeister, Gericht und Rat zu wählen und eine eigene Verwaltung aufzubauen.

1724
Verlegung des Durlacher Gymnasiums nach Karlsruhe

1728/29
Bau des ersten Karlsruher Rathauses an der Langen Straße westlich der Konkordienkirche. Das aus der Konkordienkirche, dem ihr vorgelagerten kleinen Marktplatz und dem Rathaus bestehende Ensemble wird zum bürgerlichen Mittelpunkt der jungen Stadt.

12.5.1738
Tod Markgraf Karl Wilhelms, seine Bestattung erfolgt in der Gruft der Karlsruher Konkordienkirche.

Plan von Karlsruhe,

Ansicht Karlsruhe von Süden;
Kupferstich von Christian Thran
mit teilweise idealisiertem Ausbaustand, 1739.
© StadtAK 8/PBS XVI 48

1746
Karl Wilhelms Enkel und Nachfolger, Markgraf Karl Friedrich, wird durch Kaiser Franz I. vorzeitig für mündig erklärt. Er verkündet nach gewissem Zögern, Karlsruhe als Residenz beibehalten zu wollen.

1750
Karlsruhe hat ungefähr 2.800 Einwohner.

1752
Erlass eines weiteren Privilegienbriefs für Karlsruhe, der auch neue Bauvorschriften beinhaltet.

1764-1773
Bau des Fasanen-Schlösschens am Standort des alten Jagd- und Fasanenhauses nach Plänen von Friedrich von Keßlau.

1771
Vereinigung der Markgrafschaften Baden-Durlach und Baden-Baden. Karlsruhe verliert hierdurch seine wenig glückliche Randlage innerhalb des baden-durlachischen Territoriums.

1772-1785
Durchführung einer Haubt Reparation des Karlsruher Schlosses nach Plänen von Friedrich v. Keßlau. In diesem Zusammenhang wird auch die dem Schloss zur Stadt hin vorgelagerte Gartenanlage aufgehoben.

1801
Friedrich Weinbrenner wird badischer Baudirektor. Gemäß Weinbrenners General-Bauplan erfolgt die Anlage der via triumphalis zwischen Schloss und Ettlinger Tor, die auch die völlige Neukonzeption des Karlsruher Marktplatzes beinhaltet. Östlich bzw. westlich des repräsentativen Marktplatzes werden die neue evangelische Stadtkirche (vollendet 1816) und das neue Rathaus (vollendet 1825) erbaut.

Situationsplan von Karlsruhe aus dem Jahr 1822.

Situationsplan von Karlsruhe aus dem Jahr 1822.
Verdeutlicht wird der Ausbau der Stadt durch Friedrich Weinbrenner.
© StadtAK 8/PBS XVI 142

1806
Baden wird Großherzogtum.

1810
Karlsruhe hat 10.597 Einwohner.

1823-25
Errichtung der Pyramide auf dem neuen Karlsruher Marktplatz über der Gruft des Stadtgründers Karl Wilhelm

Zu den Motiven von Markgraf Karl Wilhelm bei der Grundsteinlegung für den Turm des Karlsruher Schlosses am 17.6.1715 siehe D 1.


1.3 Bedeutung

Das Konzept der „Idealstadt“ hat seit der Antike Philosophen, Künstler, Architekten, Fürsten und Politiker fasziniert.

In der Frühen Neuzeit, d. h. in der Renaissance und im Zeitalter des Absolutismus, wurden in dichterer Frequenz Entwürfe zu Ideal- und Planstädten vorgelegt. Diese verfolgten den bereits von dem Humanisten, Baumeister und Architekturtheoretiker Leon Battista Alberti (1404-1472) formulierten Anspruch, die Stadt als Kunstwerk zu konstruieren, und standen infolgedessen unter den Vorzeichen von Regelmäßigkeit und Einheitlichkeit. Sie bedienten sich geometrisierender Grundrisse und bestimmter Modellhaustypen, wohinter sich gelegentlich ein sozialutopisches Konzept (Thomas Morus, Tommaso Campanella), meist aber der Wunsch verbarg, die staatlich-gesellschaftliche Ordnung architektonisch abzubilden.

Palmanova

Ansicht der 1593 gegründeten venezianischen Plan- und Festungsstadt Palmanova aus Georg Brauns und Frans Hogenbergs Civitates Orbis Terrarum, 1598. © wikipedia commons

Realisiert wurden Idealstädte seltener. Als Beispiele für das 16. und das frühe 17. Jahrhundert können das lombardische Sabbioneta, das venezianische Palmanova, das rheinische Jülich, das württembergische Freudenstadt und das kurpfälzische Mannheim aufgeführt werden.

Dreizeilenplan

Dreizeilenplan Heinrich Schickhardts für den Bau von Freudenstadt, 1599.
© Landesarchiv BW (Hauptstaatsarchiv Stuttgart)

In die Reihe der ausgeführten und erfolgreichen „Idealstädte“ sind insbesondere die im Zeitalter des Absolutismus neu gegründeten Residenzstädte zu stellen: „Versailles war das vollkommenste Beispiel, Nancy gehört zu den reizvollsten, Karlsruhe trug am genauesten Wesenszüge einer Idealstadt“ - so das Urteil des Kunsthistorikers Wolfgang Braunfels (Abendländische Baukunst. Herrschaftsform und Baugestalt. Köln 1976, S. 153).

Versailles

Gesamtansicht von Schloss und Stadt Versailles von Jean Delagrive, 1746.
Östlich des Schlosshofes strahlen als Patte-d’oie drei Alleen aus,
die das Grundgerüst des Straßennetzes der Stadt Versailles bilden.
© wikipedia commons

Nirgendwo in Deutschland lassen sich Stadtanlagen des Absolutismus besser kennenlernen als in Baden-Württemberg:
Nach dem Vorbild von Versailles wurde in Mannheim (1665/1720), Rastatt (1697/98/1705), Ludwigsburg (1704/1709/1718) und Karlsruhe (1715/1722) fürstliche Residenz und bürgerliche Stadt urbanistisch verbunden. Hierbei erzeugte die jeweilige Straßenordnung eine städtebauliche Dominanz der Residenzschlösser und schuf somit ein Abbild der absolutistischen Staats- und Gesellschaftsform.

Die Residenzstädte des Absolutismus standen noch bei der Konzeption des Straßennetzes von Washington, der Hauptstadt der ersten Republik der Moderne, Pate. Insbesondere sind Parallelen zum Fächergrundriss von Karlsruhe auffällig, dessen Stadtplan Thomas Jefferson von seiner Europareise im Jahr 1788 in die USA mitbrachte.

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -


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