Das KZ vor der Haustür - KZ Spaichingen, ein Außenlager von Natzweiler-Struthof

Zeittafel


Seit 1933
gab es im Deutschen Reich Konzentrationslager (KL). Der Begriff Konzentrationslager umfasst verschiedene Kategorien von Lagern, sowohl Arbeits- und Vernichtungslager. Zunächst dienten die Lager zur Einschüchterung und Verfolgung politischer Gegner. In den Folgejahren wurden die Lager Inbegriff des Holocausts, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, dienten medizinischen Versuchen und internierten Kriegsgefangene. Große Teile der deutschen Industrie profitierten direkt und indirekt vom KZ-System.


28. Februar 1933
Grundlage für die sogenannte „Schutzhaft“ war die „Reichstagsbrandverordnung“. Mit dieser Verordnung wurden Grundrechte aus der Weimarer Verfassung aufgehoben. Das ermöglichte die Gefangennahme politischer Gegner ohne gesetzliche Grundlage oder gerichtliche Verurteilung und ihre Einweisung ins Konzentrationslager.


1941/42
Entstehung des  KZ Natzweiler-Struthof im besetzten Elsaß. Es sollte ein Steinbruch betrieben werden, um den dort vorkommenden  rosa Granit abzubauen. Dieser sollte für prestigeträchtige Bauten verwendet werden.


Ab 1943
Nach der Fertigstellung erfüllte das KZ Natzweiler zwei besondere Funktionen: „Nacht und Nebel“ -Gefangene wurden dorthin verschleppt und in Zusammenarbeit mit der „Reichsuniversität“ Straßburg fanden medizinische Experimente statt.


Bis 1944
Bis ins Jahr 1944 blieb Natzweiler vor allem ein Lager für „Nacht und Nebel“- Häftlinge, doch dann traten wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund. Natzweiler war das Stammlager für ungefähr 70 Außenlager. Spaichingen war eines dieser Außenlager.


September 1944
Natzweiler war das erste Stammlager, das die Nationalsozialisten im Westen räumten.


26. September 1944
Erst am 26. September 1944 beginnt die Geschichte des Außenlagers Spaichingen, als das Stammlager bereits aufgelöst war. Die Waffenfabrik Mauserwerke aus Oberndorf am Neckar, verlegte unter dem Tarnnamen „Metallwerke Spaichingen“ einen Teil ihrer Produktion dorthin, da alliierte Luftangriffe große Teile der Produktionsstätten in Oberndorf zerstört hatten. 

B 12 aus dem Baugesuch der Metallwerke Spaichingen, Original in der Ausstellung von 1994 Gewerbemuseum Spaichingen

 

Das Außenlager Spaichingen unterstand der Verwaltung Natzweiler-Struthof, gehörte vermutlich verwaltungsmäßig zum KZ Schömberg. Wie sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Lagern tatsächlich gestaltete ist noch nicht wissenschaftlich aufgearbeitet. Sicher ist, dass Häftlinge zwischen den Lagern ausgetauscht wurden. Beide Lager hatten jedoch eigene Kommandanten. Das Lager Schömberg war eines der sogenannten „Wüstelagern“, dazu zählten sieben Lager des Unternehmens Wüste, die den Zweck hatten aus Ölschiefer Rohöl zu gewinnen. Alternative Energiequellen für das Deutsche Reich hatten sich mit der Niederlage in Stalingrad und der Bombardierung von Leuna zerschlagen. Also versuchte man im Projekt unter dem Decknamen Wüste, den auf der Schwäbischen Alb als Bitumen vorhandenen Ölschiefer zur Gewinnung von Schwelöl zu nutzen. Die Ausbeute war sehr gering, das Öl minderwertig und konnte nur in speziellen Motoren eingesetzt werden.

Neben Häftlingen aus den "Wüstelagern" kamen Transporte aus Dachau, Buchenwald und Markirch nach Spaichingen.
In Spaichingen waren zwischen 100 und 400 Häftlinge interniert. Die meisten Männer arbeiteten an der Errichtung einer Produktionshalle für V2 Bordwaffen, die jedoch nie fertig gestellt wurde. Ein kleiner Teil arbeitete in den ortsansässigen Betrieben und in einem Steinbruch.

Täglich wurden die Häftlinge durch die Stadt zu ihren Arbeitsstätten geführt. Die Bevölkerung hatte Einblicke in die Behandlung und den Zustand der Inhaftierten, teilweise gab es auch Versuche durch Lebensmittelabgaben am Straßenrand das Leid der Männer zu lindern.

April 1945
Als die französischen Truppen im Westen immer näher rückten, wurde das Lager in Spaichingen evakuiert. Am 17. und 18. April 1945 begann der sogenannte Todesmarsch der Spaichinger Häftlinge in Richtung Dachau. Ende April löste sich die Kolonne im Allgäu auf. Völlig ausgezehrt und geschwächt erlebten die ehemaligen KZ-Insassen ihre Befreiung durch US-Amerikanische Soldaten.


1946
Auf Geheiß der französischen Besatzungsmacht wurde ein erstes Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des KZ Spaichingen errichtet.

 

B 25 erste KZ Gedenkstätte in Spaichingen, A2 1074 Stadtarchiv Spaichingen

 

1963

Das erste Mahnmal wurde ersetzt durch eine Skulptur des Tuttlinger Bildhauers Roland Martin.


2005
An drei Stellen des früheren Barackengeländes wurden Bronzeguss-Platten angebracht, die an den Standort des ehemaligen KZ erinnern.


2012
Zehn kleine Bodentafeln markieren den täglichen Leidensweg der Häftlinge von den Wohnbaracken zur Arbeitsstätte im Gewann Lehmgrube.

B 11 Bronzeplättchen Leidensweg der ehemaligen Häftlinge


 - Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -


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