NS-Terror in Freiburg und Südbaden

Hintergrund

Zeittafel


 

Die Zeittafel bezieht sich in erster Linie auf die in den Arbeitsmaterialien thematisierten Aspekte der NS-Herrschaft und des damit einhergehenden Terrors.

30. Januar 1933
Reichspräsident Hindenburg ernennt Adolf Hitler zum Reichskanzler.

28. Februar 1933

 

B 2 Der Alemanne. Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 1.03.1933, S. 1.

 

Die unmittelbar nach dem Brand des Reichstags erlassene 'Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat' führt "zur Abwehr kommunistischer Gewaltakte" die Todesstrafe für eine Reihe von Delikten ein, die bis dato mit lebenslangem Zuchthaus bedroht waren (Der Alemanne, 1.03.1933).

6. März 1933

Nach der Reichstagswahl am 5. März, die der Regierungskoalition aus NSDAP, DNVP und 'Stahlhelm' eine knappe absolute Mehrheit gebracht hat, erzwingen die Nationalsozialisten das Aufziehen des Hakenkreuzbanners an öffentlichen Gebäuden, u.a. auch am Freiburger Rathaus (vgl. Baustein 2 des Moduls 'Die Zerstörung der Weimarer Demokratie und die Herrschaft der Nationalsozialisten im Spiegel der Freiburger Zeitung')

21. März 1933

  

B 3 Das Urteil des Sondergerichts Freiburg gegen Wilhelm Beckmann.

 

Für die Aburteilung von Delikten nach der 'Reichstagsbrandverordnung' vom 28. Februar und der 'Heimtückeverordnung' vom 21. März wird in jedem Oberlandesgerichtsbezirk in Deutschland ein Sondergericht etabliert, für das Land Baden in Mannheim. Zum 1. November 1941 wird beim Landgericht Freiburg ein weiteres Sondergericht eingerichtet.

26. März 1933

  

B 4 Der Alemanne. Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 26.03.1933, S. 9 (vgl. das Modul 'Verfolgungsaktionen 1933 am Beispiel des KZ Heuberg. Welche Funktionen hatten die frühen Lager?')

 

Drei Tage nach der Verabschiedung des 'Ermächtigungsgesetzes' berichtet der Alemanne in gleich drei Artikeln über ein gerade eröffnetes Konzentrationslager für "politische Schutzhäftlinge" beziehungsweise "alle ruhe- und ordnungsgefährdenden  Elemente" aus Baden und Württemberg, auf dem Truppenübungsplatz Heuberg bei Stetten am kalten Markt auf der Schwäbischen Alb (S. 2, 3, 9). Zwei Tage zuvor war an gleicher Stelle ein Artikel über 'kommunistische Funktionäre' aus dem Bezirk Aurich erschienen, die "in Konzentrationslager überführt" wurden (S. 3). Am 30. April berichtet die Freiburger Zeitung über die "ersten Einlieferungen im badischen Konzentrationslager Kislau", zwischen Karlsruhe und Heidelberg (Drittes Blatt, S. 1).

1. April 1933

  

B 5 Der Alemanne. Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 1.04.1933, S. 2.

 

Organisiert von der NSDAP werden in ganz Deutschland Geschäfte, Arzt- und Anwaltspraxen boykottiert, deren Inhaber die Nationalsozialisten als jüdisch definieren. Der Alemanne veröffentlicht Listen der "Freiburger Juden", die boykottiert werden sollen (31.03.1933,  S. 1; 1. April, S. 2).

November 1938

In den Tagen vor und nach dem 9. November 1938 attackieren Nationalsozialisten in ganz Deutschland Menschen und Einrichtungen, die aus ihrer Sicht jüdisch waren. Über die Zwischenstation Freiburger Gefängnisse werden am 10. November "137 Juden [...] mittels Sonderzug nach Dachau abgeliefert" (BRÄUNCHE, '"Reichskristallnacht"', S. 153)

4. September 1939

  

B 6 Der Alemanne. Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 4.09.1939, S. 4.

 

In seinem Aufruf an "das deutsche Volk" aus Anlass des Kriegsbeginns kündigt Hitler an, dass jeder, der sich an "Einigung [sic] und Einheit" des deutschen Volkes versündige, "als Feind der Nation vernichtet wird". Die Drohung steht explizit im Kontext der Erinnerung an die Niederlage im Ersten Weltkrieg, deren Wiederholung um jeden Preis ausgeschlossen werden soll (Der Alemanne, 4.09.1939, Montag-Ausgabe, S. 4). Anders als in der Freiburger Zeitung ist die hier zitierte Passage in der NS-Zeitung hervorgehoben (vgl. Freiburger Zeitung, 4.09.1939, Morgenausgabe, S. 3).
Die Urteile der Sondergerichte gegen Kritiker des NS-Regimes sind auch vor diesem Hintergrund zu sehen.

7. September 1939

Das Reichsgesetzblatt (Nr. 169, S. 1683) veröffentlicht die 'Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen', die die Verbreitung von Meldungen ausländischer Sender, "die geeignet sind, die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden, [...] in besonders schweren Fällen mit dem Tode bestraft". Die Zuständigkeit für solche Fälle liegt bei den Sondergerichten.
Die Verordnung steht offensichtlich in Zusammenhang mit Hitlers Aufruf an das "deutsche Volk" vom 4. September.

22./23. Oktober 1940: Deportation von rund 400 Freiburger:innen nach Gurs

  

B 7 Der Stolperstein für den bereits 1938 - mutmaßlich in Zusammenhang mit der Pogromnacht  - vorübergehend in Dachau inhaftierten Max Frank in Freiburg (Glümerstraße 31). Daneben befinden sich die Steine für Fanny und Frieda Breisacher, die 1941/42 in dem südfranzösischen Lager Récébédou umkamen.

 

Unter strenger Geheimhaltung - weder der Alemanne noch die Freiburger Zeitung berichten darüber - werden rund 6500 als Juden definierte Menschen aus den NS-Gauen Baden und Saarpfalz / Westmark in das Internierungslager Gurs im Südwesten Frankreichs deportiert, annähernd 400 von ihnen über den Freiburger Bahnhof. Zwei der von den Nationalsozialisten ausgewählten Freiburger Opfer, Therese Loewy und Max Frank, entziehen sich der Deportation durch Suizid. Ein großer Teil der Deportierten stirbt aufgrund der katastrophalen Verhältnisse in Gurs beziehungsweise anderen Orten in Südfrankreich oder wird später in Vernichtungslagern im Osten ermordet.

13. September 1941

  

B 8 Der Alemanne. Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 13.09.1941, S. 2.

 

 Der Alemanne vermeldet die Einführung des 'Judensterns':
"[...] Im Reichsgesetzblatt wird eine Polizeiverordnung veröffentlicht, durch die bestimmt wird, daß Juden sich in der Öffentlichkeit nur mit einem gelben Judenstern zeigen dürfen. Er ist sichtbar auf der linken Brustseite des obersten Kleidungsstückes zu tragen. [...]
Der deutsche Soldat hat im Ostfeldzug den Juden in seiner ganzen Widerwärtigkeit und Grausamkeit kennengelernt. Er hat die Folgen der GPU.-Greuel [GPU = sowjetische Geheimpolizei] und die Verelendung der Massen gesehen: Das Werk der Juden. Dieses Erlebnis läßt den deutschen Soldaten und das deutsche Volk in seiner Gesamtheit fordern, daß dem Juden in der Heimat die Möglichkeit genommen wird, sich zu tarnen und damit jene Bestimmungen zu durchbrechen, die dem deutschen Volksgenossen die Berührung mit dem Juden ersparen." (Hervorhebungen im Original).

28./29. Mai 1944

Offenbar in der Absicht, den "Luftterror" der Alliierten einzudämmen, publiziert Propagandaminister Joseph Goebbels im Völkischen Beobachter einen Artikel, der gefangen genommenen Fliegern androht, sie zukünftig nach dem Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" zu behandeln.

 

21. Juli 1944

  

B 9 Links: Der US-amerikanische Pilot Leonard Aaron Kornblau (1921-1944). Rechts: Das im Juli 2014 zwischen Schollach und Urach aufgestellte Kreuz aus amerikanischer Douglasie. Neben Kornblau nennt es die Namen von Bernhard A. Radomski, Charles E. Woolf, Meredith Miles Jr. und Frank L. Mistak, die mit ihrem Piloten ermordet wurden.

 

Von den neun Besatzungsmitgliedern eines US-Bombers, die über dem Schwarzwald südlich von Furtwangen aus ihrer schwer beschädigten Maschine abspringen, werden fünf auf Veranlassung des NSDAP-Kreisleiters von Neustadt zweieinhalb Stunden nach ihrer Gefangennahme erschossen.

Frühjahr 1945

In dem Wahn, die Niederlage doch noch abwenden zu können, geht das NS-Regime mit terroristischen Methoden gegen alle Anzeichen von Auflösungserscheinungen vor. Am 10./11. April beispielsweise wurden im Rahmen dieses "Durchhalte-Terrors" (Wolfram Wette) am Rand von Waldkirch fünf deutsche Soldaten hingerichtet (vgl. Baustein 1 des Moduls 'Totale Niederlage und Zusammenbruchsgesellschaft in Südbaden').


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Freiburg -


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Quelle: https://www.schule-bw.de

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