Köngen - Kastell und Dorf des römischen Grinario

Hintergrundinformationen

Zeittafel

Das heutige Köngen weist eine lange Besiedlungsgeschichte auf: Bandkeramikfunde lassen schon auf jungsteinzeitliche Siedler schließen.

Der Ortsname „Grinario“, den die Römer später übernommen haben, deutet auf eine keltische Besiedlung in vorrömischer Zeit hin. Dies wird durch Fundstücke aus dem 5./6. Jahrhundert v. Chr. bei der späteren Kastellanlage bestätigt. Aufgrund neuerer Grabungen kann von einer Siedlungskontinuität bis zur Errichtung des Kastells durch die Römer um 95 n. Chr. ausgehen.

Mit der Vorverlagerung des Limes wird Köngen um etwa 90 n. Chr. römisch: Um 95 wird ein Militärlager mit Holzgebäuden und einer Wehrmauer aus Holz und Erde errichtet, die um 120 durch eine Steinkonstruktion ersetzt wird. Durch die Militäranlage und die Lage an der Römerstraße von Bad Cannstatt nach Rottweil blüht der am Kastell gelegene vicus auf: Handwerker und Händler siedeln sich an, aber auch die Familien der Soldaten. Die besiedelte Fläche umfasst etwa 20 ha; man geht von etwa 1500 Einwohnern aus.

Mit der weiteren Vorverlegung des Limes um 150 n. Chr. verliert Grinario seine militärische Funktion, denn das Kastell wird aufgegeben und die Truppen nach Lorch verlegt. Es kommt zum Abbruch von Gebäuden, zu deren Umwidmung oder zu Neubauten. Der zivile vicus bleibt bis zur Zerstörung durch die Alamannen um 260 erhalten.
Im späten 18. Jahrhundert und ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kommt es nach wiederholten Münzfunden zu Grabungsphasen. 1885 wird die Kastellanlage systematisch freigelegt; 1977 wird die Kastellanlage unter Denkmalschutz gestellt.

Bedeutung

Das römische Grinario – das heutige Köngen – stellt im 1. und 2. Jahrhundert eine zentrale Siedlung im mittleren Neckartal dar:

Von etwa 95-150 n. Chr. hat das Kastell von Köngen eine strategisch zentrale Bedeutung im Zusammenhang mit dem so genannten Neckar-Limes; der gemischte Verband aus 120 Reitern und 500 Fußsoldaten übersieht hier weit das Neckartal.

Aufgrund der Lage an der Straßenkreuzung der Römerstraße Mainz-Augsburg und der Straße nach Rottweil ist Grinario ein wichtiger Verkehrs- und somit auch Handelspunkt.

Der angegliederte vicus hat aufgrund seiner Größe und seiner Strukturierung mit öffentlichen Verwaltungsgebäuden, Thermen, Wohn- und Handwerkerhäusern, Heiligtümern, dem Friedhof sowie römischen Gutshöfen regionale Bedeutung.

Das Modul deckt somit viele typischen Elemente der Romanisierung in SW-Deutschland ab und zeigt insbesondere, wie aus der militärischen Inbesitznahme eine zivile Besiedlung mit allmählicher Integration von alten und neuen Traditionen wurde.

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -


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