Romanisierung am Beispiel des Wurmlinger Römerbades

Methodenvorschlag

Bildungsplan

Standard inhaltsbezogene Kompetenzen: Griechisch-römische Antike - Zusammenleben in der Polis und im Imperium Romanum

Inhalte: die Auswirkung des Imperium Romanum auf die eroberten Gebiete beurteilen (Romanisierung), Spuren des römischen Weltreichs in der eigenen Lebenswelt erklären, beschreiben und bewerten (Verkehrswege, villa rustica)

Didaktische Hinweise

Die vorliegende Unterrichtseinheit hat exemplarischen Charakter. Das Römerbad in Wurmlingen ist ein Beispiel für den Kulturtransfer aus dem Süden, stellt einen Baustein zum infrastrukturellen Ausbau an der Fernstraße von Straßburg an die Donau dar, ist ein Teil der römischen Herrschaftsausübung und zeigt in besonderer Weise die Annäherung der Kulturen.

Während der geplanten zwei Doppelstunden werden verschiedene Methoden angewandt. Quellengrundlage sind archäologische Fundstücke aus Wurmlingen (Mauerreste, Gullydeckel, Abwasserleitung, Fibeln, Münzen, Adlerkopfaufsatz, Dachziegel mit Alphabeth und Pfostenlöcher). Die Schüler arbeiten in verschiedenen Sozialformen (Unterrichtsgespräch, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Lerntheke), sowohl kooperative als auch individualisierte Lernformen werden angewandt.

Schwerpunkt liegt auf der Arbeit mit den Fundstücken. Die Schüler nehmen die Rolle von Archäologen ein und nähern sich über die Beschäftigung mit den einzelnen Funden dem Begriff Romanisierung. In besonderer Weise werden die Fragekompetenz, Reflexionskompetenz, Methodenkompetenz und Sachkompetenz entwickelt und gefördert.

Verlaufsplanung mit Materialien

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E
1. Doppelstunde        
E

Konfrontierung mit dem Unterrichtsgegenstand

Die Schülerinnen und Schüler beschreiben den Befund (Foto von den Grundmauern der Badanlage) und stellen erste Hypothesen auf, wozu die Mauern gedient haben könnten (UG).

B 1
EA1

Um die Mauern als Überreste eines Badgebäudes zu entlarven bekommen die Schüler zwei weitere Funde hinzu (Fotos vom Gullydeckel und Abwasserkanal), die Schülerinnen und Schüler nehmen im Partnerteam die Rolle von Archäologen ein und sollen eine plausible Theorie zur Nutzung des ehemaligen Gebäudes erarbeiten (PA).

AB 1
EA2

Mit Hilfe eines darstellenden Textes benennen die Schülerinnen und Schüler die Räume des Wurmlinger Bades und lernen so den typischen Badeablauf kennen. Zudem soll reflektiert werden, weshalb dem Besitzer der villa rustica das Bad so wichtig war. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in PA.

AB 2
EA3

Der Begriff villa rustica wird im UG eingeführt.

Fragen zur Weiterarbeit: In Gruppen zu je vier Schülerinnen und Schüler werden nun Fragen entwickelt, die sich aus der bisherigen Fundlage ergeben. Die Schülerinnen und Schüler nehmen wieder die Rolle von Archäologen ein. Nach der Gruppenarbeitsphase werden die Fragen an der Metaplanwand gesammelt, am Ende der kurzen Unterrichtseinheit wird im Plenum überprüft, welche Fragen nun aufgrund der weiteren Forschung beantwortet werden können. (GA, Fragekompetenz)

 
EA4

Lerntheke: Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich in den folgenden 45 Minuten mit fünf verschiedenen Fundgruppen (Fibeln, Münzen, Adlerkopfaufsatz, Dachziegel mit Graffiti und den Pfostenlöchern). In rezeptiver, reflexiver und produktiver Weise nähern sich die Schülerinnen und Schüler dem Phänomen und Begriff Romanisierung. Da die Arbeitsblätter nicht aufeinander aufbauen, bietet sich die Lerntheke als Methode an, die Lernenden können individuell die Reihenfolge ihrer Arbeit bestimmen. Verbindliche Aufgaben sind auf G- und M-Niveau, zudem gibt es Expertenaufgaben auf E-Niveau, diese sollen besonders gute Schülerinnen und Schüler zur Weiterarbeit animieren.

AB 3a

AB 4

AB 5a

AB 6a

AB 7a

AB 3b

AB 4

AB 5b

AB 6b

AB 7b

AB 3c

AB 4

AB 5b

AB 6b

AB 7b

2. Doppelstunde        
EA4

Lerntheke: Die Schülerinnen und Schüler arbeiten 45 Minuten mit den Materialien, die bereits in der ersten Doppelstunde bereit lagen.

AB 3a

AB 4

AB 5a

AB 6a

AB 7a

AB 3b

AB 4

AB 5b

AB 6b

AB 7b

AB 3c

AB 4

AB 5b

AB 6b

AB 7b

ES

Zusammenführung und Vergleich der Ergebnisse im Plenum: Einzelne Schülerinnen und Schüler präsentieren ihre Arbeitsergebnisse, diese werden im Plenum besprochen und vertieft.

Anschließend prüfen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen (4 Schülerinnen und Schüler), welche von den eingangs gestellten Fragen beantwortet werden können bzw. woraus sich weitere Fragen oder Erkenntnisse ergeben.
Jede Gruppe stellt ihr Ergebnis vor.

Romanisierung in Wurmlingen bedeutet:

  • Übernahme römischen Badewesens (mit Wasserleitungen)
  • Gebrauch römischer Münzen
  • Anbindung an das römische Verkehrsnetz und den Handel
  • Einführung des lateinischen Alphabets und der Schrift
  • Gebäude aus Stein, die nach Abzug der römischen Truppen weitergenutzt werden.
     

Erläuterung der Arbeitsmaterialien

Die Expertenaufgaben müssen nicht von allen Schülern bearbeitet werden, besonders schnelle und gute Schüler sollten jedoch dazu animiert werden diese zu lösen.

AB 1 Archäologen stellen eine Theorie auf
Ausgehend von einer Aufnahme der Grundmauern des Wurmlinger Badgebäudes, eines Fotos von der Oberseite einer Kalksteinplatte, die wohl als Gullydeckel diente und der Überreste eines Abwasserkanals rekonstruieren die Schüler die ehemalige Nutzung des Gebäudes. (Fragekompetenz, Methodenkompetenz)

AB 2 Badeablauf und Bedeutung des Wurmlinger Bades
Die Schüler beschriften die Räume des Wurmlinger Bades (Rekonstruktionszeichnung), als Hilfestellung liegt ein darstellender Text vor (Sachkompetenz). Mit der zweiten Aufgabe versetzen sich die Schüler in die Rolle des Gutshofbesitzers und reflektieren darüber, weshalb dem pater familias der Bau des kleinen Bades so wichtig war. Die fiktionale und kreative Aufgabe fördert die Reflexionskompetenz der Schüler.

AB3 Fundgruppe Fibeln
Beschreibung und Benennung der Fibelfunde fördert die Sach- und Methodenkompetenz. Anschließend wird über die Nutzung der Fibeln reflektiert; hierzu ist Frage- und Methodenkompetenz notwendig. Die Expertenaufgabe auf E-Niveau fordert eine Einschätzung des Quellenwerts der Fibeln. Diese Aufgabe verlangt von den Schülern Beurteilungsvermögen, hierbei wird die Reflexions- und Fragekompetenz gefördert.

AB 4 Fundgruppe Münzen
Die Lernenden reflektieren über die Zeichen des Wohlstandes in der Wurmlinger villa rustica (Methodenkompetenz, Reflexionskompetenz). In einem produktiven, kreativen Verfahren werden Informationen aus dem vorliegenden darstellenden Text sowie eigene Reflexionen und Spekulationen verarbeitet. (Methodenkompetenz, Sachkompetenz)
Die sehr anspruchsvolle Expertenaufgabe verlangt eine Erläuterung des Begriffes Romanisierung (Reflexionskompetenz und Orientierungskompetenz).

AB5 Fundstück Adlerkopfaufsatz
Ganz in Manier eines Archäologen wird über die Position des Adlerkopfaufsatzes an einem römischen Reisewagen spekuliert (Methodenkompetenz). Die zweite Aufgabe verlangt das Sammeln und Verarbeiten von Informationen aus einem Sachtext (Sachkompetenz, Methodenkompetenz). Schüler, die auf M- oder E-Niveau arbeiten, erarbeiten eine Theorie, weshalb der beschädigte Adlerkopfaufsatz gerade im Keller des Gutshofes gefunden wurde. Reparaturarbeiten waren vermutlich eine Einnahmequelle der Gutshofbewohner (Methodenkompetenz). In einem fiktionalen Brief berichten sehr gute Schüler über die Vor- und Nachteile in der Nähe einer Fernstraße zu wohnen (Reflexionskompetenz). Orientierungskompetenz wird gefördert, indem Schüler recherchieren, welche ihnen heute bekannten Orte an der ehemaligen römischen Fernstraße liegen.

AB6 Fundstück Dachziegel
Rekonstruktion und Hypothesenbildung verlangt der erste Aufgabenteil (Methodenkompetenz, Reflexionskompetenz). Die Entwicklung eines fiktionalen Gesprächs kann zu dem Schluss führen, dass eventuell mehrere Familien den Gutshof bewohnten, deshalb musste Flavius seinen Teller kennzeichnen (Reflexionskompetenz, Methodenkompetenz). Auf M- und E- Niveau kommt eine Reflexion über die Vorteile der Kenntnis von Schrift hinzu (Reflexionskompetenz).

AB7 Fund Pfostenlöcher
Bearbeitung eines darstellenden Textes und anschließende Verwendung der Informationen für einen fiktionalen Text schulen die Sachkompetenz. Methodenkompetenz muss bei der zweiten Arbeitsanregung bewiesen werden. Es muss recherchiert werden, was Fachleute über die Verwendung des germanischen Holzbaus spekulierten. Auf M- und E-Niveau muss das Phänomen Romanisierung mit der Tatsache verknüpft werden, dass Germanen antike Bausubstanz für eigene Zwecke nutzen (Reflexionskompetenz). Die Expertenaufgabe verlangt Beurteilungskompetenz und die Fähigkeit einen Überblick über Einzelheiten zu haben (Reflexionskompetenz, Orientierungskompetenz).

 

Vertiefungen und Erweiterungen

Inhalte Material
G M E

Lernorterkundung

Besteht die Möglichkeit mit den Schülerinnen und Schülern eine Exkursion nach Wurmlingen zu machen, ist dies für die Lernenden sicherlich motivierend, da die Funde in Nachbildung oder Original eindrücklicher sind als Abbildungen.

Bei einer Lernorterkundung entfällt eine Bearbeitung der AB 1 und 2. Eine historische Einführung zum Lernort sowie die Nutzung der Mauerreste könnte in einer Führung vermittelt werden (max. 20 Minuten). Die Führung könnte ein Mitarbeiter des Fördervereins Römerbad (buchbar beim Bürgermeisteramt Wurmlingen) übernehmen oder man könnte eine Schülerin bzw. einen Schüler oder eine Schülergruppe mit einer besonderen Lernleistung beauftragen und im Vorfeld eine Führung für die Klasse vorbereiten lassen.

Im Anschluss an die Führung, die sich nur auf das Badgebäude an sich bezieht, könnte eine Grabungssimulation für die Schülerinnen und Schüler durchgeführt werden (in Wurmlingen hat man damit Erfahrung). So erhalten die Schülerinnen und Schüler Einblick in die Arbeit von Archäologen und sind motiviert weiter zu forschen. Nachdem die Schülerinnen und Schüler Fibeln, Münzen, Adlerkopfaufsatz und Dachziegel gefunden haben müssen die Funde ausgewertet werden. Hierzu können dieselben Arbeitsblätter, wie für das Klassenzimmer vorbereitet, verwendet werden. Allerdings ist die Arbeitsform Lerntheke wenig sinnvoll. Es sollte arbeitsteilig in Kleingruppen (drei bis vier Schülerinnen und Schüler) weiter gearbeitet werden. Jede Fundgruppe wird von einem Team bearbeitet (fünf Gruppen). Im Anschluss werden die Ergebnisse von den Kleingruppen präsentiert. Eine Vertiefung der Arbeitsergebnisse findet im Klassenraum statt, da die Zeit vor Ort nicht dafür ausreicht. (Zeitfenster: ein Schulvormittag in Wurmlingen)

AB 3a

AB 4

AB 5a

AB 6a

AB 7a

AB 3b

AB 4

AB 5b

AB 6b

AB 7b

AB 3b

AB 4

AB 5b

AB 6b

AB 7b

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -