Gefallenengedenken und Erinnerungskultur nach dem Ersten Weltkrieg: Das Kriegerdenkmal in Stuttgart-Münster

Geschichte

Münster war ursprünglich ein Bauern- und Weingärtnerdorf, verdoppelte jedoch zwischen 1895 und 1916 seine Einwohnerzahl von 2190 auf 4600 Einwohner. Dies lag zum einen an der günstigen Verkehrslage (Bau des 855 Meter langen König-Wilhelm-Viadukts (1896) und der 1895 gebauten Bahnstrecke Untertürkheim - Kornwestheim), zum anderen am Zuzug von Arbeiterfamilien, die in der nahe gelegenen Maschinen- und Automobilindustrie Arbeit fanden. In Münster gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg einen SPD-Ortsverein.

Den Anstoß für das Denkmal in Stuttgart-Münster gab der dortige Veteranen-Verein, der zusammen mit dem von Mühlhausen zu einer Ortsgruppe des der SPD nahestehenden "Reichsbund der Kriegsbeschädigten und ehemaliger Kriegsteilnehmer" gehörte. Aus der kleinen Gemeinde waren 139 Männer gefallen. Federführend waren dabei die beiden Veteranen Model und Dr. Rheinwald.

Die Planungen für das Kriegerdenkmal begannen bereits Ende 1920. Da sich der Gemeinderat nicht einigen konnte, ob das Denkmal auf dem Friedhof oder vor dem Rathaus aufgestellt werden sollte, wurde der "Bund für Heimatschutz in Württemberg" um eine schlichtende Stellungnahme angefragt. Dieser empfahl bereits 1921 als Ort den Friedhof, wobei das Denkmal den "ästhetischen Brennpunkt des gesamten Friedhofs" bilden sollte.

Die planerischen Arbeiten von Seiten des Architekten Schuster (Stuttgart) und des Bildhauers Gräber verzögerten sich, so dass mit der beginnenden Inflation des Jahres 1923 auch die Kosten für das Denkmal in die Höhe schnellten. Es wurde daher im Gemeinderat im Januar 1923 diskutiert, ob man auf die Nennung der Namen verzichten sollte, da diese einen erheblichen Kostenfaktor darstellten: Jeder Buchstabe kostete 40 Mark, was sich bei 2000 Buchstaben auf 80 000 Mark addierte.

Kriegerdenkmal von Stuttgart-Münster

B 6 Kriegerdenkmal von Stuttgart-Münster, Seitenwand © Michael Hoffmann

Die Einweihung des Denkmals wurde auf den 1.7.1923 festgesetzt. Folgender Ablauf wurde beschlossen:
1. Rede des Ortsgeistlichen oder des Ortsvorstehers
2. Kranzniederlegungen der Gemeinde und der Vereine
3. Chöre der Schuljugend
4. Chöre der Vereine

Der Gemeinderat konnte sich allerdings nicht darüber einigen, ob nun der Ortsvorsteher oder der Pfarrer die Einweihungsrede halten sollten.

Ab 1924 begannen in ganz Deutschland der national-konservative Wehrverband Stahlhelm und teilweise auch schon die SA damit, das Kriegsgedenken für ihre nationalistische Propaganda zu benutzen. Als Reaktion darauf gründet sich noch 1924 das SPD-nahe Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, das als demokratischer Frontkämpferbund Denkmäler in pazifistischer Richtung umgestaltete. Es ist nachweisbar, dass in diesem Zuge auch in den 1920er Jahren die Denkmäler in Benningen und Strümpfelbach im Remstal mit der Aufschrift "Nie wieder Krieg" errichtet wurden. Das Denkmal in Stuttgart Münster war vermutlich ein Vorläufer dieser Entwicklung, die sich hier bereits 1923 zeigte.

Kriegerdenkmal in Stuttgart-Münster, Nahaufnahme

B 3 Kriegerdenkmal in Stuttgart-Münster, Nahaufnahme © Michael Hoffmann

Ein Vergleich des Fotos von 1926 mit dem heutigen Zustand zeigt, dass die einstmals aus dem Stein herausgetriebene Inschrift "Nie wieder Krieg" entfernt worden ist und heute in den Stein hineingehauen ist. Vermutlich wurde die Inschrift in den 1930er Jahren auf Veranlassung der NS-Ortsgruppe entfernt und nach dem 2.Weltkrieg wieder angebracht.

Das Denkmal Stuttgart-Münster 1926

B 4 Das Denkmal Stuttgart-Münster 1926 © Hauptstaatsarchiv Stuttgart

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