Die Ambivalenz moderner Lebenswelten um 1900: Beiträge Karlsruher Juden zur Modernisierung ihrer Stadt und konservative Gegenstimmen

Hintergrund

Zeittafel

1715/1722
Privilegienbriefe, die der "Peuplierung" und Förderung Karlsruhes dienen sollen, bewegen auch Juden dazu, sich in der neugegründeten Stadt niederzulassen.

1. H. 19. Jh.
Begüterte Karlsruher Juden wie der Hoffaktor Elkan Reutlinger, der Bankier und Unternehmer David Seligmann (der spätere Freiherr von Eichthal) sowie die Bankiers Salomon von Haber und Löw Homburger sind wichtige Kreditgeber des badischen Staats, der Stadt Karlsruhe und der sich herausbildenden badischen Industrie.

1809
Die jüdische Religionsgemeinschaft wird im Großherzogtum Baden als "konstitutionsmäßig angenommenen Religionstheil" anerkannt.

1862
"Gesetz, die bürgerliche Gleichstellung der Israeliten betreffend": Die badischen Juden erhalten die endgültige rechtliche und politische Gleichberechtigung.

1869
Abspaltung der jüdischen orthodoxen Gemeinde von der liberalen Karlsruher Mehrheitsgemeinde

1871
Durch ein Brandunglück wird die Karlsruher Weinbrenner-Synagoge zerstört.

1871
In Karlsruhe leben 1.329 Juden (3,6% der Bevölkerung).

1875
Einweihung der neuen, von Josef Durm errichteten Synagoge der liberalen jüdischen Gemeinde in der Kronenstraße in Anwesenheit von Großherzog Friedrich I. und Großherzogin Luise.

ie 1875 vollendete Synagoge der Karlsruher liberalen

B 6 Die 1875 vollendete Synagoge der Karlsruher liberalen jüdischen Gemeinde. Fotographie aus dem Jahr 1896.

1881
Einweihung der Synagoge der orthodoxen Gemeinde in der Karl-Friedrich-Straße

1888
Robert Curjel (Deutscher jüdischen Glaubens) und Karl Moser eröffnen in Karlsruhe das bis 1915 bestehende "Baubüro Curjel & Moser". Curjel & Moser prägen mit ihren zahlreichen Großbauten (z. B. Christuskirche, Lutherkirche, Konzerthaus, Stadthalle) das Karlsruher Stadtbild bis heute.

B 7 Planzeichnung des Bankhauses Veit L. Homburger, 1899.

1891
Walther Bensemann, Deutscher jüdischen Glaubens, gründet den "International Football Club Karlsruhe" (IFC)

1891
Walther Bensemann gründet nach Austritt aus dem IFC den noch heute existierenden "Karlsruher Fußballverein" (KFV)

1893
Gründung des privaten Karlsruher Mädchengymnasiums in der Karlsruher Waldstraße

B 8: Walther Bensemann, Foto aus dem Jahr 1896.

B 8: Walther Bensemann, Foto aus dem Jahr 1896.

1893
Walther Bensemann gründet die "Karlsruher Kickers".

1897
Einrichtung eines gymnasialen Zugs in der Höheren Mädchenschule in der Sophienstraße (heutiges Fichte-Gymnasium)

1898
Karl Planck, Professor und Turnlehrer am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart und Anhänger der traditionellen deutschen Turnbewegung, veröffentlicht eine mit "Fußlümmelei" betitelte Streitschrift gegen den Fußballsport.

Titelblatt des Buches Fusslümmelei von Karl Planck, 1898

B 9 Titelblatt des Buches Fusslümmelei. Über Stauchballspiel und englische Krankheit von Karl Planck.

1899
Im Gebäude des heutigen Fichte-Gymnasiums legen zum ersten Mal im Großherzogtum Baden Mädchen die Abiturprüfung ab. Bei der Abiturfeier hält Rahel Goitein, Tochter des Karlsruher orthodoxen Rabbiners Gabor Goitein, die Abiturrede.

1899
Auf dem Karlsruher Engländerplatz findet das von Walther Bensemann organisierte Ur-Länderspiel Deutschland-England statt (0:7).

1900
Rahel Goitein immatrikuliert sich als erste Studentin der Medizinischen Fakultät an der Universität Heidelberg.

Rahel Goitein (Straus) als Medizinstudentin, Foto 1905

B 10 Rahel Goitein (Straus) als Medizinstudentin im Jahr 1905.

1900
Paul Julius Möbius veröffentlicht auf dem Höhepunkt der Debatte um die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium den Essay "Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes". In seinem Essay schreibt Möbius Frauen geringere intellektuelle Fähigkeiten als Männern zu.

1900
In Karlsruhe leben 2.576 Juden (2,6 % der Bevölkerung).

1905
Der Generalsekretär der antisemitischen Deutschsozialen Partei Johannes Henningsen hält in Karlsruhe einen Vortrag zum Thema "Warum ist es unverständig und warum ist es unrecht, im Warenhause zu kaufen".

1910
Der KFV wird süddeutscher und deutscher Meister. Schlüsselspieler des KFV sind Julius Hirsch und Gottfried Fuchs, beide Deutsche jüdischen Glaubens.

Meistermannschaft des KFV,

B 11 Die Meistermannschaft des KFV, Fotografie aus dem Jahr 1910. Die bekanntesten Spieler des KFV waren die Nationalspieler Julius Hirsch (untere Reihe, zweiter von rechts) und Gottfried Fuchs (untere Reihe, erster von links).

1910
In Karlsruhe leben 3.058 Juden (2,3 % der Bevölkerung).

1911
Gründung des Karlsruher Lessing-Gymnasiums für Mädchen

1912
Beim Länderspiel Niederlande-Deutschland in Zwolle (5:5) schießt der Karlsruher Julius Hirsch 4 Tore, sein Teamkollege Gottfried Fuchs erzielt beim Länderspiel Deutschland-Russland in Stockholm (16:0) 10 Tore.

1912-13
Bau des Warenhaus Hermann Tietz in der Karlsruher Kaiserstraße

Das Warenhaus Hermann Tietz in der Karlsruher Kaiserstraß

B 12 Das Warenhaus Hermann Tietz in der Karlsruher Kaiserstraße (rechts von der Badischen Landesgewerbebank),
Fotografie um 1926.

1912-14
Bau des Warenhaus Geschwister Knopf in der Karlsruher Kaiserstraße

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -


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