Eine hohenzollerische Kleinstadt und die Schoah: Die jüdische Gemeinde Haigerloch 1933 bis 1942
Hintergrund
Zeittafel
Haigerloch auf einem Ölgemälde aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. |
1346
Erste urkundliche Erwähnung eines Juden in Haigerloch
1348
Der Konstanzer Domherr und Chronist Heinrich von Diessenhofen berichtet von einer Judenverbrennung in Haigerloch am 13. Dezember 1348.
Erste Hälfte des 16. Jahrhunderts
Dauerhafte Ansiedlung von Juden in Haigerloch als "Schutzjuden" der zollerischen Grafen
1595
Erstmalige urkundliche Erwähnung einer Synagoge
1780
Fürst Karl Friedrich von Hohenzollern verfügt, dass sich alle Juden ohne eigenes Haus in der Stadt im Haagviertel niederzulassen hätten. Entstehung des jüdischen Wohnviertels "Haag".
1783
Einweihung der Synagoge
19. Jahrhundert
"Judenemanzipation": Im Laufe des 19. Jahrhunderts erreichen die Haigerlocher Juden die völlige formalrechtliche Gleichstellung mit den Christen. Es entsteht ein reges jüdisches Vereinsleben, Juden sind darüber hinaus auch vereinzelt in nichtjüdischen Vereinen aktiv. Das kulturelle und gesellige Leben in der Stadt sowie die wirtschaftliche Betätigung der Haigerlocher Juden (überwiegend als Händler, insbesondere Viehhändler) führen zu vielfältigen Kontakten zwischen Christen und Juden, die allerdings nicht immer spannungsfrei bleiben.
20. Jahrhundert
Bis zum Emporkommen des Nationalsozialismus scheint zwischen der jüdischen und christlichen Bevölkerung von Haigerloch ein ungetrübtes Verhältnis mit zahlreichen Berührungspunkten bestanden zu haben.
1933
30. Januar: Am Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler leben in Haigerloch 193 Juden (14% der Gesamtbevölkerung).
1937
"Arisierung" jüdischer Firmen (bis 1938)
1938
9. November: Novemberpogrom. Zerstörungen in der Synagoge und an jüdischen Häusern. "Schutzhaft" und Misshandlung Haigerlocher Juden, Verschleppung ins Konzentrationslager Dachau. Verstärkte Auswanderung.
1939
9. November: Misshandlung Haigerlocher Juden als "Reaktion" auf das Hitler-Attentat Georg Elsers
1941
Oktober: Zwangsumsiedlung von 102 Juden hauptsächlich aus dem Raum Stuttgart nach Haigerloch
23. Oktober: Auswanderungsverbot für Juden
27. November: Erste Deportation Haigerlocher bzw. nach Haigerloch zwangsumgesiedelter Juden nach Riga
1942
24. April: Zweite Deportation nach Izbica (bei Lublin)
10. Juli: Dritte Deportation mit dem Ziel "Generalgouvernement"
19. August: Vierte Deportation ins KL Theresienstadt
Ab November 1942 leben keine Juden mehr in Haigerloch
1947
28. Juni: Verurteilung des ehemaligen Hechinger Landrats sowie dreier Frauen, die bei der Leibesvisitation auf dem Haigerlocher Bahnhof eingesetzt waren, wegen "Verbrechens bzw. Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu Freiheitsstrafen.
1948
Freispruch für den Landrat und die drei Frauen durch das Oberlandesgericht Tübingen im Revisionsverfahren
1988
Gründung des "Gesprächskreises Ehemalige Synagoge Haigerloch"
1999
Kauf des Synagogengebäudes durch die Stadt Haigerloch
2003
Eröffnung des Begegnungs- und Ausstellungszentrums "Ehemalige Synagoge Haigerloch"
2004
Eröffnung der Dauerausstellung "Spurensicherung: Jüdisches Leben in Hohenzollern"
Die ehemalige Synagoge in Haigerloch beherbergt heute die Dauerausstellung "Spurensicherung: Jüdisches Leben in Hohenzollern" © Foto: Markus Fiederer, 2009 |
Ein ausführlicher chronologischer Überblick findet sich auf: D 1, AB 2a , AB 2b
Ein Überblick über das jüdische Viertel "Haag": D 2
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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