St. Vitus - Grablege des letzten Ritters von Handschuhsheim

Bedeutung

Trotz seiner Eingemeindung zu Heidelberg 1903 konnte Handschuhsheim bis heute seinen dörflichen Charakter erhalten. Im Zentrum liegt die Stammburg der Herren von Handschuhsheim, die "Tiefburg".

St. Vitus

B 3  Blick von St. Vitus zur Tiefburg © Simone Heuser

In unmittelbarer Nähe liegt die wohl älteste Kirche im Stadtgebiet Heidelbergs, die katholische St. Vitus Kirche. An gleicher Stelle befand sich eine Kapelle, die bereits 774 im Lorscher Codex schriftlich erwähnt wurde und dem Heiligen Nazarius, dem Schutzheiligen des Klosters Lorsch geweiht wurde. Im Laufe der Jahrhunderte wurde St. Vitus mehrmals umgebaut.

Vituskirche

B 2  Ansicht St. Vituskirche © Simone Heuser

Eine besondere Bedeutung erhält die Kirche durch die Grablege der Ritter von Handschuhsheim und deren Epitaphien, die die Verstorbenen Ritter als Relief zeigen. Es bietet sich daher an, die St. Vituskirche zu besuchen, wenn man im Geschichtsunterricht das Thema Mittelalter behandelt. Die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel ist sehr gut, die Straßenbahnhaltestelle liegt nur wenige Gehminuten entfernt.

Einen fächerübergreifenden Aspekt bieten die reichlich vorhandenen Wappen, die in der Kirche zu finden sind. Ausgehend von dem Wappen der Handschuhsheimer, könnte man im Kunstunterricht sehr ausführlich ein Wappen nach den heraldischen Regeln anfertigen lassen.

Grabplatte

B 4  Grabplatte an der Außenwand von St. Vitus. © Simone Heuser

Das aufwändigste Grabmal, ein Meisterwerk der Hochrenaissance, zeigt Heinrich IX. von Handschuhsheim mit seiner Gemahlin Amalie, geborene Beußerin von Ingelheim. Es zeigt den bereits 1588 verstorbenen Heinrich als würdigen Herren. In Wirklichkeit verstarb er jedoch schon als Sechsundzwanzigjähriger. Er posiert in lässiger Haltung mit voller Rüstung. Die linke Hand wurde abgeschlagen, diese Beschädigung könnte entweder aus dem Dreißigjährigen Krieg, oder aus der Zeit der Französischen Revolution stammen, als an Fürstengräbern erhebliche Schäden angerichtet wurden. Für letzteres spricht die Tatsache, dass man an sämtlichen Grabmälern den Dargestellten die Nasen abgeschlagen hat.
Dem Ehepaar zu Füßen stehen ihre beiden Kinder Hans und Barbara in dem Alter, als sie den Vater verloren haben.

Epitaph Heinrich IX

B 5  Epitaph Heinrich IX. von Handschuhsheim und seine Gemahlin Amalie, geborene Beußerin von Ingelheim. © Simone Heuser

Heinrich der IX. und seine Frau Amalie waren die Eltern von Hans (Johann V.) und Barbara, den beiden letzten Vertretern des Handschuhsheimer Rittergeschlechts. Auch ihnen ist ein Doppelgrabmal gewidmet. Das Geschwisterpaar ist ebenso wie die Eltern in Lebensgröße dargestellt. Die hohe stattliche Figur des Hans von Handschuhsheim ist das genaue Gegenstück zu der Gestalt des Vaters. Nur die lang herab wallenden Locken des Sohnes geben dem Gesichte ein jugendliches Antlitz.
Das Grabmal ist gekrönt mit dem Doppelwappen Handschuhsheim/Ingelheim. Im Handschuhsheimer Schild ist der bekannte Handschuh abgebildet und im Igelheimer Wappen ein geschachtetes Kreuz.

Epitaph Johann V.

B 6  Epitaph Johann V. (Hans) und seine Schwester Barbara von Handschuhsheim. © Simone Heuser

Auf ältere Grabmäler in St. Vitus sei an dieser Stelle auch hingewiesen, für die konzipierte Doppelstunde wäre die Bearbeitung jedoch zu umfangreich.

Erfahrungsgemäß braucht es im Geschichtsunterricht wenig motivierende Argumente, wenn das Thema Ritter bzw. Ständegesellschaft im Mittelalter durchgenommen wird. Dennoch birgt die Geschichte um den tragischen Tod des letzten Handschuhsheimer ein zusätzliches Potential und lässt den regionalgeschichtlichen Aspekt in den Vordergrund treten. Schülerinnen und Schüler haben hier die Möglichkeit, durch die Auseinandersetzung mit einer historischen Persönlichkeit, einen emotionalen Zugang zu einer längst vergangenen Zeit zu bekommen.

Da sich die Begebenheit um den jungen Ritter Hans bereits in der Renaissance, also der Neuzeit, zugetragen hat, ermöglicht dies zusätzliche Anknüpfungspunkte für den weiteren Geschichtsunterricht.
Die Schülerinnen und Schüler haben nicht nur die Möglichkeit, das Leben eines Ritters mit dessen Ausbildung, Ausrüstung und Gesinnung näher kennenzulernen, sondern auch den Gebrauch und die Erstellung eines Wappens nach heraldischen Regeln zu lernen. Die Tatsache, dass man in Heidelberg über 800 Wappen an Gebäuden, Grabmälern und Denkmälern finden kann, zeigt auch hier wieder den regionalgeschichtlichen Bezug.

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -


Der Text dieser Seite ist verfügbar unter der Lizenz CC BY 4.0 International
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.