Einmal Nazi - immer Nazi? Der Schorndorfer Lederfabrikant Hermann Röhm

Hintergrund

Bedeutung


Nach der Weltwirtschaftskrise stand für viele deutsche Unternehmer der künftige wirtschaftliche Erfolg im Vordergrund. Die neuen politischen Machthaber ab 1933 hatten einen Aufschwung versprochen, der auch tatsächlich nach 1933 eintrat, allerdings mit dem Vorzeichen einer Kriegswirtschaft in Friedenszeiten und einer Wirtschaftspolitik, die in der gesamten Zeit des Nationalsozialismus nie das Wohlstandsniveau der Weimarer Republik erreichen konnte und dies wohl auch nie intendierte.

Viele Deutsche versprachen sich von der Mitgliedschaft in der NSDAP und anderen zugehörigen Organisationen Vorteile für ihr berufliches und gesellschaftliches Vorankommen. Ob Angestellter, Beamter oder Unternehmer, mit der Verbundenheit zu den neuen Machthabern konnte man Unannehmlichkeiten aus dem Weg gehen und Annehmlichkeiten für sich in Anspruch nehmen. Mit Sicherheit spielte der Pragmatismus, aber auch die ideologische Überzeugung bei Hermann Röhm eine Rolle, sich im Jahr 1933 für eine Mitgliedschaft in der NSDAP zu entscheiden und in den Folgejahren sich anderen NS-Organisationen anzuschließen.

Die Auswirkungen des menschenverachtenden Systems der Nationalsozialisten zeigten sich im Verlauf des Zweiten Weltkrieges im Zusammenhang mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern in der Lederfabrik Röhm. Der durch den Krieg bedingte Arbeitskräftemangel wurde durch Arbeitssklaven kompensiert und der Umgang mit selbigen zeigte die Haltung und Gesinnung des Nutznießers, in diesem Fall der Unternehmer selbst, welche in den Entnazifizierungsverfahren nach 1945 unter anderem eine entscheidende Rolle spielen konnte.

Erst im Jahre 2000, mit der Gründung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, begann man in der BRD in den Folgejahren Entschädigungsleistungen an im Ausland lebende und nicht rassistisch und politisch Verfolgte zu zahlen, die zuvor durch das Bundesentschädigungsgesetz aus dem Jahr 1953 nicht berücksichtigt wurden.

Dabei beteiligten sich deutsche Unternehmen, die massenhaft von der Versklavung der Menschen profitiert hatten, mit 5 Milliarden DM.

Mehrere interessante Aspekte lassen sich anhand der Thematik „Unternehmen in der NS-Zeit“ behandeln. Zum einen die Situation der versklavten Menschen während und auch nach der NS-Zeit. Zudem die Handlungsoptionen eines Unternehmers, der sich entscheiden konnte, wie er mit seinen Arbeitern umging und anhand dessen erkennbar er sich auch in Hinblick auf die NS-Ideologie positionierte. Zusätzlich spielt eine besondere Bedeutung der Umgang mit Profiteuren und Tätern nach 1945. Hier kann die Beschäftigung mit der im Modul erarbeiteten Thematik Impulse setzen, sich mit den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontinuitäten der NS-Zeit in der ab 1949 gegründeten BRD auseinanderzusetzen.

Die Tatsache, dass Entschädigungsleistungen ab 2001 gezahlt wurden, also 56 Jahre nach Kriegsende, kann den Schülern aufzeigen, dass die Auswirkungen der NS-Herrschaft noch lange nicht abgeklungen waren und bis heute auch in anderen Zusammenhängen nachhallen.


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Schwäbisch Gmünd -


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