Methodenvorschlag

Eine hohenzollerische Kleinstadt und die Schoah: Die jüdische Gemeinde Haigerloch 1933 bis 1942

Methodenvorschlag

Verlaufsplanung mit Materialien

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E
    (G8/G9)
1. Doppelstunde Diskriminierung und Terror 1933 bis 1939:
Fallbeispiel Julius Spier (1925-1942) - emigrieren oder durchhalten?
1. Einführung / Impuls

Präsentation "Die jüdische Gemeinde Haigerloch 1933 bis 1942" (B 1):
Grundinformationen zur jüdischen Gemeinde Haigerloch, Vorstellung der Familie Spier als Fallbeispiel für das Schicksal der Haigerlocher Juden, Haigerlocher "Bilanz" der NS-Politik.

B 1

 

Zur Vorbereitung der Lehrkraft:

I. D 1: Die jüdische Gemeinde Haigerloch in der Zeit des Nationalsozialismus: Diskriminierung - Verfolgung - juristische Aufarbeitung - Erinnerungsarbeit

D 2: Jüdische Spuren in Haigerloch

[Mögliche Vertiefung:
Filmausschnitt (10:38 bis 20:00) aus:
"Am Schabbes durfte keiner rein” - Das Judenviertel in Haigerloch. Ein Fernsehfilm des Südwestrundfunks von Valentin Thurn (29 min),
Prod.-Nr. 2308058, KST 315186, Archiv-Nr. ST 01192. Stuttgart, Südwestrundfunk, 2000. Erhältlich bei vielen Medienzentren unter der Verleihnummer 4284961 bzw. 4682309]

Anhand der Präsentation wird die Frage thematisiert, warum viele Juden trotz massiver Repressionen nicht rechtzeitig emigriert sind und so letztlich der Deportation und Ermordung nicht mehr entrinnen konnten (von den im Jahr 1933 in Haigerloch lebenden 193 Juden wurden 105 deportiert).

 

D 1

 

D 2

2. Erarbeitungsphase

Die Schülerinnen und Schüler versetzen sich in die Situation des Julius Spier (1925-42) und schreiben einen Brief an seinen nach New York ausgewanderten Freund Heinz Schwab, in dem sie das Für und Wider einer Auswanderung anhand der Situation 1939 abwägen.

 
 

Gruppenpuzzle:
1. Stammgruppen:

Erarbeitung der Grundinformationen zur Haigerlocher Familie Spier

AB 1

 

2. Expertengruppen:
Arbeitsteilige Erarbeitung von Informationen zur spezifischen Situation in Haigerloch anhand von verschiedenen Materialtypen:

   
  Gruppe A: AB 2 - Chronologischer Überblick: Jüdische Gemeinde Haigerloch 1933 bis 1939 (G-/M-Niveau: gekürzt).
Mögliche Erweiterung: AB 25

AB 2a

AB 2b

  Gruppe B: AB 3 bis AB 5 - Zeitungsartikel (G-/M-Niveau: transkribiert und mit Hilfestellungen). Mögliche Erweiterung: AB 26

AB 3a , AB 4a ,
AB 5

AB 3b,
AB 4b ,
AB 5

  Gruppe C: AB 6 bis AB 9 - Schriftverkehr der Verwaltung (G-/M-Niveau: transkribiert und mit Hilfestellungen)

AB 6a, AB 7a ,
AB 8a , AB 9a

AB 6b ,
AB 7b ,
AB 8b ,
AB 9b

 

Gruppe D: AB 10 bis AB 13 - Zeugenaussagen zu den Ausschreitungen im November 1938 und 1939

AB 10 , AB 11 ,
AB 12 , AB 13
AB 10 ,
AB 11 ,
AB 12 ,
AB 13
 

3. Stammgruppen:
Verfassen des Briefs
(G-Niveau: Vorstrukturierter Brief)

AB 14

   
3. Ergebnissicherung und Problematisierung

- Die Schülerinnen und Schüler tragen ihre Briefe vor.
- Diskussion (Plenum): Ist es nachvollziehbar, dass sich viele Haigerlocher Juden gegen die Auswanderung entschieden?

 
4. Transfer

Diskussion (Plenum):
War die Hoffnung berechtigt, dass eine konservativ und ländlich geprägte schwäbische Kleinstadt, die seit Jahrhunderten vom Nebeneinander und Miteinander jüdischer und christlicher Einwohner geprägt war, Juden mehr Schutz vor nationalsozialistischer Agitation bietet als z.B. eine Großstadt wie Stuttgart?

 
2. Doppelstunde

Die Deportationen der Jahre 1941 und 1942:
Wie weit verstrickten sich Menschen "vor Ort" in den Genozid?

1. Impuls

Anhand des Historikerzitats nehmen die Schüler eine Einschätzung vor, inwiefern und inwieweit auch in Haigerloch und Umgebung Menschen in die Schoah verstrickt waren und Mitverantwortung trugen.

AB 15

2. Einführung

Die Lehrkraft informiert über die Vorgänge der Jahre 1941/42, sowie über die Prozesse der Jahre 1947/48 gegen den Hechinger Landrat und die Haigerlocher Fürsorgeschwestern. Mögliche Illustration: AB 31
(Information für die Lehrkraft: D1)

AB 31

D 1 jpg-Datei

3. Erarbeitungsphase I

G-Niveau: Die Schülerinnen und Schüler finden typische Entlastungsstrategien (AB 19) in den Aussageprotokollen der Angeklagten (AB 16a bis AB 18a) wieder (arbeitsteilige GA)
M- / E- Niveau:
Anhand der Aussageprotokolle in den Prozessen von 1947 erarbeiten die Schülerinnen und Schüler typische Entlastungsstrategien von Belasteten (arbeitsteilige GA)

AB 16a
AB 17a
AB 18a
AB 19

AB 16b
AB 17b
AB 18b

AB 16c
AB 17c
AB 18c

4. Ergebnissicherung
und Problematisierung

- Die Schülerinnen und Schülerpräsentieren ihre Ergebnisse
- Sie beurteilen die Entlastungsstrategien hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit und Entlastungsfunktion
- Die Schülerinnen und Schülerentwickeln Kriterien für eine Überprüfung der Argumentationen
- Anhand von AB 20 (Vorlage für OHP oder Smartboard) sensibilisiert die Lehrkraft die Schüler für die Fragwürdigkeit der Argumentation der Fürsorgeschwestern (Prüfkriterium I: "Judenfreundlichkeit"?).

 

 

 

AB 20

5. Erarbeitungsphase II

Anhand eines Gestapo-Erlasses zur Deportation, eines dadurch veranlassten Rundbriefs der Jüdischen Kultusvereinigung und anhand von Zeugenaussagen jüdischer Opfer erarbeiten die Schüler Hinweise darauf, inwiefern und inwieweit man "vor Ort" über die Tragweite des Deportationsvorgangs Bescheid wissen musste (arbeitsteilige GA).
(Prüfkriterium II: "Unwissenheit" über die Tragweite der Vorgänge?)
Mögliche Vertiefungen: AB 27 , AB 28 , AB 29 , AB 30

AB 21a ,
AB 22a ,
AB 23 ,
AB 24

AB 21b ,
AB 22b ,
AB 23 ,
AB 24

6. Ergebnissicherung und Problematisierung

- Präsentation und Beurteilung der Ergebnisse
- Problematisierung:
a) Schuldspruch 1947 - Freispruch 1948: Welches Urteil wird den Beschuldigten gerecht?
b) Inwieweit und inwiefern lässt sich der Grad der Verantwortung vor Ort "klassifizieren"? (E-Niveau)
c) Wäre die Schoah ohne die "Mitwirkung" vor Ort bzw. ohne den latenten und offenen Antisemitismus breiter Bevölkerungsschichten möglich gewesen? (M- und E-Niveau)

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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