Verfolgung vor der Haustür – Gottlob, Marie, Anton, Helene, Eugen, Wilhelm und Olga

Methodenvorschlag

Didaktische und methodische Hinweise


Didaktische Überlegungen

Der Titel „Verfolgung vor der Haustür – Gottlob, Anton, Eugen, Marie, Helene, Wilhelm und Olga" charakterisiert das didaktische Konzept der Konkretion, der Anschaulichkeit und der Exemplarität.

„Konkret“ – „Anschaulich“ – „Exemplarisch“: Die NS-Gewaltherrschaft soll nicht als weit entferntes Momentum, sondern „konkret“ – quasi vor der Haustür – und „anschaulich“ in den Blick genommen werden.
Die „exemplarisch“ ausgewählten Beispiele aus dem Alltagsleben der Menschen haben Transfercharakter, d.h. sie sind übertragbar auf tausende vergleichbarer Fälle. Wichtig ist dabei, die regionalgeschichtlichen Beispiele in übergeordnete historische Zusammenhänge einzuordnen und zu reflektieren. 

Das vertraute „Du“ in der Anrede „Gottlob“, „Anton“, „Marie“ … steht für „Nähe“, „kennt man gut“, „einer von uns“, „könnte auch ich“ sein. Warum damals die Nachbarn „von der Haustür nebenan“ aus der „Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt, verfolgt und teilweise ermordet wurden, soll anhand der Materialien analysiert reflektiert werden. Außerdem sollen Bezüge zur Gegenwart hergestellt und Handlungsoptionen für die Schülerinnen und Schüler eröffnet werden.  

Aus dem Rahmen fällt lediglich der Name „Olga“. Sie steht stellvertretend für das Schicksal zahlreicher Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus dem Osten, die es in nahezu jeder Gemeinde und in jeder Stadt gab.

Während die Begriffe „Konkret“ – “Anschaulich“ – „Exemplarisch“ das didaktische Konzept beschreiben, charakterisieren die Begriffe „Erinnern“ – „Orientieren“ – „Handeln“ das didaktische Ziel der Unterrichtseinheit.
Zur Auseinandersetzung mit der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus im Unterricht gehört immer auch die Beschäftigung mit dem Gegenentwurf, der parlamentarischen Demokratie und zugleich die sich aus den nationalsozialistischen Verbrechen ergebende Verantwortung für jeden einzelnen von uns.

Insbesondere in den Leitperspektiven „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ sowie im Leitfaden „Demokratie“ sind zentrale  Bildungsziele formuliert, die man im Kontext mit der Einheit über den Nationalsozialismus – plakativ – mit den Slogans „Wehret den Anfängen“, „Niemals wieder“, „Engagiert für unsere Demokratie“ charakterisieren kann.

 
 

Methodische Überlegungen

Die doppelseitigen Arbeitsblätter mit ihrer einheitlichen Struktur – kurze Texte, zahlreiche Bild- und Textquellen, Randspalte mit Zeitleiste oder weiteren Verfolgungsbeispielen, Fragekasten –  sind vielseitig einsetzbar.

Arbeitsformen – Arbeitsphasen
 In der Erarbeitungsphase können die Materialien zentral sowohl in der ‚klassischen‘ Einzel- oder Gruppenarbeit, als auch in der Form eines ‚Gruppenpuzzles‘ verwendet werden. Zudem eignen sie sich für eine Lerntheke oder als Zusatzmaterial im Unterricht.

Um den didaktischen Zielen gerecht zu werden, muss in der Reflektionsphase Zeit für ein vertiefendes Auswertungsgespräch/Diskussion eingeräumt werden. Gerade die Schlussfragen in den Arbeitsblättern stellen Bezüge zu aktuellen Problemstellungen her (Gefährdung der Demokratie von Rechts, Rassismus heute, Grundgesetz – Menschenwürde, Handlungsoptionen auch in einer Diktatur etc.) und fordern die  Schülerinnen und Schüler auf, Stellung zu beziehen und Handlungsoptionen für ihren Lebensalltag zu erkennen.
Darüber hinaus soll das Alltagsleben in der NS-Diktatur mit unserem Lebensalltag verglichen und somit Wert und Bedeutung unserer Demokratie erfahrbar gemacht werden.

Differenzierung
Die Arbeitsblätter sind Basismaterial für Lerngruppen aller Niveaustufen.

Vertikale Differenzierung:
 Durch das „*“ – Symbol ist das Anspruchsniveau (G*, M**, E***- Niveau) gekennzeichnet. Grundsätzlich gilt aber, dass auch Schülerinnen und Schüler im G-Niveau – ggfs. mit Hilfestellungen – die Aufgaben in den anderen Niveaustufen bearbeiten sollen, insbesondere dann, wenn neben den Reflexions- auch die Orientierungskompetenzen gefördert werden.
Unterschiede in der Bearbeitungstiefe sind selbstverständlich.

Horizontale Differenzierung:
Die Informationen in den Randspalten der Arbeitsblätter mit Zeitleisten, Quellen oder weiteren Beispielen können zur Erweiterung oder Vertiefung des Unterrichts eingesetzt werden.

Außerschulische Lernorte – Geschichtsprojekte
Die Beschäftigung mit den Materialien können zur Vorbereitung für den Besuch eines außerschulischen Lernorts – Gedenkstätte, Museum, Archive etc. – dienen.
Außerdem können sie Ausgangspunkt für eigene Recherchen der Schülerinnen und Schüler über Verfolgungsschicksale am eigenen Schul- bzw. Wohnort sein. Nahezu in jeder Gemeinde gibt es Stolpersteine, die an die Verfolgten und Ermordeten im NS-Staat erinnern. Die Beschäftigung mit den Schicksalen dieser Menschen „vor der eigenen Haustür“ eignen sich bestens für Geschichtsprojekte und Veranstaltungen zur Erinnerungskultur, die immer auch die aktuelle Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler mit einbezieht. 

B 15 „Wer nicht zur Volksgemeinschaft gehörte, der …?“  Fotocollage


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Stuttgart -


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