Leben in nachnapoleonischen Zeit – Der „schwarze Veri“ und die letzten Räuberbanden in Oberschwaben

Hintergrund

Bedeutung


Die Figur des Schwarzen Veri fasziniert bis heute. Als Fasnetsfigur in Ravensburg oder Kultfigur beim Biberacher Schützenfest, als Namensgeber für eine Saulgauer Buchhandlung oder für eine besonders scharfe Wurstware ist er in Oberschwaben präsent. Unzählige Anekdoten ranken sich um den oberschwäbischen Räuber.

Über das Räuberleben um 1800 herrschen heute romantische Vorstellungen. Die verklärten Bilder des freien Räuberlebens machen die Notlage der Menschen am Beginn des 19. Jahrhunderts vergessen. Damals drängten Überbevölkerung, Kriege, Klimaschwankungen und Missernten viele ins soziale Abseits. Das Leben in der nachnapoleonischen Zeit ist geprägt von Krisen und Umbrüchen: Die Säkularisierung der oberschwäbischen Stifte und Klöster trifft insbesondere die Armen. Fallen doch die Klöster als Arbeitgeber weg und die Möglichkeit nachgeborene Söhne zu versorgen entfällt. Verstärkt wird diese Armut zusätzlich durch die Industrialisierung. Baumwolle wird importiert und der oberschwäbische Leinenstoff verliert an Bedeutung. Es sind vor allem die Verlierer der Gesellschaft, die einsame Höfe in Oberschwaben überfallen, um sich und ihre Frauen und Kinder zu ernähren.

B 5  Schema: Krisen- um Umbruchszeit

 

Die Gegend um Ostrach dient den Räubern als Rückzugsort. Dort treffen die Grenzen der durch die Mediatisierung entstandenen mittelgroßen Staaten (Königreich Württemberg, Großherzogtum Baden, Fürstentum Hohenzollern) aufeinander. Für die Räuber ist es ein leichtes, zwischen den Staaten hin und her zu wechseln und sich so der Verhaftung zu entziehen.

B 7 Karte: Württemberg 1810–1945


Das heutige Bild des Schwarzen Veri ist bestimmt von verschiedenen Faktoren. Zum einen trugen ein langer aufsehenerregender Prozess und der spektakuläre Tod zur sagenumwobenen Legendenbildung bei. Xaver Hohenleiter, der schwarze Veri, starb angekettet in einen Biberacher Turm durch einen Blitzschlag.

B 1  Johann Baptist Pflug: Die Räuberbande des Schwarzen Veri


Zum anderen gehen die heutigen Vorstellungen vom Schwarzen Veri vor allem auf die Gemälde von Johann Baptist Pflug (1785-1866) zurück. Der damals weitgehend unbekannte Biberacher Provinzmaler Pflug zeigt die Räuber darin weder brutal noch roh. Seine Gruppenporträts zeigen eigentlich keine Räuberbanden, sondern Familien, freundliche Kameraden mit Frauen und Kinder.


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RPTübingen -


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