Das Wort braucht das Bild – brauchte das Wort das Bild?
– Die Reformation als Medienereignis

Methodenvorschlag

Verlaufsplanung mit Materialien

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E (G8/G9)
1. Doppelstunde

Einstieg

Schlagzeile WELT: Martin Luther wäre heute vermutlich ein Blogger

www.welt.de/sonderthemen/luther-2017/article159063912/Martin-Luther-waere-heute-vermutlich-ein-Blogger.html

Leitfrage: Inwiefern nutzten Martin Luther und die Anhänger der Reformation die Medien zu ihrer Zeit auf neuartige Weise?

     

Erarbeitung I

Arbeitsautrag zur kreativen Problemlösung: Walt-Disney-Methode in 3-er Gruppen
Ihr seid Zeitgenossen Luthers und Ihr seid der Meinung, dass diese neue Lehre unbedingt einer großen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Welche Strategien würdet Ihr anwenden?
Übernehmt nacheinander folgende Rollen:
Träumer (Einzelarbeit):
Zuerst seid Ihr alle Träumer. Der Träumer ist ein Visionär und Ideenlieferant. Er geht davon aus, dass alles möglich ist. Er sieht keine Risiken und Probleme, sondern geht von einer idealen Welt aus. In dieser Rolle darf (und soll sogar!) ohne Grenzen fantasiert werden. Versetze Dich in die Zeit Anfang des 16. Jhs. hinein und überlege Strategien der Verbreitung von Luthers Lehre. Beginne Deine Überlegungen mit folgendem Satz: „Wenn es keine Grenzen gäbe, dann würde ich ...“ Stellt Eure Ideen den anderen Gruppenmitgliedern vor.

 

AB 1

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Erarbeitung II

Realist (Gruppenarbeit): 

Nun schlüpft Ihr in die Rolle des Realisten. Überprüft alle in der Träumer-Phase gesammelten Ideen mit viel gutem Willen darauf, was im 16. Jhd. machbar war und diskutiert in der Gruppe folgende Fragen:

Falls die Ideen des Träumers umgesetzt würden, was wäre dazu nötig? Welche Schritte müssten in welcher Reihenfolge unternommen werden? Der Realist ist Pragmatiker und versucht, Wege zu finden und so viel wie möglich zu realisieren.

     

Erarbeitung III

Kritiker (Einzelarbeit):

Die letzte Rolle, die Ihr übernehmen sollt, ist die des Kritikers. Seine Aufgabe ist, Schwachstellen zu finden - nicht, die Ideen zu beerdigen. Vielmehr analysiert er die Stärken und Schwächen der bisherigen Ergebnisse. An dieser Stelle ist es nun besonders wichtig, die historischen Rahmenbedingungen in die Überlegungen mit einzubeziehen und zu fragen, was unter den damaligen Umständen tatsächlich realisierbar gewesen wäre. Stellt Eure Kritikpunkte den anderen Gruppenmitgliedern vor.

     

Auswertung

Die einzelnen Gruppen präsentieren ihre Ideen. Deren Umsetzbarkeit im historischen Kontext wird dann im Unterrichtsgespräch diskutiert.

     

2. Doppelstunde

Erarbeitung

Nun sollen die entwickelten Vorschläge den historischen Gegebenheiten gegenübergestellt werden. Arbeitsteilig sollen sich Kleingruppen mit verschiedenen Quellenarten auseinandersetzen, mittels derer die reformatorische Botschaft unter den Zeitgenossen verbreitet wurde. Einen besonderen Mehrwert erhält die Methode, wenn den Gruppen ihren selbst entwickelten Ideen entsprechende Quellen zugeteilt werden können. D. h. evtl. hat eine Gruppe bildliche Verbreitungsformen angedacht. Ihr könnten Spottbilder zur weiteren Erarbeitung zugeteilt werden. Eine andere Gruppe dachte evtl. an Musik als Vermittler. Sie könnte sich mit dem geistlichen Lied beschäftigen.

Daneben bietet sich eine binnendifferenzierte Aufgabenverteilung an. Die einzelnen Arbeitsblätter sind mit Sternchen gekennzeichnet. Diese geben Auskunft über den Schwierigkeitgrad der Quellenbearbeitung von * (leicht) bis *** (anspruchsvoll).

Arbeitsauftrag:

Setzt Euch mit Eurer Quelle mittels folgender Fragen auseinander:

Beschreibt die einzelnen Text- bzw. Bildelemente: Was ist wie dargestellt?

Erläutert die Aussage: Welche Botschaft transportiert Eure Quelle?

Beurteilt die Möglichkeiten der Verbreitung. In wessen Hände gelangte die Quelle? Welcher Bevölkerungsgruppe gehörte der Empfänger vermutlich an? Welche Wirkung hatte dieses Medium auf denjenigen, der es in die Hände bzw. vor Augen bekam? Welche Breitenwirkung konnte dieses Medium demnach entfalten?

Bewertet die Verbreitungsstrategie aus heutiger Sicht. War sie eine gelungene „Werbemaßnahme“ für die Ideen der Reformation? Habt Ihr innerhalb der Klasse ähnliche Ideen entwickelt?

 

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Auswertung

Die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse vor der Klasse. In der Zusammenführung der Ergebnisse sollte die Erkenntnis gewonnen werden, dass die Verbreitungsformen vielfältig waren und verschiedene Sinne ansprachen. Um unterschiedliche Rezipientengruppen zu erreichen, wurden alle im 16. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Medien ausgeschöpft.

Als weiterführender Impuls kann ein Zitat das aktuellen Herrenberger Dekans Eberhard Feucht, das im Zusammenhang mit einer Würdigung des Mömpelgarder Altars geäußert wurde, dienen: „Das Wort braucht das Bild“. Brauchte das Wort das Bild?

Dieser heutigen Einschätzung kann man eine Äußerung Ludwig Hätzers von 1523 gegenüberstellen: „Die Bilder sind die Bücher der Laien. (…) Willst Du Gott kennenlernen, dann lies die Heilige Schrift, die gibt Zeugnis von ihm.“ Wie kommt es, dass trotz der Bilderfeindlichkeit vieler Reformatoren so häufig Bilder genutzt wurden, um deren Botschaft zu verbreiten?

 

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Problematisierung

Im Rückbezug zur Leitfrage sollen die Lernenden diskutieren, inwiefern sich Reformation und Medienrevolution gegenseitig bedingten. Die Frage, ob die Erfindung des Buchdrucks entscheidend für die Breitenwirkung der Reformation war, sollte dahingehend relativiert werden, dass es eine Wechselwirkung beider Entwicklungen, der religiösen und der technischen gab. Auch hierfür kann ein Zitat aus der Forschung als Impuls genutzt werden.

 

AB 9

 

Transfer

Die Rolle der Medien, ihre Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Rezipienten bleibt aktuell. Insofern sollte auf jeden Fall ein Transfer angestrebt werden unter der Fragstellung: Inwiefern beeinflussen die Medien die Menschen heutzutage? Welche Mittel machen sie sich zunutze? Lassen sich diese mit denen der Reformationszeit vergleichen? Wichtig wäre, für diese Phase den tagesaktuellen Bezug zu suchen. Unter der Fragestellung „Braucht auch heute das Wort das Bild?“ bieten sich zahlreiche im Internet zu findende Plakate populistischer Parteien an.

     

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -